Verurteilt wegen Tiananmen-Mahnwache
9. Dezember 2021Damit erging ein weiterer Schuldspruch gegen prominente Hongkonger Bürgerrechtler wegen ihrer Teilnahme im vergangenen Jahr an dem Gedenken an die Opfer der gewaltsamen Niederschlagung der Demokratiebewegung in China im Jahr 1989. Außer dem bereits inhaftierten Verleger der unter Druck der Behörden eingestellten Zeitung "Apple Daily", Jimmy Lai, wurden die Anwältin und Mit-Organisatorin Chow Hang-Tung sowie die Aktivistin Gwyneth Ho verurteilt, unter anderem wegen Anstiftung und Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung. Die Strafen werden zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.
Lai, Chow und Ho hatten auf nicht schuldig plädiert, andere zu der Mahnwache am 4. Juni 2020 aufgerufen zu haben. Der Medienunternehmer Lai gilt als scharfer und prominenter Kritiker Chinas. Er wurde bereits in zwei ähnlichen Fällen zu jeweils 14 Monaten Gefängnis verurteilt und ist seit letztem Jahr in Haft.
Die drei sind die letzten von mehr als zwei Dutzend pro-demokratischen Politikern und Aktivisten, die wegen der Mahnwache im Hongkonger Victoria-Park angeklagt wurden. Nach dem Erlass strenger "Sicherheitsgesetze" in der chinesischen Sonderverwaltungsregion durch Peking hatte die Polizei 2020 das Gedenken an die Opfer des Massakers auf dem Tiananmen-Platz erstmals seit 30 Jahren untersagt. Als Begründung wurde auf notwendige Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie verwiesen, was Vertreter der Demokratiebewegung als Vorwand kritisiert hatten.
Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China hatte die Kerzenandacht jedes Jahr Zehntausende Menschen angezogen. Auch in diesem Jahr wurde sie verboten. Allerdings versuchten viele Hongkonger, das Verbot von Mahnwachen kreativ zu umgehen.
Unter dem Druck der umstrittenen sogenannten Sicherheitsgesetze, die China mehr Zugriff auf Hongkong ermöglichen, wurde der lange verfolgte Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" aus Sicht von Kritikern durch ein repressives "ein Land, ein System" ersetzt, indem politische Mitsprache sowie Meinungs- und Versammlungsfreiheit zunehmend eingeschränkt werden. Peking hatte die Gesetze im vergangenen Jahr trotz internationaler Kritik als Reaktion auf die Proteste der Demokratie-Bewegung erlassen.
qu/sti (dpa, afp, rtr)