Unbeirrbar: Burundis Präsident Pierre Nkurunziza
8. Juli 2015Pierre Nkurunziza ist ein umstrittener Präsident: Als ihn im April 2015 die Regierungspartei CNDD-FDD zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen im Juni aufstellt, brechen blutige Proteste los. Dutzende Menschen kommen ums Leben, rund 144.000 fliehen nach UN-Schätzungen wegen der Gewalt in die Nachbarländer. Ein Putschversuch einiger ranghoher Militärs im Mai soll Nkurunziza aus dem Präsidentenpalast vertreiben. Der Coup scheitert.
Grund der Unruhen: Es wäre Nkurunzizas drittes Mandat als Staatschef. Laut Verfassung sind jedoch nur zwei Amtsperioden von je fünf Jahren erlaubt. Doch Regierungslager und Nkurunziza argumentieren: Sein erstes Mandat 2005 zähle nicht. Unmittelbar nach dem Bürgerkrieg gab es nur eine Übergangsregierung. Er sei nicht direkt vom Volk, sondern nur indirekt vom Parlament gewählt worden.
"Ohne Frieden kann man kein Land regieren"
Als Pierre Nkurunziza am 26. August 2005 das Präsidentenamt des kleinen ostafrikanischen Landes übernahm, war bereits klar, dass er großen Herausforderungen entgegensah: Nkurunziza wurde Burundis Staatschef in einer Zeit, als das Land gerade ein Jahrzehnt des Bürgerkrieges hinter sich hatte - und die Friedensverhandlungen waren noch nicht abgeschlossen. "Ohne Frieden kann man ein Land nicht regieren", sagte Nkurunziza. "Frieden und Sicherheit bilden die Grundlage." Das war 2008. Erst ein Jahr später willigte die letzte Rebellengruppe in Burundi, die Hutu-Miliz Nationale Befreiungsarmee (FNL), ein, ihre Waffen abzugeben. Ein Erfolg für Präsident Nkurunziza, der selbst tief in den burundischen Konflikt verwickelt war.
Geboren 1964, wuchs er in der Hauptstadt Bujumbura auf. Der begeisterte Fußballer studierte in den 1980er Jahren an Université du Burundi Pädagogik und Sport. Anschließend arbeitete er als Sportlehrer und ab 1992 auch als Dozent an der Universität und der Militärakademie.
Als Hutu wuchs er in einem Land heran, in dem bis in die 1990er Jahre eine Tutsi-Minderheit das Sagen hatte. Immer wieder flammte Gewalt auf. Bei Massakern an Hutu kam auch Nkurunzizas Vater ums Leben; im späteren Bürgerkrieg verlor er fünf seiner Geschwister.
Bürgerkrieg und neuer Aufbruch
1993 stürzte der Mord an Melchior Ndadaye, dem ersten demokratisch gewählten Hutu-Präsidenten Burundis, das Land in den Bürgerkrieg. Die von der Tutsi-Regierung kontrollierte Armee kämpfte gegen Hutu-Bürgermilizen und sorgte selbst für Angst und Schrecken. 1995 griffen Soldaten die Universität in der Hauptstadt Bujumbura an, an der Nkurunziza lehrte. Sie massakrierten etwa 200 Menschen, Nkurunziza selbst entkam knapp mit dem Leben. Er schloss sich daraufhin der Hutu-Rebellengruppe FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) an, dem bewaffneten Arm der größten Hutu-Rebellenbewegung CNDD.
Trotz internationaler Vermittlungsversuche und politischer Kompromisse setzten Hutu- und Tutsi-Milizen ihren Kampf fort. Nkurunziza stieg in die CNDD-Führungsriege auf und nahm an Friedensverhandlungen teil. 2005 durften die Burundier erstmals wieder über ihr Parlament abstimmen. Der CNDD-FDD wurde mit Abstand stärkste Kraft und Nkurunziza Präsident. Er formulierte hohe Ziele und erntete mit seinen Bemühungen um Versöhnung internationalen Respekt: "Wir wollen alles uns Mögliche tun, um die Menschenrechte in Burundi durchzusetzen. Wir wollen den Frieden im ganzen Land sichern und Reformen umsetzen, die es jedem Menschen ermöglichen, sich friedlich zu entwickeln, solange er nicht mit dem Gesetz in Konflikt gerät."
Aus Fehlern gelernt?
Schon kurz nach seinem Amtsantritt erklärte Nkurunziza die Grundschulbildung für kostenfrei - eine Entscheidung, die in Burundi positiv aufgenommen wurde. In anderen Bereichen verzeichnete das Land jedoch Rückschritte: Die Opposition klagte über Repression. Wenige Monate nach seinem Amtsantritt warf Nkurunziza seinem Amtsvorgänger Domitien Ndayizeye einen Putschversuch vor und ließ ihn verhaften.
Auch die Presse geriet unter Druck: Nkurunziza ließ ein Gesetz verabschieden, das harte Strafen für eine regierungskritische Berichterstattung vorsieht. Die DW-Korrespondentin Domitille Kiramvu sagt: "Kritisch im Artikel 17 des Pressegesetzes sind die Begriffe 'Staatssicherheit' und 'öffentliche Ordnung'. Sie sind sehr vage und können dazu missbraucht werden, die Presse zu unterdrücken und ihr einen Maulkorb zu verpassen." Kiramvu ist inzwischen aus Burundi geflohen. In einem Bericht schreibt die Journalistin: "Ich kann nicht mehr in mein Land zurückkehren. Zu groß ist in den vergangen Monaten die Bedrohung seitens des Nkurunziza-Regimes und den Milizen seiner Jugendorganisation Imbonerakure geworden. Mehrmals bin ich mit dem Tode bedroht worden."
Nkurunziza wird sich in den nächsten Tagen erneut zu Wahl stellen. Vermutlich wird er sie gewinnen.