Saudi-Arabiens einsamer Weg
12. Dezember 2013Am Ende reichte es für eine gemeinsame militärische Kommandostruktur. Sie soll nun umgesetzt werden, beschlossen die Mitgliedsländer desGolfkooperationsrates(Kuwait, Saudi-Arabien, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate, Katar und Oman) auf ihrem Gipfel in Kuwait. Damit setzten sie ein seit längerem diskutiertes Vorhaben um - blieben aber hinter dem insbesondere von Saudi-Arabien ins Spiel gebrachten Ziel einer politischen Union zurück. Bloße Zusammenarbeit reiche nicht mehr, hatte die saudische Regierung vor dem Gipfel erklärt - die Staaten müssten eine Einheit bilden. Doch der Vorschlag traf nicht überall auf Begeisterung. Die Regierung Omans erklärte, käme es zu einer solchen Union, würde sie aus dem Kooperationsrat ausscheiden.
Die Erklärung zeigt, wie unterschiedlich die Interessen der in dem Rat zusammengeschlossenen Staaten sind. Die Union sollte insbesondere ein Zeichen der Stärke gegenüber dem Iran sein, der seit dem in Genf vereinbartenInterims-Abkommen mit den USA und deren westlichen Verbündetenpolitischen Aufwind verspürt. Anders als Saudi-Arabien pflegen Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate aber gute wirtschaftliche Beziehungen zum Iran. Diese wollen sie durch den Beitritt zu einer Union der Golfstaaten nicht aufs Spiel setzen.
Neues Verhältnis zu den USA
Nicht nur im Scheitern der Union zeigt sich die schwierige Lage der Golfstaaten. Auch das zögerliche "Ja" zum westlich-iranischen Interimsabkommen zeigt, wie isoliert sich die Golfstaaten derzeit fühlen. "Man spricht nicht mehr nur mit vorgehaltener Hand darüber, wie sinnvoll es ist, den USA zu vertrauen", kommentiert der politische Analyst Zahir Qassibati in der in London erscheinenden arabischen Tageszeitung "Al Hayat" den Verlauf des Gipfels. Doch nicht nur nach außen, auch nach innen seien die Staaten gefordert. Immer deutlicher würden die politischen Führer den Ruf der Jugend wie auch der Frauen nach politischen Reformen vernehmen. "Die jungen Menschen sehen sehr deutlich einen Interessenkonflikt: Auf der einen Seite steht der große Nachbar (Iran), der mit süßer Stimme davon spricht, die Rechte der Muslime zu verteidigen. Und auf der anderen der große Partner (USA), der Sicherheit verspricht - als ob die Länder des Golfkooperationsrates ihr Territorium nicht selbst verteidigen könnten", so Qassibati.
Der Gipfel signalisiere vor allem, dass die neue selbstbewusstere saudische Außenpolitik nicht einspruchsfrei hingenommen werde, sagt die Politikwissenschaftlerin Anna Sunik vom Hamburger GIGA-Institut. Die Beziehung Saudi-Arabiens zu den USA hat aber eine neue Dimension bekommen. "Bislang wurden strittige Fragen diplomatisch und unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Jetzt aber werden sie in den Medien ausgetragen."
Kontroverse um Terrorfinanzierung
Zwar sind beide Staaten immer noch aufeinander angewiesen: Die USA bleibe einer der Hauptabnehmer saudischen Öls. Saudi-Arabien sehe weiterhin die Vereinigten Staaten als Garanten von Sicherheit und Stabilität, so Sunik gegenüber der DW.
Allerdings haben die Vereinigten Staaten Saudi-Arabien in den letzten Jahren vorgeworfen, sunnitischen Terrorismus zu finanzieren. Zwar habe das Königreich auf Drängen der USA erhebliche Fortschritte dabei gemacht, Geldtransfers an Terroristen zu unterbinden, schrieb die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton 2009 in einer später von Wikileaks veröffentlichten Note: "Allerdings stellen Sponsoren in Saudi-Arabien weiterhin die bedeutendste Quelle zur Finanzierung sunnitischer Terrorgruppen weltweit dar."
Diese Quellen belasten das amerikanisch-saudische Verhältnis auch im Hinblick auf Syrien. Die USA und Großbritannien haben ihre Hilfe für die syrischen Kämpfer eingestellt, nachdem radikale Islamisten Waffenlager gemäßigter Aufständischer gestürmt hatten. Einem Bericht der britischen Zeitung Independent zufolge plant man im saudischen Außenministerium, bis zu 50.000 sunnitische Kämpfer nach Syrien zu entsenden, die dort gegen das Regime von Baschar al-Assad kämpfen sollen. Dabei hätten die Saudis bereits schlechte Erfahrungen mit religiös motivierten Kämpfern gemacht, sagt Anna Sunik - vergleichbar mit jenen der US-Amerikaner mit afghanischen Mudschahedin, die sich später gegen sie gerichtet haben. "In Syrien hat das zu einer stärkeren Konfessionalisierung des Konflikts und dadurch zu einer weiteren Verhärtung der Fronten geführt", so Sunik.
Fragwürdige Strategie
Doch nicht nur in Syrien hat die Anwesenheit sunnitischer Terroristen längst dramatische Folgen. Langfristig stellten sie auch eine Gefahr für Saudi-Arabien selbst dar, sagt der am Münsteraner "Exzellenzcluster Religion und Politik" forschende Islamwissenschaftler Menno Preuschaft im Gespräch mit der DW. "Man muss damit rechnen, dass sich die Kämpfer auch gegen ihr Heimatland richten werden, wenn der Konflikt in Syrien irgendwann einmal beendet ist."
Doch nicht nur durch seine Syrien-Politik habe sich Saudi-Arabien seinen Partnern gegenüber entfremdet, erklärt Preuschaft. Kritisiert würde auch die globale Verbreitung desWahhabismus, einer besonders konservativen Variante des Islams: "Der Export des Wahhabismus hat sicher dazu beigetragen, dass sich das Land international und auch regional etwas isoliert hat."