Ukrainischer Aktivist Bulatow will weiter kämpfen
15. Februar 2014Es kostet Dmitri Bulatow sichtlich Kraft, die Pressekonferenz im Berliner Mauermuseum durchzustehen. Das sei nur mit Medikamenten möglich, sagt der 35-jährige Kiewer, der durch die Folter ein Hirntrauma erlitten hat. Acht Tage lang hätten ihm seine Entführer immer wieder auf den Kopf geschlagen, berichtet der Vater von drei Kindern, seine Hände mit Nägeln durchbohrt und ihm ein Stück seines Ohres abgeschnitten. Auf seiner Wange ist eine Schnittverletzung zu sehen, die ihm seine Peiniger zugefügt haben, seine Finger kann er kaum bewegen.
Angeschlagen, aber nicht mutlos
"Ich kann nicht alles so schnell erfassen", entschuldigt sich Bulatow, wenn er sich eine komplexe Frage wiederholen lässt. Seinen Ärzten wäre es lieber, wenn er sich ausruhte, doch der Anführer des sogenannten "Auto-Maidan", der friedlichen motorisierten Proteste gegen die Regierung, möchte seine Geschichte erzählen, gerade in Deutschland. Hier leben sein Vater und seine Großmutter, hier kann er sich vorerst aufhalten, solange er zu Hause nicht sicher ist. "Ich hätte nie gedacht, dass so etwas im 21. Jahrhundert passiert", sagt er bedrückt.
In der Ukraine läuft ein Strafverfahren gegen ihn wegen der Organisation von Massenprotesten am 24. Januar. Zu dieser Zeit sei er aber in der Gewalt seiner Entführer gewesen, erklärt Bulatow und macht deutlich, dass er von "den Herrschenden" in Kiew noch nicht einmal mehr ein Minimum an Gerechtigkeit erwartet. Präsident Viktor Janukowitsch müsse zurücktreten, fordert er, und alle inhaftierten Aktivisten müssten freigelassen werden. Er selbst will unbedingt in die Ukraine zurückkehren, sobald es möglich ist.
Verhöre unter Folter
"Das waren Profis", sagt Bulatow über seine Peiniger, die seiner Einschätzung nach russische Spezialkräfte gewesen sein könnten. Während sie ihn folterten, unterstellten ihm die Männer, ein amerikanischer Spion zu sein, sie fragten ihn immer wieder nach den vermeintlichen Drahtziehern des Auto-Maidan, nach Geldgebern im Ausland.
Doch die Kiewer, die mit ihm zusammen in Autokonvois durch die Hauptstadt fuhren und dabei auch die prunkvollen Villen von Regierungsmitgliedern ansteuerten, seien "einfache Leute", die sich nach Freiheit und Bürgerrechten sehnten. Er gehöre keiner politischen Partei oder Bewegung an, betont Bulatow, auch nicht der von Oppositionsführer Vitali Klitschko, den er gleichwohl schätze. Es gehe ihm allein um die Rechte der Ukrainer.
"Wir haben bei unseren Protesten weder Gesetze noch Verkehrsregeln verletzt, und das hat die Regierung sehr geärgert." Schon vor seiner Entführung habe man ihm angedroht, ihn ins Gefängnis zu werfen, berichtet Bulatow. Nun versuche er, die Demokratiebewegung aus dem Ausland zu unterstützen und den ukrainischen Regierungsvertretern ein "maximales Unbehagen" zu verschaffen. Zwar gehe es ihm nach seinen schrecklichen Erlebnissen nicht sonderlich gut, aber "die Ukraine ist es wert, dass wir für sie kämpfen."