UN warnen vor Abschiebungen nach Afghanistan
10. Juni 2019Auch die Hauptstadt Kabul sei inzwischen hochgefährlich, erklärte Dominik Bartsch, Repräsentant des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Deutschland. Früher sei Kabul wegen der relativen Sicherheit als sogenannte interne Fluchtalternative bezeichnet worden, weil gefährdete Afghanen dort Schutz suchen konnten und nicht das Land verlassen mussten, sagte Bartsch. "Diese Zeiten sind längst vorbei." Die Stadt sei völlig überlastet und deutlich gefährlicher als früher und deshalb keine Fluchtalternative mehr.
Taliban wieder auf dem Vormarsch
Das UN-Flüchtlingshilfswerk lehne zwar Abschiebungen nach Afghanistan nicht grundsätzlich ab, hieß es weiter. Wer solche Entscheidungen treffe, müsse sich jedoch klar sein, in was für ein Land die Menschen gebracht wurden. Die 2001 durch eine Militärallianz unter Führung der USA von der Macht in Kabul vertriebenen radikalislamischen Taliban beherrschen mittlerweile wieder große Landesteile und setzen der Polizei und den Regierungstruppen zu.
Diverse NATO-Staaten wie Deutschland unterstützen die Regierung mit Ausbildern, die USA auch mit Kampftruppen. Neben den Taliban verüben Islamisten der Terrorgruppe "Islamischer Staat" Anschläge. Mittlerweile verhandeln die USA mit den Taliban über eine Beilegung des Konfliktes.
"Jeden Asylantrag genau prüfen"
In westlichen Ländern sei es selbstverständlich, dass der Staat vor "marodierenden Banden" schützt, erklärte Bartsch. Der Staat Afghanistan könne dies aber nicht leisten. Jedes Asylgesuch müsse daher genau geprüft werden, weil nicht nur jede Region in Afghanistan anders sei, sondern sich auch Gefahren für jeden Menschen anders darstellten, je nach Alter, Geschlecht und Herkunft.
Zudem habe sich die Situation in den vergangenen Jahren geändert. "Manche Entscheidungen sind fünf Jahre alt", sagte Bartsch. "Inzwischen ist die Situation eine ganz andere und der Bescheid ist längst von der Wirklichkeit widerlegt." Sogenannte Sammelabschiebungen nach Afghanistan stehen in Deutschland immer wieder in der Kritik von Menschenrechtsorganisationen.
pgr/wa (epd, afp, kna, dpa)