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Politik

USA schieben Menschen mit Coronavirus ab

22. Mai 2020

Die USA haben Einreisen stark eingeschränkt. Für Ausreisen bleiben die Grenzen offen, es gibt Abschiebeflüge nach Lateinamerika - und viele der Menschen an Bord haben COVID-19. Aus Washington Carla Bleiker.

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Guatemala Guatemala-Stadt | Coronavirus: Aus den USA abgeschobene Guatemalteken
Aus den USA nach Guatemala abgeschoben - diese Menschen sind gerade angekommenBild: picture-alliance/dpa/AP/M. Castillo

Das Coronavirus breitet sich in den USA weiter aus. Mittlerweile verzeichnet das Land mehr als 90.000 Tote und ist damit die unangefochtene traurige Nummer eins weltweit. Präsident Donald Trump hat zwar strikte Einreisebeschränkungen und Anti-Einwanderungsregeln verhängt. Aber Flugzeuge mit Personen, die aus den USA abgeschoben werden, starten weiterhin Richtung Lateinamerika und in die Karibik. Unter den Passagieren sind etliche, die mit dem Coronavirus infiziert sind.

Kritiker sagen, die USA verbreiteten durch ihre rücksichtslose Abschiebepraxis das Virus in Ländern, deren Gesundheitssysteme mit der Pandemie hoffnungslos überfordert sind. Haiti, ein Land mit rund elf Millionen Einwohnern, hat weniger als 60 Beatmungsgeräte. Erst nach einem Bericht der Zeitung "Miami Herald" mussten fünf Haitianer, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, vorgesehenen Abschiebeflug in ihr Heimatland nicht antreten.

"Die US-Regierung ist definitiv mitverantwortlich für die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie", schreibt Ariana Sawyer, Immigrationsexpertin für das US-amerikanische Programm der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, der DW. "Trotz weltweiter Reisebeschränkungen und gegen die Empfehlung von Gesundheitsexperten hat die Immigrationsbehörde ICE Menschen abgeschoben, die positiv auf das Virus getestet wurden."

Guatemala Guatemala-Stadt | Coronavirus: Aus den USA abgeschobene Guatemalteken
Vom Flugzeug in den Bus: Aus den USA abgeschobene GuatemaltekenBild: picture-alliance/dpa/AP/M. Castillo

Ein Land, das besonders mit den Konsequenzen dieser Abschiebungen zu kämpfen hat, ist Guatemala. Der Staat in Mittelamerika hat Abschiebeflüge aus den USA in den vergangenen Wochen immer mal wieder ausgesetzt, aber Guatemala will es sich mit dem mächtigen Partner im Norden nicht verscherzen. Und der besteht darauf, dass Migranten weiterhin ohne viel Aufwand zurückgeschickt werden. Das kommt schließlich gut bei Trumps potenziellen Wählern an. Ein US-amerikanischer Regierungsbeamter sagte dem Magazin "The New Yorker", das Weiße Haus habe "keine Zeit für Guatemalas Schwachsinn. Die Abschiebungen müssen weitergehen." Trump hat den Ländern, die die Aufnahme deportierter Migranten ablehnen, Sanktionen angedroht.

"Wuhan des amerikanischen Kontinents"

Guatemalas Gesundheitsminister Hugo Monroy sagt, 50 bis 75 Prozent der Deportierten hätten das Coronavirus. Nachdem die Regierung von Präsident Alejandro Giammattei sich daraufhin über die hohe Anzahl von COVID-19-positiven Rückkehrern beschwert hatte, schickten die USA Experten der Centers for Disease Control and Prevention, des staatlichen Zentrums für Gesundheitsprävention, nach Guatemala. Sie untersuchten zwölf zufällig ausgewählte Migranten, die mit einem Abschiebeflug aus den USA nach Guatemala gekommen waren. Alle zwölf, so Giammattei, wurden positiv getestet.

Die Abschiebeflüge aus den USA verschärften die Corona-Krise in seinem Land, so Guatemalas Gesundheitsminister. Er nannte die USA "das Wuhan des amerikanischen Kontinents", in Anlehnung an die chinesische Provinz, in der das Virus zuerst entdeckt wurde und von der aus es sich in der Welt verbreitete.

Guatemala | Migranten | USA | Coronavirus
Deportierte aus dem USA werden in Guatemala in Empfang genommenBild: Getty Images/AFP/J. Ordonez

Auf Drängen der Regierung Guatemalas hat die US-Einwanderungsbehörde ICE, die sich um die Durchführung der Abschiebungen kümmert, mittlerweile einige Zugeständnisse gemacht. So sollen alle Einwanderer vor ihrer Abschiebung untersucht werden. Wer beispielsweise eine Körpertemperatur von mehr als 37,2 Grad Celsius hat, soll statt ins Flugzeug in eine Quarantäne-Einrichtung kommen. Aber werden die ICE-Beamten, die normalerweise keine medizinische Ausbildung haben, jede einzelne Untersuchung kompetent durchführen können? "Ich wäre da skeptisch", sagte ein ICE-Beamter dem "New Yorker".

"Die ICE trägt die Verantwortung dafür, dass Migranten vor ihrer Abschiebung getestet werden", so Sawyer. "Aber wir haben gesehen, dass die ICE in den meisten Fällen nicht auf das Coronavirus testet. Stattdessen kontrollieren sie die Personen, die abgeschoben werden sollen, auf Fieber und andere Symptome. Dabei ist bekannt, dass viele, die das Virus haben, keine Symptome zeigen. Das bedeutet, dass diese Untersuchungen nicht ausreichen."

Demokraten fordern Corona-Tests vor Abschiebungen

Ins gleiche Horn stößt auch die Opposition in Washington. Einige demokratische Senatoren, darunter die ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders und Elizabeth Warren, unterschrieben einen offenen Brief an die Trump-Regierung, in dem sie fordern, dass alle Migranten, die deportiert werden sollen, vorher auf COVID-19 getestet werden. Diejenigen, bei denen der Test positiv ausfällt, sollen "angemessene medizinische Versorgung" erhalten. Die Abschiebung müsse ausgesetzt werden, "bis sie sich erholt haben und nicht länger ansteckend sind", heißt es in einer Presseerklärung zu den Forderungen.

"Personen, die COVID-19 haben, zwangsweise (in ihre Herkunftsländer) zurückzuschicken", schrieben die Senatoren in dem Brief an Außenminister Mike Pompeo, "verstößt gegen die humanitären und gesundheitlichen Standards, die unsere Nation in Zeiten der Pandemie aufrechterhalten muss."

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker