Viele Verletzte bei Protesten in Tiflis
20. Juni 2019Mehrere Tausend Demonstranten haben in Georgiens Hauptstadt Tiflis versucht, das Parlament zu stürmen. Polizisten drängten die Menschen mit Tränengas zurück. Dabei seien auch Gummigeschosse abgefeuert worden, meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Augenzeugen. Unklar ist, ob es einzelnen Teilnehmern der Kundgebung gelang, in das Gebäude einzudringen. Mindestens 240 Menschen wurden verletzt. 102 Personen würden in Krankenhäusern behandelt, berichten örtliche Medien unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Unter den Verletzten sind den Angaben zufolge 80 Polizisten. In ersten Berichten war von weit weniger Verwundeten die Rede.
Auslöser des Protests war die Rede eines russischen Abgeordneten im Plenum. Er hatte während einer internationalen Tagung vom Sitz des Parlamentspräsidenten Irakli Kobachidse aus gesprochen. Bei der Veranstaltung zu religiösen und politischen Fragen hatte der Duma-Abgeordnete den Vorsitz übernommen. Die Opposition in Georgien rief daraufhin zum Protest auf und forderte Kobachidses Rücktritt. Sie fürchtet nach eigener Darstellung einen wachsenden Einfluss Russlands auf die frühere Sowjetrepublik.
Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili kritisierte die Tagung im Parlament als Versuch Moskaus, eigene politische Ziele zu verfolgen. "Für Russland ist das die übliche Methode", sagte Surabischwili, die als prowestlich gilt. Sie wurde als Tochter georgischer Emigranten in Paris geboren und vertrat als Diplomatin fast drei Jahrzehnte lang Frankreich im Ausland, bevor sie nach Tiflis übersiedelte.
Kreml besorgt um Landsleute
Russland bezeichnete die Ereignisse als "anti-russische Provokation". Kreml-Sprecher Dmitry Peskow sagte vor Journalisten, die Entwicklung sei besorgniserregend, zumal sich zahlreiche russische Touristen in Georgien aufhielten.
Das Verhältnis zwischen Georgien und dem großen Nachbarn Russland ist zerrüttet. In einem kurzen Krieg verlor die Südkaukasusrepublik 2008 ihre abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien. Russland erkennt - trotz internationaler Kritik - beide Regionen als unabhängige Staaten an.
jj/wa (dpa, afp)