Ukrainischer Präsident Selenskyj sagt alle Auslandsreisen ab
15. Mai 2024Präsident Wolodymyr Selenskyj habe Anweisung gegeben, alle in den nächsten Tagen anstehenden internationalen Termine zu annullieren und neu zu planen, teilte sein Sprecher Serhij Nykyforow via Facebook mit. Für die abgesagten Reisen sollen demnach nun neue Termine gefunden werden. Nykyforow verwies in der Mitteilung auch auf die schwere Lage der ukrainischen Armee in Charkiw.
Selenskyj sollte bei dem Besuch am Freitag in Madrid mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez ein Sicherheitsabkommen unterzeichnen. Auch ein Treffen mit König Felipe war geplant. Zuvor hatte bereits das spanische Königshaus den Terminhinweis auf das Treffen des Königs mit Selenskyjs von seiner Internetseite gelöscht. Auch eine Reise Selenskyjs nach Portugal war offenbar geplant gewesen und wurde nun gestrichen. Spanien und Portugal gehören wie die anderen EU-Staaten zu den Unterstützern der Ukraine, wenngleich es Kritik gibt, die Regierungen in Madrid und Lissabon täten nicht genug bei der Lieferung von Waffen.
Weitere russische Geländegewinne
Das russische Militär eroberte anscheinend in der Region um die zweitgrößte ukrainische Stadt Charkiw zwei weitere Ortschaften. Die Truppen hätten die Kontrolle über Hlyboke und Lukjanzi übernommen, teilte das Verteidigungsministerium im Moskau mit. In anderen Gegenden der Region gebe es schwere Kämpfe. In der ukrainischen Grenzstadt Wowtschansk geraten die ukrainischen Verteidiger nach eigenen Angaben zunehmend unter Druck. "Die Lage ist äußerst schwierig", erklärte der örtliche Polizeichef Olexij Charkiwskyj auf Facebook. Russische Truppen hätten Stellungen in den Straßen der Stadt bezogen.
Russland hatte am Freitag eine Offensive in der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine begonnen und damit neben dem Osten und Süden eine dritte Front eröffnet. Ziel ist offenbar ein neuer Großangriff auf die Millionenstadt Charkiw, die nach der russischen Invasion vom 22. Februar 2022 von ukrainischen Truppen zurückerobert werden konnte. Ziel der Russen ist offenbar die Errichtung einer Pufferzone im Grenzgebiet, um ukrainische Angriffe auf russisches Territorium zu erschweren.
Lokaler Rückzug von Soldaten
Im Zuge des Vormarsches besetzten russische Truppen mehrere ukrainische Dörfer in der Nähe der Grenze. Zuletzt sah die ukrainische Armee sich eigenen Angaben zufolge gezwungen, ihre Soldaten von einzelnen Positionen abzuziehen. "Infolge von Kampf- und Offensivhandlungen des Gegners haben unsere Einheiten an bestimmten Abschnitten im Raum Lukjanzi und Wowtschansk ein Manöver durchgeführt und sich in vorteilhaftere Positionen begeben, um das Leben unserer Soldaten zu retten und um Verluste zu vermeiden", teilte der Generalstab in der Nacht auf Mittwoch mit. In der Mitteilung hieß es aber auch: "Die Kämpfe dauern an."
Angesichts des Vorrückens russischer Truppen in der Region Charkiw hat die Ukraine Verstärkung entsandt. "Zusätzliche Kräfte werden eingesetzt, Reserven sind vorhanden", erklärte ein Sprecher des ukrainischen Präsidenten auf Facebook. Zuvor hatte sich Selenskyj bei Armeechef Oleksandr Syrskyj über die aktuelle Lage informiert.
Vormarsch auch bei Saporischschja
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau konnten die russischen Truppen auch im Süden der Ukraine in der Region Saporischschja Gelände gewinnen. So sei dort die Ortschaft Robotyne eingenommen worden. Die russische Flugabwehr habe zudem ein ukrainisches Kampfflugzeug vom Typ MiG-29, 40 Drohnen und zahlreiche Raketen aus US-Produktion abgeschossen. Auch ein ukrainischer Luftangriff auf die Stadt Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim sei abgewehrt worden, teilte der von Russland eingesetzte Gouverneur der Hafenstadt, Michail Raswoschajew, über seinen Telegram-Kanal mit. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Derweil begrüßte der russische Präsident Wladimir Putin einen Zwölf-Punkte-Plan Chinas zur Beendigung des Krieges. "Wir bewerten Chinas Ansatz zur Lösung der Ukraine-Krise positiv", sagte Putin vor einem Besuch in China laut Transkription eines Gesprächs mit der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua. "In Peking versteht man wirklich die Ursachen der Krise und ihre globale geopolitische Bedeutung." Konkrete Details zu dem Plan sind bislang nicht bekannt
kle/sti (rtr, dpa, afp)