Punktsieg für Hillary
Das waren 90 Minuten ohne große Überraschungen. Schon im Vorfeld der ersten TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftskandidaten hatten die Medien und wohl auch die meisten Amerikaner ihr vorgefertigtes Bild von den Kandidaten:
Die hochprofessionelle Hillary Clinton - gestartet als uneinholbare Favoritin, später dann in den Umfragen abgestürzt und gehandicapt von der Affäre um ihren privaten E-Mail Server und geplagt von verkrampftem Umgang mit Medien und Wahlvolk.
Daneben ihr Herausforderer Bernie Sanders - selbsterklärter Sozialist und Volkstribun alter Machart, der unerwartet stark aufgeholt hat, aber am Ende doch nicht siegen würde.
In der Deckung und gut für Überraschungen Vizepräsident Joe Biden, der sich immer noch nicht erklärt hat. Und daneben weitere drei fast in der Versenkung verschwundene Kandidaten, von denen kaum einer Notiz nimmt.
Keine Schlammschlacht
Größer könnte der Kontrast nicht sein zu der Debatte der 15 republikanischen Präsidentschaftskandidaten, die - angeführt von einem demagogisch auftrumpfenden Donald Trump - ein munteres Feuerwerk wüster Anschuldigungen und persönlicher Beleidigungen abbrannten. Hillary Clinton, Bernie Sanders und die anderen drei Kandidaten waren im Vergleich dazu geradezu nett zueinander und vermieden direkte Konfrontation.
Bei den Demokraten ging es nicht um radikal auseinanderstrebende Ideen über den Kurs des Landes, sondern mehr um Abstufungen und Nuancen. Die Präsidentschaftskandidaten malten in Grautönen - nicht besonders aufregend, aber am Ende der politische Alltag.
Alle unterstützen sie die Anhebung des Mindestlohns, strengere Umweltauflagen, beitragsfreie Collegeausbildung, wollen eine Reform des Einwanderungsrechts sowie des Justizsystems und wenden sich gegen das Freihandelsabkommen mit den Ländern des asiatisch-pazifischen Wirtschaftsraums.
Fehlerloser Auftritt
Hillary Clinton ging als Favoritin in die Debatte und konnte am Ende diese Rolle auch ausfüllen. Mit Nachdruck und großer Klarheit warb sie für ihre Politikentwürfe und blieb sogar das nötige Quäntchen Humor nicht schuldig. Clintons seinerzeitige Zustimmung zum Irakkrieg, die sie heute als Fehler bezeichnet, konnte ihr an diesem Abend nicht gefährlich werden. Selbst bei der sogenannten E-Mail-Affäre kam sie nicht ins Straucheln. Konkurrent Sanders eilte ihr ungewollt zur Hilfe, als er die Kampagne der Republikaner ärgerlich abtat und rief, Amerika habe andere Sorgen.
Der langjährige Senator des US-Bundesstaates Vermont holte zum verbalen Schlag gegen die Demokratie der Milliardäre aus und geißelte das politische System als korrupt. Doch was ein Donald Trump aus dem Armgelenk geschüttelt hätte, gelang ihm nicht. Er konnte damit keine emotionalen Erdbeben auslösen, die eine rational argumentierende Hillary Clinton in die Versenkung gezogen hätten. Nicht Sanders, sondern Clinton war es, die mehrfach die gegnerischen Republikaner anging und damit Punkte machte.
Hillary Clinton war nicht nur räumlich das Zentrum der TV-Debatte. Sie beherrschte sie auch. Und strahlte Souveränität, Zuversicht und Kampfeswillen aus. Und mit ihrer langjährigen politischen Erfahrung als Außenministerin und Senatorin empfahl sie sich für das mächtigste politische Amt der freien Welt. Fast konnte man sich vorstellen, dass dort die künftige Präsidentin der USA steht. Dass ihr dies ohne große Schnitzer gelang, mag vielleicht die einzige Überraschung dieses Abends gewesen sein.
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