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Union macht Druck bei der inneren Sicherheit

Christoph Strack10. August 2016

Unionspolitiker kündigen Gesetzesvorhaben zur inneren Sicherheit an. Einige Wochen nach den Anschlägen in Deutschland und mehr als ein Jahr vor der Bundestagswahl könnte der Anti-Terror-Kampf zum Topthema werden.

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Bundespolizisten (Foto: picture-alliance/dpa/M. Balk)
Bild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Innenminister der Union fordern schärfere Sicherheitsgesetze

Nein, er will noch nichts dazu sagen, was er 24 Stunden später in Berlin denn an Anti-Terror-Regelungen so vorstellen will. An diesem Mittwochmittag ist Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) in Bremen zu Gast – ganz weit weg vom Planeten Hauptstadt. Zu Besuch bei der Landespolizei, der dort stationierten Bundespolizei, in einem Projekt der Jugendarbeit, das Jugendliche vor dem Abrutschen in radikalen Islam bewahren soll.

Und doch schauen die Medien bundesweit nicht auf diese konkrete Bremer Arbeit und die nicht nur dort bestehenden Probleme. Denn nach verschiedenen Presseberichten drängt de Maizière als Reaktion auf die jüngsten Anschläge auf die rasche Verschärfung zahlreicher Sicherheitsgesetze. So wolle er, schreibt die "Bild"-Zeitung, erreichen, dass ausländische Gefährder und straffällige ausreisepflichtige Ausländer schneller abgeschoben werden können. Und er will die ärztliche Schweigepflicht aufweichen, damit Ärzte Sicherheitsbehörden über geplante Straftaten von Patienten informieren.

Ohne die Länderkammer

Bei seinem Vorhaben setzt de Maizière auf rechtliche Regelungen, die allesamt nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Denn in der zuletzt deutlich bunter gewordenen politischen Landschaft in Deutschland mit zahlreichen Koalitionen auch mit den Bündnisgrünen wäre eine Einbindung der Länderkammer kaum mehr zu schaffen.

Tatort in Ansbach (Foto: picture-alliance/dpa/K.J.Hildenbrand)
Als Reaktion auf die jüngsten Anschläge, wie hier in Ansbach, drängt de Maizière auf die rasche Verschärfung zahlreicher SicherheitsgesetzeBild: picture-alliance/dpa/K.J.Hildenbrand

So macht sich der Minister letztlich auch daran, zumindest das umzusetzen, was Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Auftritt in der Bundespressekonferenz ankündigte. Als Fachminister der Union setzt er erneut auf Änderungen - nach den Asylpaketen eins und zwei, bei denen es ja unter anderem auch schon um zügigere Abschiebungen und Einschränkungen beim Familiennachzug ging.

Schweigenpflicht kann bereits aufgehoben werden

Den ersten deutlichen Gegenwind bekam de Maiziere nicht einmal aus der Politik. Die Bundesärztekammer als wichtige Standesvertretung wies den Gedanken an eine mögliche Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht zurück. "Die angespannte innenpolitische Sicherheitslage darf nicht zu vorschnellen politischen und rechtlichen Maßnahmen verleiten", so ihr Präsident Frank Ulrich Montgomery in Berlin. Er verwies auf die Bedeutung der Schweigepflicht. Und erinnerte daran, dass das deutsche Strafrecht längst - und klar formuliert - den Fall vorsieht, dass ein "rechtfertigender Notstand" einen Bruch der Schweigepflicht vorsieht. Wenn es nämlich darum geht, "Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden".

Innenminister der Union fordern schärfere Sicherheitsgesetze

Doch es geht noch weiter. Die Berichte über de Maizières Ankündigungen vermischten sich mit Razzien von Polizei und Ermittlern in mehreren Bundesländern, die sich gegen islamistische Milieus wendeten. "Wir leben in schwierigen Zeiten. Die Terrorbedrohung ist hoch", sagte de Maizière in Bremen. Und machte damit deutlich, dass es keine gestiegene, sondern eine dauerhaft hohe Bedrohung ist.

Auf in den Wahlkampf

Aber vor allem überkreuzten sich die Meldungen über de Maizières vermutliche Vorhaben mit wohl weitaus umfassenderen Plänen der Unions-Innenminister aus Bund und Ländern. Sie wollen sich Ende kommender Woche in einer "Berliner Erklärung" in der Hauptstadt zu Wort melden. Und genau dort und im nordostdeutschen Mecklenburg-Vorpommern hebt im September der Reigen an Wahlterminen an, der im Herbst 2017 in der Bundestagswahl gipfelt. In beiden Landesregierungen, in Berlin und in Schwerin, gehören die Innenminister der CDU an. In beiden erwarten die Meinungsforscher einen deutlichen Anstieg der AfD.

So finden sich in dem Entwurf wohl auch die Forderungen nach einem generellen Burka-Verbot in Deutschland, nach einer Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, einem stärkeren Vorgehen gegen die Finanzierung von Moscheen durch extremistische Organisationen, mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Gerade die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts aus dem Jahr 2000, einem der großen gesellschaftlichen Reformen der rot-grünen Bundesregierung (1998-2005), findet links der CDU letztlich keine Befürworter und bietet sich für einen Lager-Wahlkampf in sicherheitspolitisch aufgeheizten Zeiten an.

De Maizière ließ offen, ob er diese nun gemutmaßten Pläne (deren Bekanntwerden ihm seinen eigenen Auftritt verhageln) mittragen wird. Er sei "nicht mit allen Punkten einverstanden. Aber das sind ja nur Entwürfe, die da diskutiert werden", meinte er.

Plump und billig

Die Stimmen aus der Opposition wurden da erwartungsgemäß weit deutlicher. Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) meldete sich über Twitter zu Wort:
Aus der Linkspartei meldeten sich gleich mehrere Politiker zu Wort. Parteichef Bernd Riexinger nannte den Inhalt der Forderungen einen "Anschlag auf die Demokratie" und sprach von billigem Populismus. Und Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion, wählte den Bezug zum US-Wahlkampf. Er warf der Union vor, jeden "innenpolitischen Skrupel" verloren zu haben, und sprach von einer "Trumpisierung" von CDU/CSU.

Fortsetzung folgt. Gewiss. An diesem Donnerstag wird sich de Maiziere in seinem Ministerium vor den Hauptstadt-Journalisten äußern.