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Janukowitsch entlässt Armeechef

19. Februar 2014

Nach der Ankündigung eines "Anti-Terror"-Einsatzes mit großen Vollmachten für die Streitkräfte hat der ukrainische Präsident Janukowitsch den Armeechef entlassen. Bundeskanzlerin Merkel telefonierte mit Kremlchef Putin.

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Demosntranten bei einer Barrikade (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Eskalation in Kiew - Tote und Verletzte

In einem Erlass setzte das Präsident Viktor Janukowitsch den Marinechef Juri Iljin als Nachfolger von Generalstabschef Wladimir Samany ein, der Vizevorsitzender des nationalen Sicherheitsrats wurde. Es ist unklar, ob diese Personalie im Zusammenhang mit den Straßenschlachten in Kiew am Dienstag und den Angriffen radikaler Regierungsgegner auf Verwaltungsgebäude im Westen der Ukraine steht. Janukowitsch kam zudem zu einem kurzfristig angesetzten Treffen mit Oppositionsführern zusammen.

Kurz vor der Personalentscheidung des Präsidenten hatte das Militär mitgeteilt, es sei befugt, an einem "Anti-Terror-Einsatz" des Geheimdiensts SBU gegen Radikale und Extremisten mitzuwirken. Bislang griffen die Streitkräfte aber nicht in die Auseinandersetzungen ein. In martialischem Ton hatte der SBU zur Begründung der landesweiten "Anti-Terror-Aktion" erklärt: "Radikale und extremistische Gruppierungen stellen mit ihren Handlungen eine reale Gefahr für das Leben von Millionen Ukrainern dar." Mit Waffengewalt, Brandstiftung, Entführungen und Mord versuchten sie nun, ihre Ziele durchzusetzen. "Das sind konkrete Terrorakte", so der Geheimdienst.

Eskalation in Kiew - Tote und Verletzte

Am Dienstagabend waren die Sicherheitskräfte mit aller Härte gegen demonstrierende Regierungsgegner im Zentrum der Hauptstadt Kiewv vorgegangen. Bei Straßenschlachten wurden mindestens 26 Menschen getötet - Demonstranten wie Polizisten. Viele von ihnen starben an Schussverletzungen. Zudem sind offenbar mehr als 1000 Demonstranten sowie 300 Sicherheitskräfte verletzt worden, viele schwer und mit Schusswunden. Es waren die gewalttätigsten Auseinandersetzungen in der Ukraine seit ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion vor mehr als 20 Jahren.

Deutsch-russische Telefonate

Angesichts der angespannten Lege in der Ukraine hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonisch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Verbindung gesetzt. Man habe vereinbart, "alles zu tun, damit die Gewalt nicht weiter eskaliert", sagte Merkel am Rande ihres Besuchs in Paris. Putin und sie wollten in engem Kontakt bleiben. Im innenpolitischen Machtkampf in der Ukraine steht Russland auf der Seite Janukowitschs.

Überraschende Wende

Russlands Außenminister Sergej Lawrow forderte seinen deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier auf, seine "engen und täglichen" Kontakte zur ukrainischen Opposition für eine Lösung der Krise zu nutzen. In einem Telefongespräch mit Steinmeier sagte Lawrow nach Angaben seines Ministeriums, die Regierungsgegner müssten sich von radikalen Kräften lossagen, die einen Staatsstreich begonnen hätten. Steinmeier fliegt an diesem Donnerstag mit anderen EU-Außenministern zu Gesprächen nach Kiew.

Demonstranten auf dem Maidan

Nach der Eskalation der Gewalt herrschte tagsüber eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit. Die Gegend um den umkämpften Unabhängigkeitsplatz (Maidan) glich einem Schlachtfeld. Der Rest der Innenstadt wirkte wie ausgestorben, Geschäfte waren nach einem Aufruf der Behörden zu einem Ruhetag ebenso geschlossen wie Schulen und Kindergärten. Auch die Untergrundbahn als Hauptverkehrsader der Millionenmetropole stand still. An vielen Ecken wachten Verkehrspolizisten mit automatischen Waffen.

Nach Korrespondentenberichten strömten im Laufe des Tages immer mehr Regierungsgegner auf den Maidan. Am Abend wurde ihre Zahl auf etwa 10.000 geschätzt. Der Platz ist von Sicherheitskräften umstellt, die im Laufe des Tages immer wieder starke Wasserwerfer einsetzten. Die Demonstranten schleuderten Feuerwerkskörper und Brandsätze.

Zerstörtes Büro von Polizei und Staatsanwaltschaft in Lwiw (Lemberg) (Foto: DW/H. Stadnyk)
Zerstörtes Büro von Polizei und Staatsanwaltschaft in Lwiw (Lemberg)Bild: DW/H. Stadnyk

In anderen Landesteilen geht die Konfrontation zwischen der prowestlichen Opposition und dem prorussischen Regierungslager weiter. In Chmelnizki soll bei Protesten eine Frau angeschossen und lebensgefährlich verletzt worden sein. In ostukrainischen Städten werden Büros von Oppositionsparteien mit Brandsätzen angegriffen. Indes rüstet sich der antirussisch geprägte Westen der Ex-Sowjetrepublik zum Aufstand. Der Bürgermeister der Großstadt Lwiw (Lemberg), Andrej Sadowy, rief die Polizei auf, zu den Regierungsgegnern überzulaufen. In Luzk fesselten Demonstranten den Gouverneur des Gebiets Wolhynien an ihre Protestbühne.

wl/re (dpa, afp, rtr)