US-Demokraten: Gruppenbild mit Dame
14. Oktober 2015Es ist 20:48 Uhr Washingtoner Zeit, als das Spektakel seinen Lauf nimmt. Der Nachrichtensender CNN sendet live, und an diesem Abend darf er sich des Primetime-Publikums sicher sein. Denn es präsentieren sich (im Artikelbild oben von links) Vietnam-Veteran Jim Webb aus Virginia, der ziemlich linke Bernie Sanders, die ehemalige Außenministerin und First Lady Hillary Clinton, der von vielen als locker und smart empfundene Martin O'Malley aus Maryland sowie Lincoln Chafee aus Rhode Island, der in seinem politischen Leben auch schon mal Republikaner war.
Clinton gegen Sanders
Umfragen zufolge haben bislang nur zwei aus diesem Fünfer-Kreis Chancen, sich das Ticket der Demokraten für die Wahl zu sichern: Hillary Clinton und ihr Widersacher Bernie Sanders. Sanders sah sich zu Beginn der TV-Debatte dem Vorwurf ausgesetzt, vielleicht doch zu linkspopulistisch zu sein oder in der Debatte um den Waffenmissbrauch in den USA zu schwach. Hillary Clinton hingegen musste sich von Moderator Anderson Cooper bereits in der ersten Fragerunde den Vorwurf anhören, sie wechsle ihre Positionen immer dann, wenn ihr eine neue Position die notwendige Mehrheit sichere. "Flip-flopping" nennen das manche Amerikaner. Nein, natürlich sei sie prinzipienfest, entgegnete die 67-Jährige.
Wie halten wir es mit Putin?
Im Mittelpunkt des ersten Teils der Debatte stand die Frage: Wie halten es die USA mit Syrien und dem dort erstarkenden russischen Präsidenten Wladimir Putin? Hillary Clinton sprach sich für eine klare Linie der USA im Bezug auf Russland aus. "Wir müssen sein Schikanieren beenden", sagte Clinton. "Ich glaube, es ist wichtig, dass die Vereinigten Staaten es gegenüber Putin sehr deutlich machen, dass es nicht akzeptabel ist, wenn er in Syrien noch mehr Chaos stiftet", sagte die frühere US-Außenministerin. Dafür bedürfe es einer stärkeren Führungsposition der USA. Sanders betonte in dieser Frage, nach seiner Überzeugung werde Putin sein Handeln noch bedauern, wie er auch sein Vorgehen in der Ukraine bedauern werde. Er sprach sich mit Nachdruck dafür aus, eine Koalition der arabischen Staaten zu bilden, die in dieser Frage an der Seite der USA handeln könnten.
Begonnen hatte die Debatte mit einem Meinungsaustausch über die wirtschaftliche Lage der US-Bürger. "Im Mittelpunkt meines Wahlkampfes steht, wie wir die Einkommen erhöhen", so Clinton. Dazu gehöre die Erhöhung des Mindestlohns ebenso wie eine gerechtere Verteilung der Unternehmensgewinne und eine Steuerreform. "Im Moment zahlen die Reichen zu wenig und die Mittelschicht zahlt zu viel", betonte die erste Frau, die sich anschickt, die mächtigste Frau weltweit zu werden.
Die Mittelschicht ist fast weg
Der aus Vermont stammende Senator Sanders, der sich als "demokratischer Sozialist" bezeichnete, trat ebenfalls als Verfechter der arbeitenden Bevölkerung auf. "Die Mittelschicht in diesem Land ist in den vergangenen 40 Jahren zunehmend verschwunden", sagte Sanders, der im Vergleich zu Clinton mit 74 Jahren schon ältere Präsidentschaftsanwärter. Nicht unterschätzt werden darf sein guter Draht zu den Gewerkschaften des Landes. Nicht nur denen rief Sanders zu: "Millionen Amerikaner arbeiten länger für niedrigere Löhne, und fast ihr gesamtes Einkommen und der geschaffene Wohlstand gehen an das oberste Prozent."
Momente der Einigkeit
Auch die - in Umfragen weit abgeschlagenen - Ex-Gouverneure Chafee, O'Malley sowie der frühere Senator Webb prangerten die wachsende Schere zwischen Arm und Reich in den Vereinigten Staaten an. In der TV-Debatte verloren sie zunehmend an Präsenz, so dass Webb einmal anmahnen musste, er sei nun ja länger nicht zu Wort gekommen. Dabei gab es zwischendurch doch immer wieder hübsche Momente der parteiinternen Einigkeit. Etwa als Sanders seiner Konkurrentin Clinton versicherte, auch er sei die Diskussion um den nicht angemessenen Umgang ihrer Mail-Korrespondenz in der Zeit im Außenministerium leid. Die Debatte müsse ein Ende haben. "Danke Bernie", sagte Hillary.
Die USA wählen am 8. November 2016 einen neuen Präsidenten und Nachfolger von Amtsinhaber Barack Obama. Die Vorwahlen beginnen im März nächsten Jahres.
ml/ago (cnn,rtr,ap)