Gedenken an Tiananmen
4. Juni 2021Die in dem Netzwerk der "Mütter von Tiananmen" zusammengeschlossenen Angehörigen fordern in einem offenen Brief die Offenlegung der Wahrheit über das Massaker sowie Entschädigung. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, heißt es in dem Schreiben, das die Menschenrechtsorganisation Human Rights in China (HRiC) zum Jahrestag veröffentlichte.
"Aber 32 Jahre später sehen wir noch immer keinen offiziellen Versuch, die Informationen über das Blutbad zu entsiegeln und zu enthüllen." Ihre Forderung an die Führung in Peking, eine gerechte Aufarbeitung der Geschehnisse. Das Massaker bleibe "ein Tabu für die Regierung", so die Kritik in dem Brief.
Bei dem Einsatz der Volksbefreiungsarmee gegen friedliche Demonstranten um den Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) in Peking waren am 4. Juni 1989 einige hundert Menschen getötet worden. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. Tausende wurden verletzt und inhaftiert.
Hongkonger Polizei nimmt Aktivistin fest
Öffentliches Gedenken an die Tiananmen-Opfer ist in China verboten. Das war schon immer so - aber inzwischen gilt das Verbot auch für Hongkong. Dort nahm die Polizei eine bekannte Demokratie-Aktivistin in Gewahrsam, die an die blutige Niederschlagung der Proteste erinnern wollte. Die Juristin Chow Hang-tung sei vor ihrem Büro von vier Polizisten in Zivil festgenommen und in einer schwarzen Limousine weggebracht worden, hieß es.
Neben Chow wurde ein 20-Jähriger festgenommen, wie weiter bekannt wurde. Beiden werde vorgeworfen, in den Online-Netzwerken Aufrufe zu nicht genehmigten Versammlungen veröffentlicht zu haben. Sie hätten "für verbotene öffentliche Aktivitäten geworben" und andere aufgerufen, daran teilzunehmen.
Chow ist eine der stellvertretenden Vorsitzenden einer Allianz, die jedes Jahr am 4. Juni eine Mahnwache zum Gedenken an die Opfer der brutalen Niederschlagung von 1989 organisiert. Die Behörden in Hongkong hatten die Gedenkveranstaltung im Victoria-Park bereits zum zweiten Mal in Folge unter Verweis auf die Corona-Pandemie verboten.
Der Park wurde abgeriegelt, Polizisten versuchten Menschen mit Lautsprechern aus den umliegenden Straßen zu vertreiben. Wer sich doch dem Park nähern wollte, wurde angehalten und durchsucht. Rund 7000 Polizisten waren im Einsatz, um mögliche Versammlungen zu unterbinden. Bis zum späten Abend sprach die Polizei von mindestens sechs Festnahmen wegen Verstößen gegen das Versammlungsverbot und anderer Delikte.
Nicht alle Hongkonger ließen sich davon beeindrucken. Sie versuchten das Verbot der traditionellen Mahnwache zu umgehen. Zwar nicht in dem Park, aber davor, waren nach Einbruch der Dunkelheit zahlreiche Fußgänger unterwegs, die mit einer Kerze in der Hand oder den Leuchten ihrer Smartphones die Straße entlang gingen. Auch in anderen Teilen der Stadt kamen Menschen zusammen, um auf diese Art zu gedenken. Viele Hongkonger zündeten Kerzen in ihren Fenstern oder auf ihren Balkonen an.
Im Vorjahr waren es Zehntausende
Im vergangenen Jahr hatten sich anlässlich des Jahrestages der Niederschlagung der studentischen Pro-Demokratie-Proteste zehntausende Menschen in Hongkong dem Versammlungsverbot widersetzt. Mehrere Demokratie-Aktivisten wurden wegen ihrer Teilnahme verurteilt, darunter auch Joshua Wong, einer der bekanntesten Vertreter der Demokratie-Bewegung.
Gegen den wachsenden Einfluss Pekings hatte es in Hongkong 2019 monatelange Massenproteste gegeben. Als Reaktion darauf erließ die chinesische Führung im vergangenen Jahr das umstrittene sogenannte Sicherheitsgesetz, das den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten erlaubt, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen.
qu/uh/haz (dpa, afp, ap, rtr)