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Politik

UN fordern Hilfe für klimageschädigte Länder

7. November 2021

Zur Halbzeit der Weltklimakonferenz werden die Rufe nach mehr Tempo lauter. So mahnt das UN-Flüchtlingshilfswerk Hilfe für Länder an, die unter dem Klimawandel besonders leiden. Auch Gastgeber Boris Johnson meldet sich.

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Mosambik Hunger in in der Provinz Inhambane
Mangel an Regen verursacht Hunger in der mosambikanischen Provinz Inhambane (Archivbild)Bild: DW/L. da Conceicao

Die meisten Flüchtlinge weltweit stammten aus Ländern, die von der Erderwärmung erheblich betroffen sind oder fänden in solchen Ländern Zuflucht, erklärte der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi. Katastrophen wie Überschwemmungen, Dürren und Wüstenbildung zerstörten die Lebensgrundlagen, schürten Konflikte und zwängen Menschen zur Flucht. Nötig seien mehr finanzielle Unterstützung von den Reichsten und mehr politischer Wille, sagte Grandi zu Beginn der zweiten Tagungswoche, bei der die Anpassung an Klimafolgen im Mittelpunkt steht.

Nach Angaben des Klimabeauftragten des Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Andrew Harper, kommen 90 Prozent der Flüchtlinge unter UN-Mandat sowie 70 Prozent aller Binnenvertriebenen aus Ländern, die für die Klimaveränderungen am wenigsten gerüstet sind. Jedes Jahr nötigten Naturkatastrophen Millionen weitere Menschen, ihre Heimat zu verlassen. Der Klimawandel verschärfe die Lage in Regionen, die Flüchtlingen Aufenthalt gewährten. Als Beispiele nannte Harper das von einer Dürre heimgesuchte Afghanistan mit 3,5 Millionen Flüchtlingen und Mosambik, wo 730.000 Menschen durch Unruhen vertrieben worden seien, während das Land unter Wirbelstürmen leide.

UNHCR Filippo Grandi PK zum Jahresbericht
Für den Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi, fehlt es an politischem WillenBild: Lev Radin/Pacific Press/picture alliance

In der Sahelzone steige die Durchschnittstemperatur anderthalb Mal so schnell wie im globalen Mittel, so das UN-Hilfswerk. In der Folge gebe es einen wachsenden Kampf um Ressourcen in einer Region, in der bewaffnete Gruppen bereits schwache Regierungsstrukturen, Armut und ethnische Spannungen für ihre Zwecke ausnutzten. Weltweit sind laut UNHCR 82,4 Millionen Menschen aufgrund von Verfolgung, Konflikten, Gewalt, Menschenrechtsverletzungen oder Unruhen auf der Flucht. Schon in ihrem aktuellen Jahresbericht hatte die UN-Organisation auf den Klimawandel als einen Faktor hingewiesen.

Johnson erwartet harte Verhandlungen

Der britische Premier Boris Johnson rief zur Halbzeit der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow zu mehr Ehrgeiz bei den Verhandlungen auf. "Die COP26 hat noch eine Woche Zeit, um für die Welt zu liefern, wir müssen alle an einem Strang ziehen und die Ziellinie ansteuern", sagte der Gipfel-Gastgeber in London. Die erste Woche des Gipfels habe "ehrgeizige" Zusagen etlicher Länder in Sachen Klimaschutz gebracht. Es habe "Zusagen zur Reduzierung von Kohlenstoff- und Methanemissionen, zur Beendigung der Entwaldung, zum Ausstieg aus der Kohle und zur Bereitstellung von mehr Finanzmitteln für die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Länder" gegeben.

"Aber wir dürfen die Aufgabe nicht unterschätzen, die vor uns liegt" - nämlich das Ziel aus dem Klimaschutzabkommen von Paris aus dem Jahr 2015, wonach die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden soll. "Die Länder müssen diese Woche an den Verhandlungstisch zurückkehren und bereit sein, die erforderlichen mutigen Kompromisse und ehrgeizigen Verpflichtungen einzugehen", forderte Johnson.

Der oppositionelle britische Labour-Politiker Ed Miliband rief Johnson auf, selbst das Ruder zu übernehmen und die Verhandlungen nach vorne zu bringen. Man habe bisher viel zu kleine Schritte unternommen, um das 1,5-Grad-Ziel im Rahmen des Möglichen zu halten. Forscher rechnen bei einer stärkeren Erwärmung des Planeten mit katastrophalen Folgen.

Nationale Klimaschutzziele verschärft

In Glasgow verhandeln derzeit Vertreterinnen und Vertreter von rund 200 Nationen darüber, wie die in Paris beschlossenen Klimaziele erreicht und konkret umgesetzt werden sollen. Die bisherigen Pläne der Staaten reichen dafür bei weitem nicht aus. Seit Beginn der COP26 haben eine Reihe von Ländern ihre nationalen Klimaschutzziele verschärft. Insbesondere auf eine Ankündigung des bevölkerungsstarken Indien war mit Spannung gewartet worden. Die Regierung in Neu-Delhi kündigte schließlich an, Klimaneutralität anzustreben, aber erst bis 2070.

Rund hundert Länder haben außerdem zugesagt, den Ausstoß des Treibhausgases Methan bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. Klimaschützer beklagen jedoch, dass sich bedeutende Methan-Emittenten wie China, Indien, Russland und Australien der Erklärung nicht angeschlossen haben.

Die Frage der Klimahilfen für ärmere Länder hatte im Vorfeld der COP26 bereits für Unmut gesorgt. Die Industriestaaten hatten eingestanden, ihr 2009 geleistetes Versprechen, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar an Unterstützung zu leisten, erst später zu erreichen. Die ärmeren Länder fordern eindringlich mehr Geld und betonen, dass die Industriestaaten für den Löwenanteil der Treibhausgasemissionen der vergangenen Jahrzehnte verantwortlich sind.

Angesichts der mageren Zwischenergebnisse hatten am Samstag in Glasgow Zehntausende Menschen für größere Anstrengungen zum Klimaschutz demonstriert. Trotz des nass-kaltem Wetters zogen sie durch die Straßen der schottischen Stadt. "Kapitalismus tötet den Planeten", stand auf einem der Plakate. Einige Jugendliche machten Unternehmen für die Klimakrise verantwortlich. Andere machten auf Ungerechtigkeiten und die teils prekäre Lage von Landwirten aufmerksam. Bereits am Freitag hatten Tausende Jugendliche von der Politik den Schutz ihrer Zukunft eingefordert. Aus ihrer Sicht sind die Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel enttäuschend.

kle/se (kna, afp, dpa)