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Elon Musk bittet sich selbst zur Kasse

8. November 2021

Per Twitter hat Elon Musk ein Experiment gestartet. Nicht der Staat, sondern seine Fans sollten über die Höhe der Steuern entscheiden, die der reichste Mann der Welt zahlen soll. Oder ging es Musk um etwas ganz anderes?

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Deutschland | Elon Musk Besuch Fabrik-Baustelle in Grünheide
Bild: Christophe Gateau/dpa/picture alliance

Elon Musk ist unvorstellbar wohlhabend. Sein Vermögen umfasst nach dem Bloomberg Billionaires Index 338 Milliarden Dollar, was ihn zum reichsten Menschen der Welt macht. Da verwundert es nicht, dass David Beasley, der Direktor des Welternährungsprogramms der UNO vor ein paar Tagen auf die Idee kam, Musk könne mit nur zwei Prozent seines Vermögens 42 Millionen Menschen vor dem Hungertod retten.

Die Idee wird wohl auch dadurch befeuert, dass Musk nur wenig Steuern zahlt. Denn statt mit einem regulären Gehalt oder Bonuszahlungen wird Musk nach einem Gehaltsplan vergütet. Demnach bekommt er jeweils größere Tranchen an Aktienoptionen, wenn Tesla bestimmte Börsenwerte bei Umsatz und Ergebnis erreicht. Gerade in jüngster Zeit ist der Börsenwert von Tesla in die Höhe geschossen und mit ihm das Vermögen von Musk.

Deutschland Grünheide | Tesla Gigafactory |  Elon Musk
Musk hat zuletzt massiv vom Wertzuwachs der Aktien profitiert. Anfang 2020 hatte der Aktienkurs noch bei rund 130 Dollar gelegen, am Freitag notierte der Tesla-Titel bei mehr als 1222 Dollar.Bild: Patrick Pleul/dpa/picture alliance

Vermögenssteuer zusätzlich zur Einkommensssteuer

Nur die Allgemeinheit hat - zumindest was das Steueraufkommen angeht - erst einmal keinen Anteil an Musks Erfolg. Übrigens zahlen auch andere extrem wohlhabende Amerikaner trotz immens hoher Vermögen nur sehr geringe Steuern, das hatte eine Recherche der Investigativ-Plattform "ProPublica", die im Sommer veröffentlicht wurde, ergeben. Demnach habe Elon Musk 2018 keine Einkommenssteuer an den Staat bezahlt. Auch Amazon-Chef Jeff Bezos hat demnach zwischen 2007 und 2011 keine US-Einkommensteuern gezahlt.

Der Grund: Anders als bei den meisten "normalen" Bürgern besteht das Vermögen der Superreichen meist weniger aus ihren Einkommen, sondern aus den Wertsteigerungen von Vermögen wie beispielsweise Aktien. Vermögen werden aber nicht direkt besteuert. Erst wenn Vermögenswerte verkauft werden, fallen Steuern an.

USA Jeff Bezos
Das Vermögen von Amazongründer Jeff Bezos stieg zwischen 2014 bis 2018 um 99 Milliarden Dollar. Er zahlte aber nur Steuern in Höhe von 973 Millionen Dollar - das entspricht einem durchschnittlichen Steuersatz von 0,98 Prozent. 2011 rechnete sich Bezos sogar selbst als "bedürftig" und bekam laut Propublica eine Gutschrift von 4000 Dollar für seine Kinder.Bild: Michael M. Santiago/Avalon/Photoshot/picture alliance

Erkannt ist dieses Problem schon lange. Seit Jahren gibt es im US-Kongress immer wieder Pläne, das zu ändern. Erst kürzlich legten Demokraten im Kongress einen Gesetzentwurf vor, der vorsah, dass Superreiche Steuern auf Wertzuwächse ihrer Investitionen in Aktien auch dann bezahlen müssten, wenn sie diese Aktien gar nicht verkaufen. Diese sogenannte "Milliardärssteuer" von 23,8 Prozent auf Gewinne bei Wertpapieren, auch auf nicht realisierten Gewinn (also, wenn die Aktien nicht verkauft werden), würde etwa 700 US-Steuerzahler betreffen, die ein Vermögen von mehr als einer Milliarde Dollar besitzen oder drei Jahre in Folge 100 Millionen Dollar Jahreseinkommen hatten. 

"Irgendwann geht ihnen das Geld anderer Leute aus. Und dann sind sie hinter dir her," war der Kommentar von Elon Musk dazu Ende Oktober.

Twitter-Follower entscheiden über Musks Vermögen

Musk selber reagierte auf die Idee des Direktors des Welternährungsprogramms der UNO prompt. Für ihn sei der Verkauf von Aktien der einzige Weg, um Steuern zu bezahlen, verkündete er und startete am Wochenende eine ziemlich ungewöhnliche Aktion. Per Twitter ließ seine Gefolgschaft darüber abstimmen, ob er zehn Prozent seiner Aktien verkaufen solle. Das Ergebnis: Über dreieinhalb Millionen Menschen gaben ihre Stimme ab, fas 58 Prozent stimmten für einen Verkauf.

Gemessen am jüngsten Aktienkurs würde er mit dem Verkauf von zehn Prozent seiner Tesla-Aktien mehr als zwanzig Milliarden Dollar einnehmen. Darauf dürften dann stattliche Steuern fällig werden. Er werde sich an das Ergebnis der Twitter-Abstimmung halten, egal wie es ausfalle, verkündete Musk. Allerdings kündigte er nicht an, wie schnell er sich von seinen Aktien trennen will.

Der Staat und nicht der Steuerzahler sollte über Steuerhöhe entscheiden

US-Senator Ron Wyden, Demokrat und ein einflussreicher Verfechter einer stärkeren Besteuerung von Milliardären, zeigte sich von Musks Aktion unbeeindruckt. "Ob der reichste Mann der Welt Steuern zahlt, sollte nicht von den Ergebnissen einer Twitter-Umfrage abhängen", antwortete der Demokrat auf der Plattform.    

Die Überlegungen des Auto-Analysten Frank Schwope von der Nord LB gehen noch in eine andere Richtung. Er fragt, ob die Inszenierung von Musk wirklich der Wunsch sei, als Steuerzahler etwas Soziales zu tun. Gegen diese Überlegung spricht, dass Musk den Firmensitz von Tesla erst im vergangenen Monatvon Kalifornien nach Texas verlegt hat. Es wird gemutmaßt: aus steuerlichen Gründen.

Schwope meint, die Twitter-Aktion könne aber auch eine reine Marketing-Inszenierung gewesen sein oder einfach die trickreiche Einleitung eines Aktienverkaufs auf hohem Kursniveau, weil Musk die Bewertung von Tesla mit mehr als einer Billion US-Dollar zu hoch fände. Auf jeden Fall sieht sich Schwope durch die Twitter-Aktion bestätigt, dass die aktuelle Tesla-Bewertung viel zu hoch ist und empfiehlt, sich von Tesla-Aktien zu trennen. In der Tat fiel die Aktie von Tesla am Montag kräftig. 

Twitter-Abstimmung hin oder her - "Musk hätte so oder so bald mit Verkäufen begonnen, um die Monster-Steuern auf seine Aktienoptionen zu begleichen", meint Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Mit der Twitter-Abstimmung behalte Musk aber die Deutungshoheit über diese Aktienplatzierung. "'Follower fordern Musk zum Verkauf von zehn Prozent seiner Anteile auf' klingt viel besser als 'Musk wirft zehn Prozent seiner Tesla-Aktien auf den Markt'", so Wilson.

Spenden ja, aber möglichst Steuern vermeiden

Wer übrigens ebenfalls seine Steuerlast möglichst gering hält, ist der Börsen-Guru Warren Buffett, so die Recherche von ProPublica. Zwar plädiert er regelmäßig für höhere Steuern für Reiche und will sein Geld größtenteils spenden. Vorhandene Steuervermeidungsmöglichkeiten nutzt er trotzdem. So soll sein Vermögen zwischen 2014 bis 2018 um 24,3 Milliarden Dollar gewachsen sein, er habe aber nur ein Einkommen von 125 Millionen Dollar beim Fiskus angegeben und letztlich 23,7 Millionen an Steuern gezahlt. Damit ergebe sich eine "wahre Steuerquote" von nur 0,1 Prozent. Im Vergleich dazu: Der durchschnittliche amerikanische Haushalt verdient 70.000 US Dollar und bezahlt 14 Prozent Steuern an den Staat (federal tax). 

Warren Buffet
Unternehmer Warren Buffett zahlte laut ProPublica von 2014 bis 2018 die geringsten Steuern von den 25 SuperreichenBild: imago

Immerhin hat er bereits die Hälfte seines Vermögens gespendet und besitzt heute aber immer noch geschätzte 104 Milliarden Dollar - was er selbst als "unfassbaren" Reichtum bezeichnet. Auch dieser Teil soll in philanthropische Zwecke gehen und nicht in die Investment-Portfolios seiner Kinder. Damit entscheidet Buffett und nicht der Staat, wofür sein Vermögen eingesetzt wird.

Um noch einmal auf die Idee von David Beasley zurückzukommen - es ist natürlich fraglich, ob sich der Hunger in der Welt durch Besteuerung der Superreichen einfach beseitigen lässt. Die Ursachen von Hunger sind oft politisch bedingt, wenn Kriege und Konflikte ein Land zerstören, wenn Hilfsgelder in falschen Kanälen versickern und wenn die Politik der Industrieländer die Märkte der ärmeren Länder kaputt macht. Außerdem sorgt der Klimawandel schon jetzt für dürftige oder gar keine Ernten. 

Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion