Geheimdienstbericht beschuldigt Putin
7. Januar 2017"Die Ziele Russlands waren es, das öffentliche Vertrauen in den demokratischen Prozess in den USA zu untergraben, Hillary Clinton zu verunglimpfen und ihren Wahlchancen sowie ihrer potenziellen Präsidentschaft Schaden zuzufügen", resümiert der Bericht, der auf Grundlage von Informationen der Geheimdienste CIA und NSA sowie der Bundespolizei FBI erstellt wurde. Demzufolge sind die Aktionen Moskaus so gestaltet, dass sie jederzeit dementiert werden können. Die Geheimdienste mutmaßen, der russische Präsident Wladimir Putin habe Clinton diskreditieren wollen, weil er der damaligen US-Außenministerin vorwirft, die großen Demonstrationen gegen seine Herrschaft Ende 2011 und Anfang 2012 initiiert zu haben.
Dem Bericht zufolge ging Putin davon aus, mit Trump leichter eine Allianz gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) schmieden zu können. Außerdem habe er "viele positive Erfahrungen" mit westlichen Staatsmännern gemacht, "deren geschäftliche Interessen sie geneigter machten, mit Russland zu handeln". Die Geheimdienste nannten an dieser Stelle den deutschen Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und den früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi als Beispiele.
Der Öffentlichkeit legten die Geheimdienste eine gekürzte 25-seitige Fassung des Untersuchungsberichts vor. Die Originalversion ist doppelt so umfangreich und enthält vertrauliche Geheimdienstinformationen. Die Geheimdienste hatten diesen Bericht am Donnerstag US-Präsident Barack Obama und am Freitag seinem Nachfolger Donald Trump vorgestellt. Dieser bestreitet weiter, dass die Hackerangriffe ihm zum Wahlsieg verholfen haben könnte.
NSA: Glaubwürdigkeit teils nur "moderat"
Alle drei Dienste halten es für sehr glaubwürdig, dass Putin selbst die Aktionen angeordnet hat. Ob er damit Trump auch zum Präsidenten machen wollte, bewerten sie allerdings unterschiedlich. Während FBI und CIA die Glaubwürdigkeit dafür auf "hoch" festlegen, stuft die für elektronische Überwachung zuständige NSA diese Einschätzung ein Level auf "moderat glaubwürdig" zurück. Unabhängig lassen sich die auf unbekanntem Wege erlangten US-Informationen nicht überprüfen.
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte während des US-Präsidentschaftswahlkampf E-Mails der Demokratischen Partei und von Clintons Wahlkampfmanager John Podesta veröffentlicht. Die Geheimdienste machen Moskau für diese Hackerangriffe verantwortlich. Die Dokumente offenbarten interne Machtkämpfe unter Clintons Mitarbeitern.
Der Geheimdienstbericht kritisierte auch russische "Propaganda" mithilfe einer sogenannten Troll-Fabrik, die die Stimmung in sozialen Online-Netzwerken gezielt beeinflusst. Sieben Seiten des Berichts sind dem russischen Staatssender Russia Today gewidmet, der "konstant negativ" über Clinton berichtet habe.
Ausspähen ging nach Wahl weiter
Die Autoren nehmen an, dass die russischen Aktivitäten weiter gehen werden. Direkt nach der Wahl seien Regierungsmitarbeiter und Experten zu Themen wie nationaler Sicherheit, Verteidigung und Außenpolitik digital angegriffen worden. "Diese Kampagne könnte Material für künftige Einflussnahmen sowie nachrichtendienstliche Erkenntnisse zu den Zielen und Plänen der künftigen Regierung liefern", heißt es als Fazit.
Der nationale Geheimdienstdirektor James Clapper ließ schon am Donnerstag durchblicken, dass er Putin persönlich für den Urheber der Angriffe hält. Der Kreml wies die Vorwürfe zurück. Wikileaks-Gründer Julian Assange bestreitet ebenfalls eine Beteiligung staatlicher russischer Stellen.
Der künftige US-Präsident Trump hatte die Erkenntnisse der Geheimdienste in den vergangenen Tagen wiederholt angezweifelt und eine generelle Skepsis an der Arbeit der US-Dienste geäußert. Es habe auch Hackerangriffe auf die Republikanische Partei gegeben, aber seine Partei habe starke Schutzmaßnahmen ergriffen und die Attacken abgewehrt, erklärte Trump. Die Geheimdienste kamen hingegen zu dem Schluss, dass Russland auch die Republikaner gehackt habe, das Material aber nicht verbreitet habe.
Trump: "Hat nichts am Ergebnis geändert"
Nach seiner Unterrichtung durch die Geheimdienste räumte Trump ein, dass die USA Zielscheibe ständiger Cyberangriffe seien, die von Russland, aber auch "China, anderen Ländern, Gruppen und Leuten von außen" verübt würden. Er glaube aber weiterhin nicht, dass die Angriffe Auswirkungen auf das Ergebnis der Abstimmung hatten. In einem Interview mit der "New York Times" warf er den Medien in der Angelegenheit eine "politische Hexenjagd" vor.
Obama äußerte sich besorgt darüber, dass Republikaner und Fernsehjournalisten zuletzt eher Aussagen von Putin als jenen von US-Politikern der Demokratischen Partei Glauben geschenkt hätten. "Wir müssen uns daran erinnern, dass wir im selben Team sind", sagte Obama dem Sender ABC News. "Wladimir Putin ist nicht in unserem Team."
Trump will nun eine Arbeitsgruppe beauftragen, die ihm 90 Tage nach Amtsantritt einen Plan zur Abwehr von Hackerattacken vorlegen soll. "Egal ob es gegen unsere Regierung, Organisationen, Verbände oder Unternehmen geht, wir müssen Cyberangriffe aggressiv bekämpfen", erklärte er. Einzelheiten wolle er nicht öffentlich nennen, "weil das denjenigen nutzen würde, die uns schaden wollen".
ust/haz (dpa, afp, ap, Geheimdienstbericht)