Aufnahme von Flüchtlingskindern beschleunigen
6. April 2020Eine Gruppe von 50 Unionsabgeordneten führt in einem Schreiben an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus: Den Schutzsuchenden in den Lagern drohe eine Katastrophe, sobald die Erkrankung COVID-19 dort ausbricht. Die dramatische Lage in den Flüchtlingslagern in Griechenland dürfe Europa nicht unberührt lassen, schrieben die Politiker weiter. "Viele Kinder leiden unter Traumata aufgrund ihrer Kriegserfahrungen und den Zuständen in den Hotspots. Diese Situation ist inakzeptabel für uns Europäer."
Acht EU-Staaten hatten sich im März grundsätzlich zur Aufnahme minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge und anderer Migranten aus Griechenland bereiterklärt. Die EU-Kommission bemüht sich seither um die Umsetzung, also etwa die Auswahl der Kinder und die Buchung von Flügen. Durch die Corona-Krise verzögert sich das Vorhaben allerdings. Von der Leyen sagte am Freitag im ZDF jedoch: "Die ersten werden nächste Woche wahrscheinlich nach Luxemburg gehen."
Der Koalitionsausschuss von Union und SPD hatte ebenfalls im März beschlossen, im Rahmen der EU-Partner etwa 1000 bis 1500 Kinder aus Griechenland nach Deutschland zu holen und zu betreuen. Es handelt sich laut dem Koalitionsbeschluss um Kinder, die schwer erkrankt oder unbegleitet und jünger als 14 Jahre sind.
"Deutschland muss vorangehen"
Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Ute Vogt, äußerte sich erfreut über das Schreiben der Unionsabgeordneten. "Ich freue mich, dass wir jetzt auch die Unterstützung aus den Reihen der Union bekommen, um endlich die Kinder aus den griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland zu holen", erklärte sie. Luxemburg sei der erste Mitgliedstaat, der seine Zusage auch umsetze, Deutschland müsse nun ebenfalls dringend handeln. Dann würden auch weitere Staaten Ihre Verantwortung übernehmen, sagte Vogt.
Ähnlich äußerte sich die die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. Die Bundesregierung müsse jetzt tätig werden, fordert sie. "Der Beschluss ist eigentlich da. Insofern gibt es auch keinen Grund, weiter abzuwarten", sagte Esken dem Radiosender MDR Aktuell.
Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widman-Mauz (CDU), erwartet nun schnelle Beschlüsse. Im Bayerischen Rundfunk sagte sie: "Wir müssen damit endlich beginnen, denn die Situation wird nicht besser. Wir dürfen nicht warten, bis wir irgendwann nicht mehr in der Lage sind, die Kinder aufzunehmen.
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl forderte, Deutschland müsse notfalls auch unabhängig von einer europäischen Lösung handeln. "Deutschland muss vorangehen", erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt.
Auf den griechischen Inseln leben tausende Menschen in völlig überfüllten Flüchtlingslagern. Menschenrechtsgruppen befürchten eine humanitäre Katastrophe für den Fall, dass sich das neuartige Coronavirus dort ausbreitet.
hf/uh (dpa, afp)