Untersuchungshaft gegen Amnesty-Chef verhängt
10. Juni 2017Der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in der Türkei, Taner Kilic, ist in Untersuchungshaft genommen worden. Kilic werde wegen angeblicher Verbindungen zur Bewegung des Predigers Fethullah Gülen der "Mitgliedschaft in einer Terrororganisation" beschuldigt, teilte Amnesty mit. Die Menschenrechtsorganisation verurteilte das Vorgehen der Justiz, die keine "glaubwürdigen Beweise" vorgelegt habe.
Der Anwalt Kilic war am Dienstag mit 22 weiteren Juristen festgenommen worden. Acht von ihnen wurden ebenfalls in Untersuchungshaft genommen. Die türkische Regierung wirft der Gülen-Bewegung vor, hinter dem Putschversuch im Juli 2016 zu stehen. Der im US-Exil lebende Prediger weist die Anschuldigungen entschieden zurück.
Kilic wird zur Last gelegt, den verschlüsselten Kurzmitteilungsdienst ByLock auf seinem Handy installiert zu haben, der laut der Regierung eigens für die Gülen-Anhänger entwickelt wurde. Amnesty bezeichnete die Anschuldigungen als haltlos. Kilic habe das Programm weder heruntergeladen noch genutzt. Er sei auch kein "Unterstützer oder Anhänger der Gülen-Bewegung", betonte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty.
Kilics Festnahme hatte international Kritik und Sorge ausgelöst. Die türkischen Behörden müssten nun rasch Klarheit über die Vorwürfe gegen den Vorsitzenden der Menschenrechtsorganisation in der Türkei schaffen, erklärte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Donnerstag in Brüssel. "Es ist insbesondere wichtig, die Unschuldsvermutung zu respektieren."
Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, teilte mit, Kilic gehöre zu einer "Reihe von respektierten Menschenrechtsverteidigern, Journalisten, Akademikern und Aktivisten, die in der Türkei festgenommen wurden. Diese Festnahmen, oft mit wenig Beweisen oder Transparenz, sind ein alarmierender Trend."
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, zeigte sich "bestürzt" über die Festnahme von Kilic. "Seine Festnahme wirft ihrerseits ernste Fragen der Rechtsstaatlichkeit auf", sagte Kofler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Seit dem Putschversuch geht die türkische Regierung entschieden gegen ihre mutmaßlichen Gegner vor. Mehr als 100.000 Menschen wurden entlassen und mehr als 47.000 weitere festgenommen. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International kritisieren das Vorgehen.
stu/gri (afp, dpa)