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Politik

AKK auf dem Prüfstand

21. November 2019

Nach einem Jahr an der CDU-Spitze ist Annegret Kramp-Karrenbauer weit davon entfernt, auch Kanzlerkandidatin der Konservativen zu werden. Ihre Umfragewerte sind schlecht. Beim Parteitag in Leipzig muss sie überzeugen.

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CDU Motto Die Mitte Annegret Kramp-Karrenbauer
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Ihr Plan war ambitioniert: den Richtungsstreit in der CDU beenden, die Partei erneuern und sich die Pole-Position im Rennen ums Kanzleramt sichern. Annegret Kramp-Karrenbauer, auch AKK genannt, ging dabei mit einer ihr eigenen Systematik vor. Sie besuchte Ortsverbände, tourte durchs Land, versuchte sich von Angela Merkel zu emanzipieren, indem sie gleich zu Beginn nicht Teil ihrer Regierung sein wollte. Stattdessen wollte sie ihr eigenes Profil an der CDU-Spitze schärfen.

"Als Parteivorsitzende nicht geschafft"

Doch schon bald wurde klar: Der Plan wird so nicht aufgehen. Als Parteichefin wäre sie eigentlich die natürliche Kanzlerkandidatin der Union, doch ihre Umfragewerte haben sich inzwischen halbiert. Unter den zehn wichtigsten Politikern Deutschlands dümpelt AKK auf dem letzten Platz. Nun werden Zweifel laut, ob sie sich überhaupt für das Kanzleramt eignet.

Kramp-Karrenbauer bringt durchaus die Anlagen für eine Kanzlerkandidatur mit: Sie hat Regierungserfahrung, wenn auch in einem kleinen Bundesland, dem Saarland. Als Innenministerin und Ministerpräsidentin hat sie so gute Arbeit geleistet, dass Angela Merkel sie in die Hauptstadt holte. Die Überzeugungsarbeit in Berlin muss AKK aber noch leisten. "Sie hat es als Parteivorsitzende nicht geschafft, die Akzente so zu setzen, dass die Partei schon jetzt hinter ihr steht und dass Kritiker leiser werden", sagt der Bonner Politologe Frank Decker. "Wer für die Union ins Rennen gehen will, muss überzeugen, dass er oder sie das Kanzleramt auch holen kann".

Schlechte Werte sind kein Zufall

Deutschland YouTuber Rezo
In seinem Video "Die Zerstörung der CDU" wirft Youtuber Rezo der Partei vor, untätig beim Klimawandel zu sein Bild: picture-alliance/dpa/Privat

Das Desaster kommt nicht von ungefähr. Als Favoritin von Angela Merkel gestartet, machte Kramp-Karrenbauer schnell viele Fehler. Obwohl sie eigentlich für eine gute Kommunikation bekannt war, wirkte sie an der Spitze der Partei wahlweise tollpatschig oder wie gelähmt.

Als kurz vor der Europawahl ein deutscher Youtuber ein Video postete, in dem er die CDU für nicht wählbar erklärte, suchte die Partei hastig nach einer adäquaten Antwort und fand am Ende doch keine. Der Umgang mit Rezo schadete der Partei und AKK gleichermaßen, es steht für eine verstaubte und nicht zukunftsorientierte Partei.

Ähnlich schlecht hat sie ihren Vorstoß zur Einrichtung einer sogenannten Sicherheitszone an der syrischen Grenze öffentlich verkauft. Im DW-Interview warb AKK dafür, ohne es vorher im Kabinett zu besprechen. AKK werde "offenbar nicht gut beraten", sie habe keine Leute, die ihr die richtigen Ratschläge geben, urteilt Politologe Decker. Vielleicht auch deshalb kam es neulich zu personellen Veränderungen im AKK-Team.

Glaubwürdigkeit im Eimer

Doch nicht nur die schlechte Kommunikation wird der Politikerin zum Verhängnis. Sondern auch der Verzicht auf Regierungsverantwortung unter Merkel erwies sich als kurzsichtig. Als Parteichefin ohne Ministerposten galt Kramp-Karrenbauer innen- und außenpolitisch als Leichtgewicht. Nach gut einem halben Jahr musste sie sich deshalb selbst korrigieren.

Als im Juli 2019 Ursula von der Leyen nach Brüssel wechselte, hob die Saarländerin den Finger und übernahm das Verteidigungsministerium. "Das war eine Notoperation, die sie Glaubwürdigkeit kostete", sagt Decker. Denn es sei ein Problem Ankündigungen zu machen, die man nicht halte. "Die Öffentlichkeit sieht das eher als Zeichen der Schwäche", meint der Politologe. So sei der Eindruck entstanden, dass AKK es allein als Parteivorsitzende nicht schafft, die Führungsfrage für sich zu entscheiden.

Die K-Frage ist offen

Die Schwäche von AKK überträgt sich auf die Partei. Die CDU schneidet bei Landtagswahlen in Ostdeutschland eher schlecht ab und bekommt derzeit in bundesweiten Umfragen nur 26 bis 27 Prozent. "Gegen die Demoskopie kommt man nicht an", sagt Decker. Sollten die Umfragewerte der CDU so schlecht bleiben, drohe ein Aufstand in der Partei, meint der Bonner Politologe. Auch deshalb müsse die K-Frage, also die Frage nach der Kanzlerkandidatur, in den nächsten Monaten geklärt werden.

Kanzlerin Merkel und AKK Mimik
Bundeskanzlerin Merkel und CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer Bild: Imago Images/J. Schicke

Auf dem Parteitag wird das jedoch noch nicht der Fall sein. Wegen der anhaltenden Kritik forderte die CDU-Chefin kürzlich selbst ihre Konkurrenten heraus: "Wer die Führungsfrage stellen will, hat auf dem Parteitag die Gelegenheit dazu", sagte sie. Doch diese geben sich gerade vor dem Parteitag demonstrativ solidarisch. Friedrich Merz, der noch kürzlich von einer "grottenschlechten Arbeit der Regierung" sprach und eine programmatische Rede in Leipzig angekündigt hatte, ruderte wenige Tage vor dem Parteitag zurück.

Mit einer Revolution auf dem Parteitag wird also nicht gerechnet. Über inhaltliche Fragen könnte allerdings AKK durchaus angegriffen werden. Mehrere Anträge mit Konfliktpotential werden in Leipzig diskutiert, darunter die Grundrente, das Frauenquorum und das mögliche Engagement des umstrittenen chinesischen Mobilfunk-Unternehmens Huawei beim 5G-Mobilfunknetz in Deutschland. Ebenso werden die Delegierten entscheiden, ob über die Kanzlerkandidaten eine Mitgliederbefragung entscheiden soll.

Kommt die "Methode Merkel"?

Kramp-Karrenbauer muss in Leipzig punkten. Wenn sie es schafft, bald bessere Umfragewerte zu erzielen, könnte sie nächstes Jahr zur Kanzlerkandidatin der Union gekürt werden. Ansonsten bliebe nur eine Chance, wie die CDU es ohne großen Schaden als Volkspartei überlebt, glaubt Decker und verweist auf die "Methode Merkel".

Damit meint der Politologe, AKK müsste als Parteichefin die K-Frage jemand anderem überlassen. Auch Angela Merkel habe 2002 zugunsten von Edmund Stoiber (CSU) auf die Kanzlerkandidatur verzichtet. Geschadet hat es ihr nicht. "Das Schlimmste für die CDU wäre ein offener Kampf um die Macht. Um das zu vermeiden, wird man noch einiges unternehmen", so Decker. An Anwärtern, die die Aufgabe übernehmen wollten, fehlt es den Konservativen nicht.