Verfassungsschutz warnt vor Spionage
4. Juli 2017Kurz vor dem G20-Gipfel in Hamburg hat der Verfassungsschutz wichtigen Teilnehmerstaaten wie Russland, China und der Türkei wachsende Spionageaktivitäten in Deutschland vorgeworfen. "Die Russische Föderation, die Volksrepublik China und die Islamische Republik Iran sind die Hauptakteure der gegen Deutschland gerichteten Spionageaktivitäten", heißt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur im neuen Verfassungsschutzbericht. Genannt wird in diesem Zusammenhang auch die Türkei.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, haben das mehr als 300 Seiten umfassende Papier in Berlin vorgestellt. Der Verfassungsschutz ist in Deutschland für die Spionageabwehr verantwortlich.
Systematische Spionageattacken auf Institutionen
Beide Staatschefs, Russlands Präsident Wladimir Putin und der chinesische Präsident Xi Jinping werden auch auf dem G20-Gipfel in Hamburg erwartet. Xi berät sich an diesem Dienstag mit Putin in Moskau, danach reist er nach Berlin weiter, wo er am Mittwoch von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen wird.
Russland und China seien bei Cyberangriffen auf Deutschland mehrfach als Angreifer erkannt worden, heißt es in dem Bericht. "Nachhaltigkeit und Zielauswahl der Angriffe" zeigten deutlich den Versuch, Politik und Bundesverwaltung strategisch auszuspionieren. Hauptsächlich betroffen seien das Auswärtige Amt und dessen Vertretungen im Ausland, das Finanzministerium sowie das Wirtschaftsministerium. Auch das Kanzleramt und Dienststellen der Bundeswehr stünden im Fokus.
Vorsicht vor manipulierten E-Mails
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) warnt zudem vor einer Beeinflussung der Bundestagswahl durch russische Cyber-Attacken auf deutsche Parteien und Politiker. In der Folge müssten Opfer der "Ausspähung vertraulicher E-Mails oder sonstiger sensibler Daten jederzeit damit rechnen, dass brisante oder kompromittierende Sachverhalte publik gemacht werden", zitiert die "Bild"-Zeitung aus dem Bericht.
Zugleich warnt der Verfassungsschutz vor Abhöraktionen ausländischer Geheimdienste im Berliner Regierungsviertel. Dafür eigneten sich "wegen ihrer günstigen Lage und ihrer Exterritorialität besonders die Botschaftsgebäude im Zentrum Berlins" und andere vergleichbare diplomatische Vertretungen, heißt es in dem Bericht. Es müsse "bei allen über Funk geführten Kommunikationsverbindungen" wie bei Gesprächen mit Mobiltelefonen oder WLAN-Verbindungen mit einer Überwachung gerechnet werden. Attacken häuften sich regelmäßig im Zusammenhang mit wichtigen wirtschafts- und finanzpolitischen Treffen, heißt es weiter. Hochrangige Entscheidungsträger und deren unmittelbare Mitarbeiter würden in geschickt gestalteten E-Mails an einer vermeintlichen Kommunikation der Chefunterhändler auf Regierungsebene beteiligt. Die Empfänger sollten einen Schadanhang der Mails öffnen und so eine Infektion der Systeme auslösen.
Türkei spioniert Oppositionelle aus
Dem zivilen türkische Nachrichtendienst MIT halten die Verfassungsschützer vor, er versuche über seine Residenturen in verschiedenen offiziellen Repräsentanzen der Türkei in Deutschland, "über die türkische Gemeinde hinaus Einfluss auf die Meinungsbildung in Deutschland zu nehmen". Kernaufgabe des MIT sei aber die Aufklärung über Oppositionelle. Im Fokus stehe etwa die auch in Deutschland verbotene "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird zur G20-Runde am Freitag und Samstag in Hamburg erwartet. Mit ihm gibt es unter anderem Spannungen, weil die Bundesregierung Erdogan Auftritte vor Parteifreunden und Anhängern in der Bundesrepublik im Umfeld des Gipfels verboten hat.
Auch Reichsbürger im Fokus
Der Verfassungsschutzbericht befasst sich auch mit der "Reichsbürger"-Szene, die das BfV seit November 2016 beobachtet. Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an und behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Das Bundesamt fordere in diesem Zusammenhang, dass Polizeibehörden leichter Auskünfte aus dem nationalen Waffenregister bekommen sollten, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bisher darf die Polizei Daten nur bei konkreten Ermittlungen und vor einer konkreten Maßnahme abfragen.
as/pab (dpa, Bild-Zeitung)