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Umweltverbände für Abgastests auf der Straße

Nina Werkhäuser19. Oktober 2015

Nach den millionenfachen Manipulationen an VW-Dieselfahrzeugen fordern die Umweltverbände in Deutschland transparente Abgasmessungen. Diese müssten auf der Straße erstellt werden und nicht wie bisher im Labor.

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Abgasuntersuchung bei einem VW Diesel, Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa/A. Heimken

Über den Abgasskandal sind die führenden deutschen Umweltverbände entsetzt, aber nicht überrascht: Seit Jahren weisen sie darauf hin, dass die tatsächlichen Schadstoffemissionen von Autos höher sind als die Angaben der Hersteller. Doch die hätten, und hier setzt die Kritik der Umweltverbände an, freie Hand bei ihrer Verschleierungstaktik. "Wenn nicht kontrolliert wird, darf man sich nicht wundern, wenn gemogelt und getrickst wird", bemängelt Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Dass die Manipulationen von VW in den USA aufgedeckt worden seien und nicht im Deutschland, sei ein Beleg für die unzureichenden Kontrollen hierzulande. Europas größter Autobauer Volkswagen hat bei Labortests von Dieselfahrzeugen in den USA die Abgaswerte mittels einer Software manipuliert. Die Software ist weltweit in elf Millionen Fahrzeugen eingebaut worden. In Deutschland hat das Kraftfahrt-Bundesamt den Rückruf von 2,4 Millionen VW-Dieselfahrzeugen angeordnet, das ist etwa jeder fünfte VW auf Deutschlands Straßen.

"Unheilige Allianz"

Verantwortlich dafür, dass solche Manipulationen auch in Deutschland möglich seien, sei letztlich die Bundesregierung. "Es muss Schluss sein mit der unheiligen Allianz von Politik und Autoindustrie", fordert Müller-Görnert. Hätten das Bundesverkehrsministerium beziehungsweise das Kraftfahrzeug-Bundesamt selbst seriöse Kontrollen durchgeführt, dann hätten die hohen Emissionswerte längst auffallen müssen. Jens Hilgenberg vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hält die Reaktion von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf den Skandal daher für "Theater". Der Minister werde nur das aufklären, was VW ohnehin schon zugegeben habe.

Bundeskanzlerin Merkel neben einem Neuwagen auf der Automobilmesse IAA in Frankfurt, Foto: dpa
Die Politik fresse den Autoherstellern aus der Hand, kritisieren führende deutsche UmweltverbändeBild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Abgastests auf der Straße, nicht im Labor

In einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen sich fünf Umwelt- und Verkehrverbände dafür aus, die Überprüfung der Abgas-Emissionen neu zu regeln und Sanktionen für Verstöße einzuführen. Statt des Kraftfahrt-Bundesamtes, dem die Umweltschützer die nötige Unabhängigkeit absprechen, solle künftig das Umweltbundesamt den Ausstoß von Schadstoffen bei PKWs überprüfen, schlagen die Umweltverbände vor. Und zwar im Fahrbetrieb auf der Straße und nicht auf dem Prüfstand.

Belastbar seien allein die sogenannten RDE-Tests. Diese ermitteln die "real driving emissions", also das, was beim Fahren auf der Straße aus dem Auspuff herauskommt. "Das ist technisch machbar, das ist finanzierbar und sofort umzusetzen", betont Dietmar Oeliger, Verkehrsexperte beim Naturschutzbund Deutschland, der Tests in Prüflaboren für "Quatsch" hält. Die Bundesregierung solle sich dem Plädoyer der EU für RDE-Tests anschließen, fordern die Umweltverbände, und für Deutschland verbindliche Grenzwerte einführen.

Zu viele schädliche Emissionen

Selbst bei modernen Diesel-PKWs würden die Grenzwerte für die gesundheits- und klimaschädlichen Stickoxide oft um ein Vielfaches überschritten, und zwar bei den Fahrzeugen verschiedener Hersteller. Der VW-Konzern sei hier nur "die Spitze des Eisbergs", kritisieren die Umweltverbände. Hinzu komme der Ausstoß von Kohlendioxid durch den Verkehr. Der sei in Deutschland konstant hoch, obwohl die Verbrauchsangaben der Hersteller deutlich nach unten gegangen seien. "Der Autoverkehr leistet einen viel zu geringen Beitrag zur CO2-Senkung", sagt Oeliger - mit Blick auf die Klimaziele der Bundesregierung sei das nicht vertretbar.

Zuverlässige Daten über den Schadstoffausstoß könnten nur durch RDE-Tests zuverlässig ermittelt werden, so die Umweltverbände. Die Ergebnisse der Messungen müssten unverzüglich veröffentlicht werden. Nur so bekämen die Verbraucher belastbare Vergleichswerte, auf die sie sich etwa beim Autokauf stützen könnten. Würden die Grenzwerte nicht eingehalten, dann müssten Strafen fällig werden. Die entsprechende EU-Verordnung gebe es längst, betonen die Umweltverbände in ihrem Brief an Angela Merkel, nun müsse die Bundesregierung sie endlich in nationales Recht umsetzen.