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Politik

Vier EU-Staaten einigen sich bei Seenotrettung

23. September 2019

Die Irrfahrten von Rettungsschiffen auf der Suche nach einem sicheren Hafen sollen ein Ende haben - so will es eine Gruppe von EU-Ländern. Doch die meisten Mitgliedstaaten sind noch nicht mit im Boot.

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Malta EU-Treffen der Innenminister | Horst Seehofer, Deutschland
Bundesinnenminister Horst Seehofer auf MaltaBild: Getty Images/AFP/M. Mirabelli

Deutschland hat sich mit Frankreich, Italien und Malta auf ein Notfallsystem zur Verteilung geretteter Migranten geeinigt. Man habe sich auf ein gemeinsames Papier verständigt, sagte der maltesische Innenminister Michael Farrugia nach Verhandlungen mehrerer EU-Minister auf Malta.

Bundesinnenminister Horst Seehofer kündigte an, die Vorlage werde in zwei Wochen auch allen anderen EU-Amtskollegen präsentiert. Sie sollten überzeugt werden, sich anzuschließen. Er hoffe auf insgesamt zwölf bis 14 Staaten, sagte Seehofer.  Das Papier sehe feste Fristen vor: Innerhalb von vier Wochen müssten demnach an Land gehende Migranten umverteilt werden. Die Asylberechtigung würde später im Zielstaat geprüft. Die Frage, welches EU-Mitglied wie viele Menschen aufnehme, sei aber noch nicht entschieden - weil dies davon abhänge, wie viele Staaten überhaupt mitmachten.

Jedes Mal ein zähes Ringen

Bislang sitzen aus Seenot gerettete Migranten teils wochenlang an Bord ziviler Rettungsschiffe im zentralen Mittelmeer fest, weil Italien und Malta den Schiffen die Einfahrt in ihre Häfen verbieten. Sie befürchten, mit der Verantwortung für die Migranten alleingelassen zu werden, und verlangen, dass andere EU-Staaten die Menschen übernehmen. Erst nach dieser Zusage sind sie bereit, ihre Häfen zu öffnen.

Malta EU-Treffen der Innenminister | Luciana Lamorgese, Italien
Aus Italien nahm die parteilose Innenministerin Luciana Lamorgese an dem Treffen teilBild: Getty Images/AFP/M. Mirabelli

Zuletzt musste in jedem Einzelfall geklärt werden, welche Länder zur Aufnahme der Migranten bereit sind. Deutschland hat seit Juli 2018 die Übernahme von 565 aus Seenot geretteten Migranten zugesagt. Nur 225 von ihnen erreichten die Bundesrepublik bislang.

Das Seerecht besagt, dass Menschen in Seenot gerettet und an einen sicheren Ort gebracht werden müssen - also in einen Hafen oder auf ein anderes Schiff. Nach dem Nothafenrecht darf die Einfahrt in den Hafen nicht verweigert werden, wenn das Leben von Menschen in Gefahr ist.

Seehofer hatte schon vor dem Treffen mit seinen EU-Kollegen angekündigt, Deutschland könne bei einer Übergangslösung ein Viertel der Geretteten aufnehmen. Die EU streitet seit Jahren über den Umgang mit Migranten, die im Mittelmeer aus seeuntüchtigen Booten geholt werden. Hintergrund ist, dass es wegen des Widerstands von Ländern wie Polen und Ungarn bislang kein System zur gerechten Verteilung von Flüchtlingen gibt.

Geteiltes Echo

Der Beschluss von Malta löste ein gespaltenes Echo aus. Die CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont sieht in der Einigung einen "ersten Schritt in die richtige Richtung", aber keinen "Durchbruch". Der informelle Gipfel auf Malta habe "endlich Bewegung in die verfahrene Situation" gebracht, sagte Düpont in Brüssel. Die Aufnahmebereitschaft der beteiligten Staaten sei eine Möglichkeit, bei der Reform der Asyl- und Migrationspolitik voranzukommen. Düpont ist Mitglied im zuständigen Innenausschuss des EU-Parlaments.

Die Vize-Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl und Achim Post, sehen in der Einigung ein "positives Signal der humanitären Verantwortung". Seehofer habe "die Zeichen der Zeit richtig erkannt, indem er auf gemeinsame Lösungen mit der neuen italienischen Regierung setzt". Nun müsse es darum gehen, möglichst viele Staaten für die Initiative zu gewinnen. Raphael Shilhav von der Hilfsorganisation Oxfam bezeichnete die Einigung von Malta als "ersten Moment der Hoffnung auf ein humaneres System seit dem Verfall der europäischen Migrationspolitik im Jahr 2015".

Andrea Lindholz Vorsitzende Innenausschuss Bundestag
Die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz erhebt EinwändeBild: Imago/Photothek/X. Heinl

Die CSU-Politikerin Andrea Lindholz forderte Nachbesserungen an der Vereinbarung. Bevor Deutschland einer Aufnahme von Flüchtlingen per Quote zustimme, "sollte mindestens klar sein, dass nur die Schutzberechtigten unter den Bootsmigranten umverteilt werden", sagte Lindholz der Zeitung "Die Welt". Bisher komme die Mehrheit der Geretteten jedoch "aus Staaten mit sehr niedriger Anerkennungsquote", sagte die Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag. Die aus Seenot Geretteten pauschal auf mehrere EU-Länder zu verteilen, stehe im Widerspruch zur Beschlusslage der EU. Die Generalsekretärin der FDP, Linda Teuteberg, sagte, die Malta-Einigung ermutige Wirtschaftsmigranten.

jj/hf/kle (dpa, afp, rtr)