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Musik

Warum Nile Rodgers seine Gitarren versteigert

Kevin Tschierse
16. Dezember 2021

Hunderte Gitarren und ein Porsche von Nile Rodgers kommen bei Christie's unter den Hammer. Wer ist der Mann, der die Disco-Musik so grundlegend geprägt hat?

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Nile Rodgers auf der Bühne mit Gitarre
Nile Rodgers beim "Camp Bestival" in GroßbritannienBild: Dawn Fletcher-Park/ZUMA Wire/imago images

Eine Fender-Gitarre mit vergoldeter Hardware von 1954, legendäre Bühnenoutfits, ein seltener Porsche und hunderte weitere Gegenstände aus dem privaten Besitz des Disco-Pioniers Nile Rodgers kommen unter den Hammer. Der gesamte Erlös der Auktion bei Christie's am 16. Dezember 2021 soll der "We Are Family Foundation" zugutekommen. Nach den Terroranschlägen in seiner Heimatstadt New York City 2001, bei denen Rodgers drei Freunde verlor, hatte er die Wohltätigkeitsorganisation gegründet. Sie setzt sich für kulturelle Vielfalt und gesellschaftliche Diversität ein. Während der Corona-Pandemie sei die Organisation gewachsen, was der Grund für die Versteigerung sei. "Mit der Ausweitung der Programme müssen wir auch das Geld aufstocken", sagte Rodgers.

Strippenzieher hinter vielen Welthits

Nile Rodgers, der seine Berühmtheit heute für soziales Engagement nutzt, hat die Musikbranche jahrzehntelang grundlegend beeinflusst. Der US-Amerikaner war einer der ersten Musiker, der sowohl mit afro-amerikanischen als auch mit weißen Künstlern Musik produzierte, die kommerziell erfolgreich und wegweisend war. Nicht zuletzt erlangte Disco-Musik dank ihm an Popularität. Hits wie "Le Freak", "I Want Your Love" oder "Everybody Dance", die er mit seiner Band Chic produzierte, wurden zu Disco-Klassikern.

Nile Rodgers mit Pharrell Williams
Nile Rodgers produzierte zusammen mit Pharrell Williams und Daft Punk die Hit-Single "Get Lucky"Bild: Jason Szenes/dpa/picture alliance

Später feilte er an Welthits wie Madonnas "Like a Virgin", David Bowies "Let's Dance" oder Mick Jaggers "She's the Boss". 2013 produzierte er in Zusammenarbeit mit Daft Punk und Pharrell Williams den Song "Get Lucky", der international die Charts stürmte. Für eine neue Chic-Platte konnte er 2018 Bruno Mars und Debbie Harry gewinnen. Und erst kürzlich kündigte er an, Musik veröffentlichen zu wollen, die in Zusammenarbeit mit dem 2018 verstorbenen schwedischen Star-DJ Avicii entstanden ist. Nile Rodgers ist also eine wahrhaftige Musiklegende, die gut im Musikgeschäft vernetzt ist. 

Musikkarriere mit Umwegen

Doch seine Karriere war nicht vorprogrammiert: Nile Rodgers Mutter war gerade einmal 14, als sie ihn am 19. September 1952 in New York City zur Welt brachte. Sein Vater, ein umherreisender Jazzmusiker, war wenig präsent in seinem Leben. Beide Elternteile und weitere Familienmitglieder waren heroinabhängig. Doch früh entdeckte er die Musik für sich. Schon als junger Teenager beherrschte Nile Rodgers das klassische Gitarrenspiel, später studierte er an der renommierten Manhattan School of Music.

Während seiner Studienzeit stieß er auf eine Stellenausschreibung der "Sesamstraße". Die Produzenten der Kinder-TV-Sendung waren von seinem Können überzeugt und so stand Rodgers in der zweiten Staffel in der Show-Band mit Big Bird und dem Krümelmonster auf der Bühne. Von da an nahm seine Musikkarriere Fahrt auf - eine Kollegin entdeckte sein Talent und empfahl ihn weiter. So landete Rodgers im Apollo Theater, wo er mit dem Hausorchester Musikikonen wie Aretha Franklin, Parliament-Funkadelic, Ben E. King und Screamin' Jay Hawkins musikalisch begleitete.

Mit Chic startete Rodgers durch

Im Apollo Theater performte der 18-jährige Rodgers auch mit seinem zukünftigen Songwriting-Partner und Chic-Mitbegründer Bernard Edwards. Die beiden schlossen durch ihre gemeinsame Leidenschaft für die Musik sofort eine enge Freundschaft, die Jahrzehnte hielt. Zusammen gründeten sie eine Black-Rock-Band, die sich später zur Disco-Funk-Band Chic entwickelte. Denn Rodgers und Edwards mussten feststellen, dass Rockmusik von afroamerikanischen Künstlern zur damaligen Zeit keinen Erfolg versprach.

Bandfoto von Chic in schwarz und weiß. Von links: Nile Rodgers, Luci Martin, Bernard Edwards, Alfa Andersen und Tony Thompson.
Die Chic Bandmitglieder in den 1970er-Jahren. Von links: Nile Rodgers, Luci Martin, Bernard Edwards, Alfa Andersen und Tony ThompsonBild: Everett Collection/picture alliance

Stattdessen konzentrierten sie sich schließlich auf Dance- und Disco-Musik. Innerhalb weniger Monate schrieb Rodgers den ersten Chic-Song "Everybody Dance". Er wurde schnell zu einem Disco-Hit. Chics zweite Single "Dance, Dance, Dance (Yowsah, Yowsah, Yowsah)" brachte Rodgers einen Plattenvertrag ein. Der Song erreichte Platz 6 der amerikanischen Charts und mit über einer halben Million verkaufter Platten Goldstatus.

Von da an ging es bergauf: Die Pop-Charts der späten 1970er-Jahre wurden von Rodgers und Edwards beherrscht. Innerhalb weniger Jahre wurde Rodgers mit seiner Band vom Außenseiter zum Hitmaker. In New York gehörte er schnell zum inneren Kreis des legendären Clubs Studio 54.

Vom Disco-Pionier zum Star-Produzenten

In den 1980er-Jahren ebbte das Disco-Fieber langsam ab. Auch Chic konnte sich nicht mehr in den Charts behaupten und löste sich 1983 auf. Rodgers unternahm ein Solodebüt mit "Adventures in the Land of the Good Groove". Doch das Album floppte trotz guter Kritiken.

Rodgers widmete sich in den Folgejahren mehr dem Produzieren. Einen Namen hatte er sich schon 1980 gemacht, als er mit Diana Ross ihr bestverkauftes Album "Diana" mit den Hits "I'm Coming Out" und "Upside Down" herausbrachte. Seitdem  kooperierte er immer wieder mit namhaften Musikerinnen und Musikern, was ihn zu einem begehrten Produzenten für die Stars machte. Zuletzt katapultierte ihn 2013 der Hit "Get Lucky" wieder zurück ins Rampenlicht.

Stratocaster-Gitarre hängt an einer Wand
Eine von Nile Rodgers Stratocaster-Gitarren, die bei der Auktion versteigert werdenBild: John Angelillo/UPI Photo/newscom/picture alliance

Einsatz für wohltätige Zwecke

Mehr als 100 Gitarren, die der mittlerweile 69-Jährige im Laufe seiner Karriere gespielt hat, werden nun im Rahmen der Live-Auktion angeboten, die am Donnerstag beginnt. Mit dem Verkauf fühle er sich "wie ein Elternteil, der seine Kinder in ein Waisenhaus schickt". Der Erlös aus dem Verkauf wird auf mindestens eine Million US-Dollar geschätzt. Das wohl kurioseste Versteigerungsstück ist wohl der Porsche Targa Turbo in dem sich Gene Simmons laut Rodgers fast übergeben hätte.