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Autoindustrie Wachstum

19. August 2011

Noch herrscht eitel Sonnenschein: Die Produktion läuft auf vollen Touren, die Auftragsbücher sind prall gefüllt und Extraschichten gehören zum Alltag - doch für die großen Hersteller könnte die Party bald zu Ende sein.

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Bremsspuren (Grafik: DW)
Bild: WoGi-Fotolia/AP/DW

Das erste Halbjahr des Jahres 2011 lief rund für die deutschen Autobauer: Der Absatz stürmte auf ein Rekordniveau, die Nachfrage überstieg die Produktion, Neuwagenkäufer mussten und müssen sich auf lange Wartezeiten einstellen. Doch schon ziehen am Horizont dunkle Wolken für die erfolgsverwöhnte Branche auf: Bereits im nächsten Jahr wird der Absatz stagnieren. Und erst danach kann wieder mit Wachstum gerechnet werden - allerdings auf niedrigerem Niveau als in den Boom-Zeiten.

Infografik Autoverkäufe stagnieren Weltweit 2012 (Grafik: DW)

Fülle von Risikofaktoren

Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen. Als Gründe für die Entwicklung nennt der Instituts-Leiter Ferdinand Dudenhöffer eine Fülle von weltwirtschaftlichen Risikofaktoren: Darunter die Schuldenkrise in den USA und den westeuropäischen Autoländern, mögliche Ölpreisschwankungen in Folge der politischen Unruhen in Nordafrika, aber auch die Atom-Katastrophe in Japan und den seiner Meinung nach "überhasteten Ausstieg" aus der Atomindustrie in Deutschland.

"Es gibt ein ganzes Bündel von Effekten, an Risiken, die sich anhäufen und deshalb im Jahr 2012 nach unserer Einschätzung zu einer deutlichen Verringerung des Wachstums führen", sagt Dudenhöffer im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

Asien wächst langsamer

Auf den großen asiatischen Märkten wie China und Indien sieht der Auto-Experte weiterhin einen "Wachstumsprozess", der aber in Zukunft "gedämpfter" ausfallen werde. Bisher sei China im Automobil-Bereich oft mit Raten von zwanzig bis dreißig Prozent pro Jahr gewachsen - auch während der großen Finanzkrise nach der Lehman-Pleite, weil die chinesische Regierung aufwändige Konjunktur-Programme gestartet hätte.

Dies sei aber in der heutigen Situation nicht mehr zu erwarten, da der chinesische Markt bereits jetzt unter Preissteigerungen leide. Eine künstliche Stimulierung der Binnennachfrage würde die Inflation noch mehr anheizen. Deshalb werde der Automarkt in China nur noch um rund fünf Prozent wachsen. "Die Plus-Zahlen, die in China und in Indien erreicht werden, die können die leichten Minus-Zahlen in den anderen Märkten nicht ausgleichen", so Dudenhöffer.

Nach seinen Einschätzungen werde die internationale Autoindustrie in diesem Jahr zwar ihr bestes Ergebnis aller Zeiten erzielen. Doch bereits im nächsten Jahr könne das erreichte Niveau lediglich gehalten werden. Dudenhöffer empfiehlt deshalb: "Die Autobauer sollten nicht zu stark auf Wachstumskurse setzen und große Einstellungs-Programme für Mitarbeiter starten, die dann, wenn es nicht ganz so gut läuft, Probleme bereiten könnten."

Autohersteller strotzen vor Kraft

Dabei strotzen die deutschen Autobauer im Moment geradezu vor Leistungskraft - das geht aus einer aktuellen Studie des Center of Automotive Management (CAM) an der Fachhochschule Bergisch Gladbach hervor.

Infografik: Die zehn leistungsstärksten Autokonzerne 2010/11 (Grafik: DW)

Danach ist Volkswagen der mit Abstand leistungsstärkste Automobilhersteller der Welt. Rang zwei belegt mit Daimler ein weiterer deutscher Konzern. Auf den weiteren Plätzen folgen die Hersteller Hyundai-Kia aus Südkorea und BMW - wiederum aus Deutschland.

"Im Jahr 2010 und für 2011 sieht es ähnlich gut aus", sagt Institutsleiter Stefan Bratzel gegenüber DW-WORLD.DE, "da liegen die deutschen Hersteller sehr gut im Trend und können tatsächlich Marktanteile erhöhen und auch sehr hohe Profite einfahren."

Kennzahlen lügen nicht

Bereits im siebten Jahr in Folge erscheint der Branchenvergleich des CAM-Instituts mit dem Titel "Automotive Performance". "Wir schauen regelmäßig elf Kriterien an, zusammengesetzt aus Absatz-, Innovations- und Finanz-Kennzahlen", beschreibt Bratzel seine Untersuchungsmethode.

Besonders überrascht zeigt sich der Auto-Experte darüber, wie stark der Hyundai-Kia-Konzern abgeschnitten habe. Dabei beobachte er den stetigen Aufstieg der Asiaten schon seit Jahren. "Die Kontinuität bei den Koreanern ist erstaunlich", so Bratzel. Hyundai werde tatsächlich zu einem wichtigen Herausforderer auch für den großen Volkswagen-Konzern, "der sich ja anschickt, größter Automobilhersteller der Welt werden zu wollen."

Wie groß die Fallhöhe in der Spitzengruppe der Automobilhersteller sein kann, erlebt gerade das einstige Parade-Unternehmen Toyota: Die Japaner stürzen nach Qualitätsproblemen vom Branchenthron und landen in diesem Jahr auf Platz acht des Rankings - also nur im Mittelfeld.

Autor: Klaus Ulrich
Redaktion: Henrik Böhme