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Konflikte

Aktuell: Öl-Preisdeckel zu "komfortabel"

4. Dezember 2022

Der ukrainische Präsident Selenskyj ist enttäuscht über die von EU und G7 beschlossene Preisobergrenze für russisches Öl. Die USA glauben nicht, dass Kremlchef Putin an Friedensgesprächen interessiert ist. Ein Überblick.

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Russland Ölfelder
Russische Ölplattform im Kaspischen MeerBild: Dmitry Dadonkin/TASS/Sipa USA/IMAGO

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj kritisiert Ölpreisdeckel als ineffektiv
  • OPEC+ hält an derzeitiger Fördermenge fest
  • Macron plädiert für Garantien an Russland
  • USA: Putin ist kein "williger Partner"
  • NASA prangert Weizen-Diebstahl in Ukraine an 

 

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hat den beschlossenen Preisdeckel der G7-Staaten, der Europäischen Union und Australiens für russisches Öl als zu hoch kritisiert. Die Entscheidung sei nicht ernst zu nehmen, da die Obergrenze für Moskau noch immer "recht komfortabel" sei, erklärte Selenskyj. Am Freitag lag der Marktpreis für russisches Ural-Öl pro Barrel (159 Liter) bei rund 67 Dollar. Der Preisdeckel für per Schiff aus Russland transportiertes Öl sieht von Montag an eine Obergrenze von 60 Dollar pro Barrel vor.

Vor allem das EU-Land Polen hatte zunächst eine niedrigere Obergrenze gefordert - Berichten zufolge um die 30 Dollar. Dafür hatte auch der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, plädiert.

Der nun beschlossene Preisdeckel ermögliche Russland noch Einnahmen von etwa hundert Milliarden Dollar pro Jahr, kritisierte Selenskyj. "Dieses Geld wird auch dazu verwendet werden, genau jene Länder weiter zu destabilisieren, die jetzt versuchen, weitreichende Entscheidungen zu vermeiden." Es sei "nur eine Frage der Zeit, bis härtere Instrumente zum Einsatz kommen müssen", fügte der Präsident hinzu. "Schade, dass diese Zeit nun verloren geht."

Ukraine-Krieg - G20 - Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj formuliert täglich eine VideobotschaftBild: Planet Pix via ZUMA Press Wire/picture alliance

OPEC+ hält an Förderstrategie fest

Die großen Erdöl exportierenden Länder lassen die derzeitigen Fördermengen unverändert. Vor dem Hintergrund der jüngsten Sanktionen gegen Russland bestätigten Vertreter der in der Gruppe OPEC+ zusammengeschlossenen 23 Länder in einer Videokonferenz den Beschluss vom Oktober. Unter Führung von Saudi-Arabien hatten die OPEC und zehn weitere Partnerländer, allen voran Russland, seinerzeit vereinbart, die Fördermenge ab November um täglich zwei Millionen Barrel (je 159 Liter) zu reduzieren. Das war die stärkste Senkung seit 2020 zu Beginn der Corona-Krise. 

Die Unsicherheiten auf dem Markt seien aktuell erheblich, hieß es. So tritt am Montag das EU-Embargo für russisches Öl, das via Seeweg angeliefert wird, in Kraft. Zu dessen Folgen dürfte ein Anstieg des Ölpreises gehören.

Der Einfluss des 2016 um zehn Nicht-OPEC-Länder erweiterten Kartells ist weiterhin erheblich. Die Allianz hat einen weltweiten Marktanteil von etwa 40 Prozent.

Macron plädiert für Garantien an Russland

Bei Friedensverhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sollte der Westen nach Ansicht des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auch Sicherheitsbedürfnisse Russlands beachten. Europa müsse eine neue Sicherheitsarchitektur vorbereiten, betonte Macron in einem Interview des französischen Fernsehsenders TF1.

Frankreich Emmanuel Macron
Emmanuel Macron gab das TF1-Interview während seines USA-BesuchsBild: Dominique Jacovides/abaca/picture alliance

"Einer der wesentlichen Punkte, auf die wir eingehen müssen - wie (Russlands) Präsident Putin immer gesagt hat - ist die Furcht, dass die NATO an die Türen Russlands heranrückt, und die Stationierung von Waffen, die Russland bedrohen könnten", sagte Macron. "Dieses Thema wird Teil der Themen für einen Frieden sein. Deswegen müssen wir ausarbeiten, wozu wir bereit sind, wie wir unsere Partner und Mitgliedsstaaten schützen, und wie wir Russland Garantien geben, sobald es an den Verhandlungstisch zurückkehrt."

USA: Putin ist kein "williger Partner"

Der russische Präsident Wladimir Putin ist nach Einschätzung der USA derzeit nicht ernsthaft an Friedensgesprächen interessiert. "Die Diplomatie ist natürlich unser aller Ziel, aber man braucht einen willigen Partner", sagte die Staatssekretärin im US-Außenministerium, Victoria Nuland, nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Dazu sei Putin aber nicht bereit. Das zeigten die russischen Angriffe auf ukrainische Energie-Infrastruktur und die Rhetorik aus dem Kreml.

Ukraine US-Staatssekretärin Victoria Nuland in Kiew
Victoria Nuland am Samstag in der ukrainischen Hauptstadt KiewBild: Roman Gritsyna/AP Photo/picture alliance

US-Präsident Joe Biden hatte jüngst gesagt, er sei bereit für ein Gespräch mit Putin, wenn dieser an einer Beendigung des Krieges interessiert sei. Russland hatte daraufhin erklärt, der Westen müsse die von Moskau erklärte Annexion von vier ukrainischen Regionen anerkennen. Diese Reaktion Russlands zeige, so Nuland, wie wenig ernst es Russland in dieser Frage sei.

"Bewusste Grausamkeit" durch Russen

Russland greift nach Ansicht von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bewusst Zivilisten in der Ukraine an. "Mit bewusster Grausamkeit nimmt Russland Zivilisten und zivile Ziele ins Visier", sagte Austin auf dem Reagan National Defense Forum in Kalifornien. "Russische Angriffe haben Kinder getötet, Schulen zerstört und Krankenhäuser zertrümmert", stellte der Pentagonchef fest.

Ukraine: Krankenhäuser unter Beschuss

"Wir sehen bereits eine Art reduziertes Tempo des Konflikts und wir erwarten, dass sich das in den kommenden Monaten fortsetzen wird", erklärte US-Geheimdienst-Direktorin Avril Haines. Russland und die Ukraine versuchten, sich mit Nachschub zu versorgen, um sich auf eine Gegenoffensive nach dem Winter vorzubereiten. Trotz russischer Angriffe auf das ukrainische Stromnetz und andere zivile Einrichtungen beobachte man aber keine Anzeichen für einen verringerten ukrainischen Widerstandswillen.

NASA prangert Weizen-Diebstahl in Ukraine an 

Russland hat sich nach Erkenntnissen der NASA in diesem Jahr Weizen von ukrainischen Feldern im Wert von rund einer Milliarde Dollar angeeignet. Rund 5,8 Millionen Tonnen Weizen seien von Feldern in der Ukraine geerntet worden, die nicht unter der Kontrolle des Landes lägen, teilte NASA Harvest mit, das Ernährungssicherheits- und Landwirtschaftsprogramm der US-Raumfahrtbehörde. Für die Erhebung nutzte NASA Harvest Satellitendaten und Modellierungen.

Frankreich behält AKW-Sicherheit im Blick

Der französische Präsident Emmanuel Macron will an diesem Sonntag erneut mit dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, über die Sicherheit der ukrainischen Atomkraftwerke sprechen. "Auf dieser Grundlage werde ich in Kürze ein konkretes Gespräch mit (Russlands) Präsident Putin über das Thema zivile Atomkraft führen können", fügte Macron in einem Interview der Zeitung "Le Parisien" hinzu. Vorher werde er sich aber auch noch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beraten.

Ukraine-Krieg - Saporischschja
Das AKW Saporischschja aus der Vogelperspektive (Archiv)Bild: Planet Labs Pbc/Planet Labs PBC/AP/dpa/picture alliance

Auf das AKW Saporischschja im Süden der Ukraine, das größte in Europa, hatte es in der Vergangenheit immer wieder Angriffe gegeben. Die IAEA sprach von gezielten Attacken, für die sich Kiew und Moskau gegenseitig die Schuld gaben. Das Atomkraftwerk liegt in der von Russland für annektiert erklärten Region Saporischschja, nicht weit von der Front entfernt.

Bereits am Freitag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz mit Putin telefoniert und auf eine möglichst schnelle diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg gedrängt. Macron sagte dazu, er stimme sich mit Scholz "sehr eng ab".

Schoigu zu Besuch beim Verbündeten Belarus

Mehr als neun Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine hat Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu das verbündete Nachbarland Belarus besucht. Bei einem Treffen mit dem autoritären Langzeit-Machthaber Alexander Lukaschenko bedankte sich Schoigu für die Unterstützung der in Belarus stationierten russischen Soldaten. "Sie fühlen sich hier wirklich wie zuhause", zitierte ihn die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta.

Russlands Verteidigungsminister Schoigu in Belarus
Sergej Schoigu (l.) traf Alexander Lukaschenko in MinskBild: Belarusian Presidential Press Office/AP/dpa/picture alliance

Lukaschenko bekräftigte, dass die Vorbereitungen für die Bildung einer gemeinsamen regionalen Militäreinheit der russischen und belarussischen Streitkräfte liefen. Über entsprechende Pläne hatte Lukaschenko, der oft als der "letzte Diktator Europas" bezeichnet wird, bereits im Oktober informiert. Belarus unterstützt Russlands Krieg gegen die Ukraine - etwa, indem es den Abschuss russischer Raketen von seinem Staatsgebiet aus zulässt.

wa/bru/se/uh (afp, dpa, rtr, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.