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Wann liefern Aldi und Lidl?

Nik Martin tko
29. Januar 2018

Der Preiskrieg unter Discountern wird als Grund dafür gesehen, dass das Online-Geschäft mit Lebensmitteln in Deutschland nicht in die Gänge kommt. Werden Aldi, Lidl & Co. überhaupt irgendwann anfangen zu liefern?

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Bildergalerie Aldi - Aldi-Filiale in Manchester
Bild: picture-alliance/dpa

Ausländer in Deutschland sind oft frustriert, dass die meisten deutschen Supermärkte eher klein sind und die bekannten Discounter Aldi, Lidl und Netto keinen Lebensmittel-Lieferservice anbieten. Während mittelgroße Supermarkt-Ketten wie Rewe und Edeka ihre Investitionen für die Lieferung von Lebensmitteln bis zur Haustür hochfahren, haben die Discounter vor allem von den Beschränkungen profitiert, die die Ausbreitung von riesigen Hyper-Supermärkten auf der grünen Wiese eindämmen sollen.

Obwohl Lidl die Lieferung von Kleidung, Haushaltswaren und Elektrogeräte anbietet, wird die E-Food-Revolution komplett abgeblockt. Die Ketten der Niedrigpreis-Anbieter dominieren den Lebensmittelsektor, indem sie sich auf kleinere Geschäfte mit einer begrenzten Produktpalette konzentrieren, die man fast überall in den Vororten deutscher Städte findet.

Der Laden um die Ecke

Die Einkaufsgewohnheiten sind in Deutschland eben andere als in den USA und Großbritannien, wo bis vor kurzem der Trend zu Hypermärkten ungebrochen war. Dort ist für viele Kunden die Fahrt zum Einkaufen ein richtiger Tagesausflug. Ganz anders sieht das in Deutschland aus, unterstreichen Einzelhandels-Analysten im Gespräch mit der DW. Deutsche Verbraucher seien daran gewöhnt, in kleineren Läden öfter einzukaufen.

Preisschilder in einem Lidl-Discounter
Der Lebensmittel-Einkauf im Laden ist den meisten deutschen Verbrauchern (noch immer) wichtigBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

"Verbraucher sparen kaum Geld, wenn sie Lebensmittel statt im Laden einzukaufen, online bestellen", sagt Joachim Stumpf vom Handelsberatungs-Unternehmen BBE in München. Die meisten Supermärkte in Deutschland seien sehr schnell zu Fuß, mit dem Auto oder dem Fahrrad erreichbar. Ein weiterer Grund sei der heftige Preiswettbewerb in der Branche und die damit verbundenen geringen Gewinnmargen, die die Discounter von Investitionen in das Online-Lebensmittelgeschäft abhält. "Deutschland hat die niedrigsten Lebensmittelpreise in ganz Europa. Da können Sie sich keinen Preisvorteil verschaffen, wenn Sie einen Online-Lieferservice anbieten”, erklärt Stumpf im Gespräch mit der DW. Nach einer Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) haben zwischen 2013 und 2015 weniger als 1,5 Prozent der deutschen Verbraucher Lebensmittel oder Getränke online bestellt. Die Marktforscher von Kantar Worldpanel fanden heraus, dass nur 1,2 Prozent aller Lebensmittelumsätze 2016 auf Bestellungen per Mausklick entfielen. Zum Vergleich: In Großbritannien sind es sieben bis acht Prozent und in Südkorea mehr als 15 Prozent.

Kein Vorreiter

Einzelhandels-Experten zufolge sind deutsche Verbraucher außerdem unsicher, wie gut die Qualität von Lebensmitteln ist, die sie online bestellen. "Deutsche Verbraucher haben ziemlich hohe Ansprüche an die Frische von Lebensmitteln wie Obst und Gemüse. Sie möchten sich ihre Einkäufe vor Ort ansehen und auswählen", sagt Hendrik Schröder, Professor für Marketing und Handel an der Universität Duisburg-Essen.

Noch ein Grund für die Berührungsängste der Deutschen mit Online-Supermärkten sei, dass man Einkaufen als Teil der Balance zwischen Arbeit und Privatleben empfindet. Anders als Briten oder Amerikaner seien Deutsche nie zu gestresst, um selber einkaufen zu gehen. Und so fragten sich Verbraucher und Ketten wie Lidl, Aldi und Penny: "Ist es das wirklich wert?", meint Schröder.

Trotzdem kommen die Discounter nicht um größere Investitionen in das Online-Geschäft mit Lebensmitteln herum, wenn sie vermeiden wollen, dass sie Marktanteile verlieren. Aldi, Lidl und andere preiswerte Anbieter sind im ersten Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende fast durchgängig gewachsen und hatten 2008 einen Anteil von 44,5 Prozent am gesamten Lebensmittelmarkt. Aber in den vergangenen zehn Jahren haben Supermärkte aus dem mittleren und höheren Marktsegment um 15 Prozent zugelegt.

Amazon lauert schon

Der Markteintritt von Amazon könnte allerdings einen schnellen Strategiewechsel erzwingen. Der US-Onlineriese bietet seinen Prime-Kunden in Berlin, Hamburg und München rund 85.000 Artikel für ihr Abo in Höhe von 9,99 Euro pro Monat an - dazu die unbegrenzte Lieferung für Artikel über 40 Euro.

Amazon Konzern
In Lauerstellung: Die grünen Lebensmittel-Auslieferwagen des Online-Riesen - wie hier in Los AngelesBild: Getty Images/K.Djansezian

Doch trotz aller Technologie- und Logistikmacht von Amazon sind es vor allem die deutschen Verbraucher, die einem Online-Boom bei Lebensmitteln im Weg stehen. Und daran wird sich nur langsam etwas ändern, so die Einschätzung von Schröder.

Joachim Stumpf von der Handelsberatung BBE glaubt, dass die Übernahme der US-Bioladenkette Whole Foods durch Amazon dem US-Onlineriesen einen tiefen Einblick in das Liefergeschäft mit Lebensmitteln ermöglichen wird - und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Aldi und Lidl ein Online-Angebot haben.

"Vielleicht wird das nicht nur ein Lieferservice sein. Sie könnten auch einen Online-Bestelldienst anbieten, bei dem die Ware dann nur noch abgeholt werden muss. Oder es wird Cross-Selling-Aktivitäten geben, wo sie zu einem nachgefragten Artikel weitere passende Produkte oder Dienstleistungen im Angebot haben", so Stumpf.

Hart umkämpfter Markt

Store des Discounters Lidl in den USA
Lidl expandiert in den USA mit stationären Supermärkten, wie hier in Virginia Beach - und schweigt über Online-PläneBild: Lidl

Auf die Discounter kommt aber auch im Offline-Bereich einiges an Herausforderungen zu. Sie setzen auf größere Läden mit einer größeren Produktpalette und experimentieren mit Läden in den Stadtzentren, um auch diese urbanen Kundenkreise zu erreichen. Dazu kommen Marketing-Aktionen, um ihr Markenansehen zu steigern, wie die Eröffnung von Aldi-Bistros, oder wenn Lidl eine Bekleidungs-Kollektion zusammen mit Model Heidi Klum herausbringt.

Aber so lange das Geschäft mit Lebensmittel-Liederdiensten in Deutschland vor sich hindümpelt, schrecken die Discounter vor kostspieligen Investitionen in Technologie und Infrastruktur zurück. Allerdings "experimentieren sie in anderen Ländern wie in den USA durchaus mit E-Commerce-Modellen", sagt Christian Fenner von der Unternehmensberatung Bain.

"Wir glauben, dass Lidl und Aldi weiter verschiedene Optionen testen werden, bevor sie sich voll engagieren - bis sich ein profitables Modell herausschält, dass das Unternehmen voran bringt und sich klarer abzeichnet, dass Kunden für diese Online-Dienstleistung auch wirklich Geld ausgeben werden", unterstreicht Fenner gegenüber der DW.

Während sich Lidl nicht zu diesem Artikel äußern wollte, teilte Aldi Süd der Deutschen Welle in einer Stellungnahme mit, dass sich das Unternehmen mit E-Commerce-Konzepten beschäftigt, aber noch nichts zu einem möglichen Start sagen könne.