US-Notenbank signalisiert baldige Zinswende
26. Januar 2022Angesichts der hohen Inflationsrate und der guten Lage am Arbeitsmarkt werde es "bald angemessen sein", den Leitzins zu erhöhen, teilte die amerikanische Zentralbank in Washington mit. Nach der geldpolitischen Sitzung erklärte Federal Reserve (Fed), sie belasse den Leitzins einstweilen noch in der Spanne von null bis 0,25 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell ist in Sorge über die hartnäckig hohe Inflation und hat ein Ende der lockeren Linie signalisiert.
Nach der aktuellen Sitzung der Fed sagte er vor Journalisten: "Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Inflation im Laufe des Jahres zurückgehen wird." Die Kontrolle der Inflation sei entscheidend für einen starken Arbeitsmarkt. "Wir glauben, das Beste, was wir tun können, um anhaltende Zuwächse beim Arbeitsmarkt zu unterstützen, ist die Förderung einer langen Expansion, und das erfordert Preisstabilität.''
Schon Mitte März dürfte die Zentralbank erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie den Zins erhöhen und im Jahresverlauf nachlegen. Einer Fed-Prognose vom Dezember zufolge sind bis Jahresende bis zu drei Zinsschritte wahrscheinlich. Mehrere Mitglieder des Zentralbankrats hatten jüngst bereits eine baldige Erhöhung des Leitzinses für die weltgrößte Volkswirtschaft signalisiert. Viele Analysten rechnen als ersten Schritt mit einer Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte.
Voraussetzung ist jedoch der Stopp des in der Pandemie eingeführten großen Wertpapierkaufprogramms, dessen baldiges Ende von der Fed besiegelt wurde. Das monatliche Abbautempo bei den Zukäufen hat sich ab Mitte Januar bereits auf 30 Milliarden Dollar verdoppelt. Anfang März soll dieses als Tapering bekannte Manöver nun abgeschlossen werden, womit der Weg für eine Zinserhöhung frei wäre. Die Fed hatte die Leitzinsen im März 2020 angesichts der verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft auf zwischen Null und 0,25 Prozent gesenkt.
Für stabile Preise sorgen
Die Fed ist den Zielen der Preisstabilität und Vollbeschäftigung verpflichtet. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich sehr positiv: Die Arbeitslosenquote fiel im Dezember auf 3,9 Prozent und viele Unternehmen klagen bereits über einen Mangel an Bewerbern. Vor der Corona-Krise hatte die Arbeitslosenquote bei 3,5 Prozent gelegen, dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten.
Doch die Inflation macht der Notenbank zu schaffen. Bis Ende 2021 hatte sie die hohe Teuerungsrate noch als "vorübergehendes" Phänomen infolge der Corona-Krise bezeichnet. Doch die Preise steigen seit Monaten immer weiter, weswegen die Fed die Geldpolitik nun schneller strafft. Eine Erhöhung des Leitzinses würde die Inflation drosseln, aber auch das Wirtschaftswachstum ausbremsen. Die Inflation war im Dezember im Vergleich zum Vorjahr auf 7 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Wert seit fast 40 Jahren.
Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Dollar weniger kaufen können als zuvor. Experten machen unter anderem die rasche wirtschaftliche Erholung von der Corona-Krise, großzügige Konjunkturprogramme sowie Unterbrechungen globaler Lieferketten für den Anstieg der Preise verantwortlich.
Ein Problem für Biden
Die Teuerungsrate ist auch für Präsident Joe Biden problematisch, denn viele Wähler machen die Regierung dafür verantwortlich. Grob gesagt: Je höher die Preise, desto mehr fallen Bidens Umfragewerte. Das macht dem Präsidenten und seinen Demokraten zu schaffen, denn sie bemühen sich bei der Kongresswahl im November, ihre knappen Mehrheiten in beiden Parlamentskammern zu verteidigen.
Obwohl sich viele Menschen in Umfragen unzufrieden über die wirtschaftliche Entwicklung äußern, brummt die US-Konjunktur bislang: Am Donnerstag wird die Regierung die erste Schätzung zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2021 bekanntgeben. Finanzministerin Janet Yellen erwartet ein rasantes Wachstum von rund 5,3 Prozent, die Fed rechnete zuletzt mit einem Plus von 5,5 Prozent.
kle/MM (dpa, afp, rtr)