Viel Geld für den Breitbandausbau
21. Oktober 2015In Deutschland leben die meisten Menschen abseits der großen Städte. Viele, auch auf dem Weltmarkt agierende Firmen haben ihren Sitz in kleinen Städten oder sogar Dörfern. Doch besonders in den ländlichen Gebieten hapert es noch immer mit dem Zugang zu einem schnellen Internet.
So kann derzeit (Stand: Mitte 2015) im Bundesland Sachsen-Anhalt nur jede zweite Firma und jede zweite Person mit mehr als 50 Mbit/s im Internet surfen. Wobei hiermit die Download-Geschwindigkeit gemeint ist. Beim Upload, also wenn jemand zum Beispiel seine Geschäftsdaten an die Zentrale übermitteln will, sieht es noch schlechter aus. In Städten wie Berlin oder Hamburg dagegen gibt es fast überall eine zeitgemäße Internetanbindung. Ein Grund dafür ist auch die unterschiedliche Hardware: Die in Städten üblichen Glasfaserkabel ermöglichen eine schnellere Datenübertragung als die in ländlichen Gebieten noch üblichen Kupferleitungen.
Derzeit steht Deutschland im internationalen Vergleich damit nicht gut da. Über die konkreten Vergleichszahlen streiten sich allerdings die Experten. Eine unterschiedlich gewichtete Frage zum Beispiel ist die, wie ein schnelles Handy-LTE-Netz in die Berechnungen einfließt. Was man aber sagen kann: In den meisten Statistiken ist Deutschland weit von einem Spitzenplatz entfernt. In Ländern wie Australien oder Finnland zum Beispiel wird längst am noch schnelleren 100-Mbit-Standard gearbeitet.
2,7 Milliarden sind im Topf
Um wenigstens landesweit eine Grundversorgung zu gewährleisten, hat sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer "Digitalen Agenda" vorgenommen, bis zum Jahr 2018 für alle den 50-Mbit-Standard umzusetzen. Doch das geht nicht ohne die Wirtschaft, da sich in Deutschland der Staat aus dem Telekommunikationssektor weitestgehend zurückgezogen hat. Ein Ausbau in entlegenen Regionen aber lohnt sich wirtschaftlich in der Regel für eine Firma nicht.
Um den sogenannten Breitbandausbau trotzdem anzukurbeln, hat die Bundesregierung nun ein milliardenschweres Förderprogramm verabschiedet. Es stammt vom Infrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU). 2,7 Milliarden Euro sind im Topf.
Das Geld stammt etwa je zur Hälfte aus der Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen an Telekommunikationskonzerne und dem Bundeshaushalt. Minister Dobrindt will damit, die "weißen Flecken auf der Landkarte" beseitigen.
Staat und Wirtschaft kooperieren
Mit bis zu 15 Millionen Euro können einzelne Projekte bezuschusst werden. Der Antrag muss von den Kommunen oder Landkreisen kommen, die dann später auch die Koordinierung übernehmen sollen. Der Bau und der Betrieb der neuen oder besseren Infrastruktur aber ist Sache der Privatwirtschaft. Die Anträge werden nach einem Punktesystem bewertet: Je abgelegener die Region, umso mehr Punkte gibt es. Gebiete, in denen die derzeitige Internetanbindung besonders schlecht ist, sollen in der Liste der Projekte von vornherein nach oben rutschen. Bonuspunkte sind vorgesehen, wenn ein Ausbau in Richtung 100 Mbit/s (!) in Aussicht gestellt wird.
Schon Anfang November könnte es losgehen. Nicht nur die späteren Baukosten, sondern auch schon Planungs- und Beratungskosten mit bis zu 50.000 Euro können sich die Kommunen oder Landkreise bezuschussen lassen. Mehrmals im Jahr soll über neue Projekte entschieden werden. Nach einigem Hickhack zwischen Bund und Ländern wird nun ein gemeinsamer Bund-Länder-Beirat als Kontrollinstanz eingesetzt. Zwischen beiden Ebenen hatte es im Vorfeld Streit gegeben. Denn in den Bundesländern laufen bereits Förderprogramme. Befürchtet wurde, dass sich die Programme gegenseitig in die Quere kämen und alles noch "komplizierter" werde, wie es in einer Stellungnahme mehrerer Bundesländer hieß.
Das wird nicht reichen
Der Bitkom-Verband, Deutschlands wichtigster Branchenvertreter der digitalen Wirtschaft, begrüßte das Vorhaben. Mit dem Förderprogramm könne der Ausbau auch dort gelingen, wo dieser wirtschaftlich mittelfristig nicht wirtschaftlich sei, heißt es in einer Stellungnahme vom September. Aktuell lautet das Urteil, der jetzige Plan dürfe nur ein Zwischenschritt zur Gigabit-Gesellschaft sein.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen betonte, dass ein schnelles Internet zur Grundversorgung in Deutschland zählen solle.
Das Geld dürfe nicht mit der Gießkanne verteilt werden, warnte der Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für digitale Infrastruktur, Ulrich Lange, sondern müsse sich an den beschlossenen Prioritäten orientieren. Lange begrüßte, dass bei der Versorgung mit Glasfaserkabeln auch Gewerbegebiete Vorrang genießen sollen. Die Bundesländer seien nun in der Pflicht, so Lange, mit entsprechenden Landesmitteln ihren Beitrag für die digitale Infrastruktur zu leisten. Langes Appell hat den Hintergrund, dass einige Kommunen in Deutschland mit einer Haushaltssperre belegt sind und deshalb ihren Eigenanteil nicht leisten könnten. In diesen Fällen sollen dann die Länder aushelfen. Denn der Zuschuss vom Bund deckt nur 50 Prozent, in Ausnahmefällen 70 Prozent der Kosten.