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US-Finanzstreit gefährdet Weltwirtschaft

Rolf Wenkel4. Oktober 2013

Beim Jahrestreffen von IWF und Weltbank in Washington ist der Euro aus der Schusslinie: Der Finanzstreit in den USA gefährdet die internationale Finanzarchitektur.

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A stop sign is seen at dusk next to the US Congress building in Washington (Foto: afp/Getty Images)
Bild: MLADEN ANTONOV/AFP/Getty Images

Wenn Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesbankpräsident Jens Weidmann in der kommenden Woche nach Washington fliegen, um an der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank teilzunehmen, werden sie das mit Sicherheit entspannter tun als früher. Denn anders als vor einem Jahr etwa, brennt den Teilnehmern aus 188 Nationen nicht die Eurokrise auf den Nägeln, sondern der Finanzstreit in den USA.

Die anhaltende Unsicherheit über den amerikanischen Staatshaushalt und die Schuldenobergrenze seien nicht eben hilfreich, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde am Donnerstag in einer Rede vor Studenten der George Washington University. Der "government shutdown" , also der Verwaltungsstillstand sei schon schlimm genug. Aber sollte es der Regierung nicht gelingen, die gesetzliche Schuldenobergrenze rechtzeitig nach oben anzupassen, sei das noch viel schlimmer. Denn das hätte nicht nur Auswirkungen auf die amerikanische Wirtschaft, sondern könne die gesamte Weltwirtschaft ernsthaft gefährden, so Lagarde.

US-Haushaltssperre und die Folgen

US-Bonität auf Ramschniveau?

Wenn nämlich das Schuldenlimit der USA von derzeit kapp 17 Billionen Dollar nicht rechtzeitig angehoben wird, wäre die größte Volkswirtschaft der Welt formal zahlungsunfähig. Da die USA jeden Tag etwa zwei Milliarden Dollar mehr Schulden machen als sie einnehmen, kann man sich den Tag X ziemlich genau ausrechnen: Es wird der 17. Oktober 2013 sein.

Volkswirte mögen sich eigentlich gar nicht ausmalen, was dann alles passieren könnte. Die internationalen Finanzmärkte könnten kollabieren, der Kurs des Dollar könnte ins Bodenlose fallen, ebenso wie die Kurse für amerikanische Staatsanleihen. Die Ratingagenturen müssten automatisch die Bonität der USA auf Ramschniveau herunterstufen. Dass damit amerikanische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit bei der Notenbank hinterlegt werden können, ist dabei noch das geringste Übel. Denn die US-Notenbank akzeptiert inzwischen im Rahmen ihrer so genannten "unkonventionellen" Geldpolitik auch Ramschpapiere als vermeintliche Sicherheit. Doch die Pensionsfonds zum Beispiel, die verpflichtet sind, nur Anleihen mit AAA-Bewertung zu halten, stünden vor einem Riesenproblem.

Behutsamen Ausstieg gefordert

Apropos unkonventionelle Geldpolitik der US-Notenbank - wie man aus der Politik der extrem niedrigen Zinsen wieder schadlos herauskommt, wird vermutlich das zweite große Thema der Jahrestagung von IWF und Weltbank sein. Der Ausstieg aus der Politik des ultrabilligen Geldes müsse sehr behutsam und vorsichtig betrieben und kommuniziert werden, sagt IWF-Chefin Christine Lagarde. Denn die Rückkehr zur traditionellen Geldpolitik habe Auswirkungen auf alle Märkte rund um den Globus.

So beschwerten sich vor zwei Jahren die Schwellenländer auf der Jahrestagung in Washington darüber, dass die ultralockere Geldpolitik der Industrieländer zu einem massiven Kapitalzufluss und zu einem enormen Aufwertungsdruck auf ihre Währungen geführt habe- mit gravierenden Folgen für die Preisstabilität und die Chancen ihrer Exportindustrie.

Neue Blasen befürchtet

Im Frühjahr dagegen reichte schon eine Andeutung von U.S.-Notenbankchef Ben Bernanke, man müsse auch mal über einen "exit" aus der Niedrigzinspolitik nachdenken, um genau die gegenteilige Reaktion auszulösen: Aus den Schwellenländern wurde massiv Kapital abgezogen, ihre Währungen gerieten heftig unter Druck. Es ist daher kein Wunder, dass Lagarde in Washington in Sachen "Exit-Strategie" für Vorsicht, Augenmaß und Transparenz werben wird.

Denn dass die Politik des ultrabilligen Geldes mal ein Ende haben muss, ist allen klar. Je länger man damit wartet, desto größer wird die Gefahr, dass sich neue Preisblasen auf den Immobilien- und Gütermärkten bilden – und die globale Finanz- und Wirtschaftskrise erneut aufflammt.