Sanktionen vom Tisch?
18. Dezember 2013Außenminister John Kerry trat auf die Bremse. "Wir bitten Sie: Geben Sie unseren Verhandlungsführern und Experten den nötigen Spielraum, ihren Job zu machen", flehte er den US-Kongress an. "Stimmen Sie nicht für neue Sanktionen, solange wir verhandeln."
Kerry, der als Senator selbst einige Male für Wirtschaftsstrafen gegen den Iran gestimmt hat, stemmt sich zur Zeit gegen die Zweifler im Kongress.
Bereits Monate vor dem Atomdeal von Genf hatte das amerikanische Repräsentantenhaus im Juli eine Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Teheran beschlossen. Der Durchbruch bei den Genfer Gesprächen änderte daran nichts. Unter den Abgeordneten gibt es viele Gegner des Abkommens. Sie befürchten, dass die Führung in Teheran zu glimpflich davon kommt, bevor sie umfassende Zugeständnisse macht.
"Angesichts der Täuschungen durch den Iran in der Vergangenheit können wir klarsichtigen Pragmatismus nicht durch irrige Hoffnung ersetzen", so der Vorsitzende des Senats-Ausschusses für Auswärtige Beziehungen, Bob Menendez, in einem Gastbeitrag für die USA Today. "Schärfere Sanktionen werden für den Iran ein Anreiz sein, sein Atomwaffenprogramm überprüfbar abzubauen."
Überzeugungsarbeit
Doch zuständig für Sanktionen ist im Senat der Bankenausschuss. Und den konnte Kerry überzeugen. Der demokratische Vorsitzende Tim Johnson und sein republikanischer Stellvertreter Michael Crapo machten klar, dass sie zumindest in diesem Jahr nicht mehr an der Sanktionsschraube drehen möchten. "Ich unterstütze scharfe Sanktionen", sagte Johnson. Doch Kerrys Bitte der Regierung um eine "diplomatische Pause" sei vernünftig. Sollte der Iran sich nicht an die Vereinbarungen halten, werde der Senat jedoch schnell ein neues Sanktionsgesetz verabschieden, warnte Johnson.
Die Verschnaufpause für Kerry hält hoffentlich lange an - meint Cameron Abadi, Experte des Think-Tanks Council on Foreign Relations. Neue Sanktionen machten die USA in den Augen Irans zum unglaubwürdigen Verhandlungspartner. Außerdem könnten sie die gemäßigten Kräfte im Iran schwächen. "Hardliner in der iranischen Regierung - vor allem die Revolutionsgarden - würden vermutlich die Oberhand gegen moderate Regierungsmitglieder wie Präsident Hassan Rohani und seinen Außenminister bekommen", meint Abadi. Bereits jetzt gebe es Spannungen zwischen beiden Lagern. "Und die Hardliner, die ohnehin skeptisch die USA beäugen, könnten Präsident Rohani und den Deal in Frage stellen."
Der Deal lautet: Teheran schränkt seine Urananreicherung ein - Washington lockert dafür die Sanktionsschraube. In Teilen ist sie 30 Jahre alt. Einige Strafen hat das Weiße Haus ohne den Kongress beschlossen. Sie kann Präsident Barack Obama auch ohne Zustimmung von Senat und Repräsentantenhaus wieder zurücknehmen, weiß Abadi. Und: Der Präsident könnte sogar neue Sanktionsgesetze zumindest eine Weile lang blockieren.
Veto des Präsidenten?
"Eine Möglichkeit wäre: Er könnte ein Veto einlegen. Er könnte beschließen, das vom Kongress verabschiedete Gesetz nicht zu unterschreiben", so Abadi. Doch dann hätte Obama ein Problem mit Demokraten wie Republikanern. Denn auch in seinen eigenen Reihen gibt es viele Rufe nach einer härteren Gangart gegen Teheran. "Obama könnte solch neue Sanktionen mit ein paar Tricks aufschieben", sagt Abadi. "Doch die Gesetzesvorlage wäre dann immer noch auf dem Tisch. Da könnte Obama dem Iran noch soviele Versprechen geben." Zumal in ein paar Jahren ein anderer US-Präsident regieren werde, der dazu vielleicht eine andere Meinung habe.
Platzt der Deal bereits in der sechsmonatigen Übergangsphase, platzen nach Meinung anderer Experten auch Chancen auf die schnellere Lösung von weiteren Problemen in der Region. In Syrien etwa, zu dessen Staatsführung Teheran enge Beziehungen unterhält. Doch Abadi bezweifelt einen großen Effekt. "Beide - der Iran und die USA - konzentrieren sich auf die Atomfrage. Sie sind zur Zeit nicht sonderlich an Verhandlungen darüber hinaus interessiert", meint er.
Fürs Erste schaffte der US-Senat das Thema so vom Tisch. Im selben Atemzug drehten die Amerikaner vergangene Woche jedoch an einer anderen Schraube: Sie setzten weitere Unternehmen und Privatleute aus dem Iran auf ihre Schwarze Liste mit Sündern nach den Regeln der alten Sanktionen. Angeblich sind es Firmen, die das iranische Atomprogramm unterstützen.