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KonflikteIsrael

Vermitteln China und Saudi-Arabien im Israel-Iran-Konflikt?

16. April 2024

Nach dem Angriff des Irans auf Israel ist die Lage nach wie vor angespannt. Die israelische Armee kündigte "Reaktionen" an. Möglicherweise wollen Peking und Riad vermitteln.

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Chinas Außenminister Wang Yi sitzt rechts von Saudi-Arabiens Außenminister Faisal bin Farhan an einem Tisch vor Flaggen von UN-Mitgliedsstaaten
Die Außenminister Saudi-Arabiens und Chinas, Faisal bin Farhan (links) und Wang Yi, bei einem Treffen im November 2023 in New YorkBild: Murat Gok/Anadolu/picture alliance

China ist seinem Außenminister Wang Yi zufolge bereit, mit Saudi-Arabien zusammenzuarbeiten, um eine weitere Eskalation im Nahen Osten zu verhindern. Das habe Wang seinem saudi-arabischen Kollegen Faisal bin Farhan bin Abdullah in einem Telefonat gesagt, meldete die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf einen Regierungsvertreter.

China wisse den Nachdruck Saudi-Arabiens zu schätzen, das Problem des Angriffs auf das iranische Konsulatsgebäude in Syrien auf diplomatischem Wege zu lösen. Der saudi-arabische Außenminister habe erklärt, sein Land hege hohe Erwartungen, dass China eine aktive und wichtige Rolle dabei spiele, die eskalierte Situation im Nahen Osten wieder auf den Weg der Normalität zu bringen.

Telefonat mit Teheran

In einem weiteren Telefonat hat Außenminister Wang Yi chinesischen Staatsmedien zufolge mit seinem iranischen Kollegen Hossein Amir-Abdollahian gesprochen. Dieser habe dabei gesagt, sein Land sei bereit, Zurückhaltung zu üben, schrieb die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Der Iran habe nicht die Absicht, die Spannungen zu verschärfen. Die aktuelle Situation in der Region sei sehr heikel.

Außenminister Wang Yi China und Hossein Amir Abdollahian Iran
Chinas Außenminister Wang Yi bei einem Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian im November 2021 in HangzhouBild: China's Ministry of Foreign Affairs/Xinhua/picture alliance

Laut Xinhua legte Amir-Abdollahian die Position Teherans zu dem Angriff in der syrischen Hauptstadt Damaskus Anfang des Monats dar, der Israel zugeschrieben wird. Der Iran habe das Recht auf Selbstverteidigung als Antwort auf die Verletzung seiner Souveränität. Den Angriff auf die iranische Vertretung in Syrien verurteile China aufs Schärfste und lehne ihn entschieden ab. Die Volksrepublik betrachte ihn als schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts und als "inakzeptabel".

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi warnte ausdrücklich vor den Folgen eines Gegenangriffs: "Die geringste Aktion gegen die Interessen Irans" werde eine "harte, umfassende und schmerzhafte Reaktion" seines Landes zur Folge haben, sagte Raisi nach Angaben des Präsidialamtes vom Dienstag in einem Telefonat mit Katars Emir Tamim bin Hamad al-Thani.

Der iranische Vize-Außenminister Ali Bagheri hatte am Montagabend im Staatsfernsehen gesagt, im Falle einer Reaktion müsse Israel "mit einem stärkeren, schnelleren und unmittelbareren Angriff" seines Landes rechnen. Diesmal werde Teheran nicht zwölf Tage warten, sagte Bagheri mit Blick auf den Zeitraum zwischen dem Angriff in Damaskus und dem Angriff auf Israel. Die Antwort werde "nicht in Tagen oder Stunden, sondern in Sekunden" erfolgen.

Israel kündigt "Reaktionen" an

Nach dem - weitestgehend folgenlosen - Großangriff des Irans hat Israels Armeechef Herzi Halevi eine Reaktion angekündigt. "Der Abschuss so vieler Raketen, Marschflugkörper und Drohnen auf das Territorium des Staates Israel wird eine Antwort zur Folge haben", sagte Halevi gemäß einer Erklärung der Armee am Montag bei einem Besuch auf der Militärbasis Nevatim im Süden Israels.

Israel Generalstabschef Herzi Halevi
Israels Armeechef Herzi Halevi (Archiv)Bild: IDF/UPI/newscom/picture alliance

Armeesprecher Daniel Hagari betonte, man werde tun, was immer nötig sei, um den Staat Israel zu schützen. "Wir werden es bei der Gelegenheit und zu dem Zeitpunkt tun, die wir selbst bestimmen."

Der Iran hatte in der Nacht zum Sonntag erstmals von seinem Staatsgebiet aus direkt Israel angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der über 300 vom Iran gestarteten Drohnen, Raketen und Marschflugkörper abgewehrt. Dabei wurde Israel unter anderen von den USA, Großbritannien und Jordanien unterstützt.

Scharfe Reaktionen auf iranischen Angriff auf Israel

Sorge um iranische Atomanlagen

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, zeigte sich besorgt, dass Israel bei einem Vergeltungsschlag gegen den Iran dessen Atomanlagen angreifen könnte. "Wir sind immer besorgt über diese Möglichkeit", antwortete er am Montag am Rande einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York auf eine entsprechende Reporterfrage.

Grossi rief zu äußerster Zurückhaltung auf. Die iranische Regierung habe die Inspektoren der IAEA darüber informiert, dass am Sonntag alle Atomanlagen, "die wir jeden Tag inspizieren, aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben". Obwohl die Anlagen am Montag wieder geöffnet worden seien, habe er die IAEA-Inspektoren ferngehalten, bis man sehe, dass die Lage völlig ruhig sei.

Die IAEA inspiziert regelmäßig die wichtigsten iranischen Atomanlagen, darunter die Uran-Anreicherungsanlage in Natans, die das Herzstück des Atomprogramms des Irans bilden. Der Iran nutzt nach eigenen Angaben sein Atomprogramm nur zu friedlichen Zwecken. Westliche Staaten werfen dem Land vor, es strebe nach Atomwaffen. Teheran bestreitet dies.

Dringlichkeitssitzung der EU-Außenminister, Baerbock in Israel

Die Lage in Nahost beschäftigt auch die Außenminister der Europäischen Union. An diesem Dienstag beraten sie in einer Dringlichkeitssitzung per Videokonferenz über die Folgen des iranischen Angriffs auf Israel in der Nacht zum Sonntag. Ziel des virtuellen Treffens ist es nach den Worten des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, "zur Deeskalation und zur Sicherheit in der Region beizutragen". Vertreter aus Brüssel und den Mitgliedsstaaten hatten den iranischen Angriff scharf verurteilt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reist nach eigenen Angaben noch an diesem Dienstag erneut nach Israel. "Wir werden darüber sprechen, wie eine weitere Eskalation verhindert werden kann", sagte Baerbock nach einem Gespräch mit ihrem jordanischen Amtskollegen Ayman Safadi in Berlin. Die Grünen-Politikerin kündigte zudem an, sich für eine Verschärfung der Sanktionen gegen die iranische Drohnenproduktion einzusetzen. Sie habe sich mit Frankreich und anderen EU-Partnern bereits im vergangenen Herbst dafür eingesetzt, das Sanktionsregime gegen den Iran auf weitere "Raketentechniken, die in Irans Arsenal vorhanden sind" einzusetzen, sagte Baerbock. Sie hoffe, "dass wir diesen Schritt als EU jetzt endlich gemeinsam gehen können".

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock steht an einem Pult vor einer deutschen und einer EU-Flagge
Bundesaußenministerin Annalena BaerbockBild: Jörg Carstensen/dpa/picture alliance

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes wird die Ministerin am Mittwoch Gespräche mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu, Außenminister Israel Katz sowie Oppositionsführer Benny Gantz führen, der ebenfalls dem israelischen Kriegskabinett angehört. Von Israel aus reise Baerbock dann am Mittwochabend weiter zum G7-Außenministertreffen auf der italienischen Insel Capri.

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ist es bereits die siebte Reise der Ministerin nach Israel.

Der Iran steht auf der Seite der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas, deren Kämpfer am 7. Oktober Israel angegriffen und dabei Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt hatten. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1160 Menschen getötet und rund 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Vernichtung der Hamas. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden in dem Palästinensergebiet seitdem mehr als 33.800 Menschen getötet.

mak/gri/kle/hf (dpa, afp, rtr)