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Ukrainisches Liebeswerben

Bernd Riegert (kas)23. Januar 2005

Viktor Juschtschenko ist als neuer Präsident in Kiew vereidigt. Nun gilt es, schnell Punkte auf diplomatischem Parkett zu machen. Sein zukünftiger Europaminister Ribatschuk weiß schon, mit welcher Strategie.

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Nach dem Eid kommt die PR-TourBild: AP

Nach monatelangen Streit um die Präsidentschaftswahl in der Ukraine ist der Reformpolitiker Viktor Juschtschenko zum neuen Staatschef vereidigt worden. Er verpflichte sich, die Souveränität und Unabhängigkeit seines Landes zu verteidigen, zum Wohle seiner Partei und der ukrainischen
Bevölkerung zu handeln und seine Funktion im Interesse seiner Landsleute auszufüllen, sagte Juschtschenko am Sonntag (23.1.2005) im Parlament in der Hauptstadt Kiew.

Zu seiner Vereidigung waren Vertreter von über 60 Ländern und Organisationen angereist, unter anderem der scheidende US-Außenminister Colin Powell, NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer und Polens Präsident Aleksander Kwasniewski.

Viktor Juschtschenko vereidigt
Bild: AP

"Dies ist ein Sieg der Freiheit über die Tyrannei", rief der bisherige Oppositionsführer vor mehreren zehntausend Menschen auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew aus.

Ausrichtung Westen

Bereits Anfang der kommenden Woche wird Juschtschenko auf Auslandsreise gehen. Zuerst trifft er in Moskau seinen russischen Amtskollegen. Dann will er in Straßburg und Brüssel seinen Wunsch nach Aufnahme der Ukraine in die EU bekräftigen. Bei den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz und beim Weltwirtschaftsforum in Davos will Juschtschenko mit möglichst vielen Staatsmänner zusammentreffen, um seinen pro-westlichen Kurs zu erläutern.

Oleg Ribatschuk, bald Europaminister in Kiew, hat den Besuch in Brüssel gut vorbereitet. Er war bereits unterwegs, um für das Beitritts-Projekt zu werben, und hat mit dem Außenbeauftragten des Ministerrates Javier Solana und EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner darüber gesprochen.

Reformen versprochen

Offiziell will die Europäische Union der Ukraine keinen Beitritt, sondern nur eine enge Partnerschaft anbieten. Doch Ribatschuk ist zuversichtlich, dass die Ukraine innerhalb von zehn Jahren dennoch beitreten könnte: "Die Tür ist nicht geschlossen", so ist er sich sicher. "Aber, was die Ukrainer machen müssen, ist die EU mit unser Geschwindigkeit zu beeindrucken. Wenn wir uns rapide genug entwickeln, dann wird die EU antworten müssen." Die Ukraine werde radikale politische und wirtschaftliche Reformen einleiten, versprach er. Wann der offizielle Antrag auf Mitgliedschaft gestellt werden soll, sei allerdings noch nicht entschieden.

Das EU-Parlament hatte sich vor kurzem als erste EU-Institution in einer Entschließung für eine europäische Perspektive für die Ukraine ausgesprochen. Solana und Ferrero-Waldner haben einen Brief an Juschtschenko geschrieben, der den so genannten EU-Aktionsplan für ein Partnerschaftsabkommen ergänzen soll. Ribatschuk erklärt: "Um deutlicher zu werden, wurde der Brief vorgeschlagen, der zehn zusätzliche, konkrete Punkte umfasst, die Teil des Aktionsplanes werden können."

Nicht zuviel Wodka

Der Brief sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Neben der EU drängt die Ukraine auch in die NATO. Man habe zwei Optionen gehabt, entweder Westen oder Russland. Und man habe sich eindeutig für Europa entschieden. Ribatschuk glaubt nicht, dass der russische Präsident Wladimir Putin diesen Kurs noch missbilligen könne. Juschtschenko wird seinen Amtskollegen auf seiner ersten Auslandsreise am Montag (24.1.05) in Moskau aufsuchen. "Der Hauptgrund für den Besuch ist nicht, ein Abkommen zu unterschreiben oder zu viele Gläser Wodka auf die Freundschaft zu trinken. Es geht darum, die Beziehungen wieder herzustellen."

Beide Präsidenten seien pragmatische Politiker der ersten post-sowjetischen Generation, meint Ribatschuk, die sich schon zusammenraufen würden. Wichtig sei jetzt, den Menschen in der Ukraine zu erklären, warum die Regierung in die EU und in die NATO strebe und Reformen in Politik, Justiz und Wirtschaft anpacken müsse. Denn die meisten Ukrainer hätten noch keine Ahnung, was da auf sie zukomme.