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Wahl-O-Mat gestartet - Parteiencheck zur Europawahl

7. Mai 2024

Wahlorientierung aus dem Netz: Der Wahl-O-Mat zur Europawahl ist online. Der Test beantwortet viele Fragen und hilft bei der Entscheidung.

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Start des Wahl-O-Mat 2024 zur Europawahl; eine junge Frau steht vor einem Computer auf dem "Wahl-0-Mat" zu lesen ist
Studentin Lea Esser hat mitgeholfen, den Wahl-O-Mat an den Start zu bringenBild: Volker Witting/DW

Lea Esser kennt Politiker und Politikerinnen eigentlich nur aus dem Fernsehen. Doch nun steht sie, anfangs noch ein wenig schüchtern, neben dem Europawahl -Spitzenkandidaten der Partei Die Linke. Sie schaut Martin Schirdewan in Berlin dabei zu, wie er die 38 Thesen des gerade gestarteten Wahl-O-Mat durcharbeitet - online. Sollen Autos mit Verbrennermotoren noch nach 2035 in der EU zugelassen werden? Sollte die Ukraine Mitglied der EU werden? Sollte die Jagd von Wölfen in Regionen erlaubt sein, in denen der Bestand dadurch nicht gefährdet ist?

An der Auswahl der Thesen hat Lea Esser selbst mitgearbeitet. Sie gehörte zum Redaktionsteam, das die Schwerpunkte erarbeitet hat. "Ich bin durch Zufall im Internet auf die Einladung der Bundeszentrale für Politische Bildung gestoßen, beim Wahl-O-Mat mitzumachen", sagt die 21-jährige Politikstudentin aus dem niedersächsischen Meppen der DW. "Wir haben uns als junges Team mehrfach getroffen. Zunächst haben wir 85 Thesen an alle Parteien geschickt. Die haben dann geantwortet. Anschließend haben wir als Team die Auswahl getroffen. 38 Thesen blieben dann - der Wahl-O-Mat." 

Zwei junge Menschen in T-Shirts mit Aufdruck "Wahl-O-Mat" stehen mit Politiker Martin Schirdewan an einem Laptop
Lea Esser und Linken-Politiker Martin Schirdewan (r.) testen den Wahl-O-Mat Bild: Volker Witting/DW

Wer den Wahl-O-Mat startet, wird mit den Aussage, die aus allen in der EU relevanten Politikthemen stammen, konfrontiert und soll sie bewerten. "Stimme zu", "stimme nicht zu", "neutral". Die Antwortoptionen sind klar und deutlich. Nutzerinnen und Nutzer können Fragen auch überspringen, wenn sie diese für nicht relevant halten. Auch können sie Fragen als besonders wichtig kennzeichnen - dann werden sie doppelt gewertet. Zum Schluss erscheint ein Balkendiagramm, das die meisten persönlichen Übereinstimmungen mit den 35 antretenden Parteien anzeigt.

Wahl-O-Mat als letztes "mediales Lagerfeuer"

Für Lea Esser ist eines klar: "Der Wahl-O-Mat nimmt Leuten die Hürden, sich mit Politik zu beschäftigen. Und es funktioniert einfach und spielerisch." Politiker Martin Schirdewan, der auch Co-Vorsitzender der Linken ist, kennt das "Online-Tool" schon länger, erzählt er. "Ich habe das schon häufiger gemacht und finde es für die Meinungsbildung gut." 

Schon seit 2002 bietet die staatliche finanzierte Bildungseinrichtung "Bundeszentrale für politische Bildung" Orientierung vor allen wichtigen Wahlen. Genutzt wird sie vor allem von Erst- und Jungwählern. Die Nachfrage dürfte deshalb bei dieser EU-Wahl besonders hoch ausfallen, weil in Deutschland erstmals junge Menschen schon ab 16 Jahren wahlberechtigt sind.  

Große Wahlplakate verschiedener Parteien
Der EU-Wahlkampf auf Hochtouren - am 9. Juni wird gewähltBild: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images

Allein bei den letzten Europawahlen 2019 wurde der Wahl-O-Mat fast zehn Millionen Mal genutzt. Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, spricht bei der Präsentation vom "letzten medialen Lagerfeuer". Grundlagen für die Thesen und Standpunkte sind die Partei- und Wahlprogramme und programmatischen Aussagen aller zugelassenen Parteien.

Welche Thesen abgefragt werden, bestimmt eine Redaktion aus Jung- und Erstwählern zwischen 16 bis 26 Jahren. Sie werden von erfahrenen Politikwissenschaftlerin und Pädagogen dabei betreut.

Auch Oscar Zhan war Mitglied der Auswahlredaktion. Er ist 16 Jahre alt. Am 9. Juni darf er zum ersten Mal wählen. "Für mich waren die interessantesten Themen Wohnen und Mieten", sagt er der DW. Oscar ist interessiert an Informatik und Technik; ist so auf den Wahl-O-Mat gestoßen und hat sich dann zum Team beworben. "Ich wollte mehr darüber erfahren, wie die große Politik hinter den verschlossenen Türen wirklich läuft." 

Ein junger Mann mit einem orangenen T-Shirt schaut in die Kamera, es ist Schüler Oscar Zhan
Oscar Zhan war Redaktionsmitglied - und er ist bald ErstwählerBild: Volker Witting/DW

Kritik, Alternativen, der europäische Vergleich

Der Wahl-O-Mat, den es seit 2002 gibt, hat in den ersten Jahren nur größere Parteien berücksichtigt. Kritik gab es anfänglich auch daran, dass einige Antworten der Parteien nicht mit den Wahlprogrammen übereinstimmten. Diese Punkte wurden im Laufe der Zeit verbessert. Es gibt zwar zahlreiche Alternativen zum Wahl-O-Mat, dieser bleibt aber am erfolgreichsten. Insgesamt wurde er seit Bestehen etwa 115 Millionen Mal abgerufen. 

Eine Alternative ist "Voteswiper",der von einem Verein ehrenamtlich erstellt wird. "Voteswiper" ist einfacher gemacht, bietet aber viele Erklärtexte. Wähler, die besondere Schwerpunkte haben, können den "Klima-Wahlcheck" nutzen oder den "Sozial-O-Mat" der evangelischen Kirchen. Mit dieser Online-Entscheidungshilfe lassen sich die sozialpolitischen Positionen der Parteien vergleichen. Zum Beispiel bei Themen wie Mindestlohn oder Sozialleistungen.

"VoteMatchEurope" ist seit den EU-Wahlen 2014 ebenfalls im Netz verfügbar. Über die Online-Maschine können die Positionen der Nutzer mit denen aller Parteien der übrigen EU-Mitgliedsstaaten verglichen werden. Das Netzwerk macht diesen Vergleich - ausgehend vom nationalen Ergebnis - mit einem Klick möglich.

Der Linken-Politiker Martin Schirdewan hat sich durch alle 38 Thesen durchgearbeitet. Er hat das Programm selbst mit verfasst und landet bei 100 Prozent Übereinstimmung zu "seiner" Partei. Der Generalsekretär der SPD, Kevin Kühnert, kommt immerhin auf 98,8 Prozent Übereinstimmung zum EU-Wahlprogramm der Sozialdemokraten. Und er hat noch diese Botschaft zur anstehenden Europawahl: "Wir werden im neuen EU-Parlament eine Brandmauer zu den Rechten aufbauen."

Start des Wahl-O-Mat zur Europa-Wahl 2024, SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert in Jacket schaut auf einen Computermonitor, neben ihm eine junge Frau in einem T-Shirt
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert erreicht die 100 % Übereinstimmung dann doch nichtBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Und auch das sagt Kühnert der DW: "Bei der Wahlentscheidung sollte sich jeder auf den eigenen Kopf verlassen und keine Maschine." So sieht das auch Politikstudentin Lea Esser: "Der Wahl-O-Mat ist am Ende lediglich zur Orientierung da. Das Ergebnis sollte nicht als Wahlempfehlung verstanden werden."

Volker Witting
Volker Witting Politischer Korrespondent für DW-TV und Online