UN: Venezuela verletzt Menschenrechte
22. Juni 2018Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Venezolanische Sicherheitskräfte hätten zwischen 2015 und 2017 mindestens 505 Menschen ohne rechtliche Grundlage getötet, heißt es in einem Bericht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein. Mindestens 280 Oppositionelle befänden sich wegen ihrer politischen Meinung in Haft.
Laut Zeugenberichten brachten die Einsatzkräfte ihre Opfer bei Razzien in Armenvierteln um und manipulierten danach die Tatorte. Die Fälle würden fast nie aufgeklärt.
Auch die humanitäre Krise in dem einst reichen Land beeinträchtigt nach Einschätzung der UN die Menschenrechte. "Wenn eine Schachtel Tabletten gegen Bluthochdruck mehr als einen Mindestlohn kostet und Milchpulver für Babys mehr als zwei Monatsgehälter, aber Proteste gegen diese untragbare Situation einen ins Gefängnis bringen, ist das eine extreme Ungerechtigkeit", sagte al-Hussein.
"Alle Täter blieben straffrei"
Der UN-Kommissar fordert, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) müsse in Venezuela ermitteln. Der Staat scheine weder willens noch in der Lage, massive Menschenrechtsverletzungen zu verfolgen. Alle Täter seien bisher straffrei ausgegangen. Der (IStGH) mit Sitz im niederländischen Den Haag ist bei Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zuständig.
Die wegen ihrer Kritik an Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro vor einem Jahr entlassene Staatsanwältin Luisa Ortega habe gegen 357 mutmaßliche Täter ermittelt. Nach ihrer Ablösung sei über den Fortgang der Untersuchungen jedoch nichts bekanntgeworden. Eine unabhängige Aufklärung sei nicht zu erwarten, da dieselbe Behörde die Ermittlungen verantworte, die für die Übergriffe verantwortlich sei.
Ölreichstes Land am Abgrund
Al-Hussein rief den UN-Menschenrechtsrat dazu auf, eine Untersuchungskommission einzusetzen. Für den Bericht waren 150 Menschen, unter ihnen 78 Opfer und Zeugen, befragt worden. Offiziell verweigert Venezuela den Vertretern des UN-Menschenrechtsrates trotz mehrfacher Anfrage die Einreise.
Wegen jahrelanger Misswirtschaft, Korruption und einer hohen Schuldenlast verfügt das ölreichste Land der Welt kaum noch über Devisen, um Lebensmittel, Medikamente oder Dinge des täglichen Bedarfs zu importieren. Nach Schätzungen leben 87 Prozent der Venezolaner in Armut, Hunderttausende flohen ins Ausland.
jj/AR (dpa, epd)