Weiteres russisch-nordkoreanisches Treffen
16. September 2023
Das Wichtigste in Kürze:
- Nordkoreas Machthaber Kim trifft Russlands Verteidigungsminister Schoigu
- Polen, Ungarn und die Slowakei beharren auf Importstopp für ukrainisches Getreide
- Baerbock und Blinken sichern Ukraine weitere Unterstützung zu
- Biden wird Selenskyj am Donnerstag im Weißen Haus empfangen
- Proteste gegen Auftritt von Netrebko in Berlin
Bei seiner Russland-Reise hat Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un den russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu getroffen. Die Begegnung habe auf dem Knewitschi-Flughafen im ostrussischen Wladiwostok stattgefunden, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS. Kim wurde demnach von Schoigu und einer Ehrengarde empfangen. Zuvor war er mit dem Zug angereist.
Der russische Minister zeigte Kim strategische Kampfjets der Typen Tu-160, Tu-95 und Tu-22M3, die in der Lage sind Nuklearwaffen mit sich zu führen. "Es kann von Moskau nach Japan fliegen und dann wieder zurück", sagte Schoigu über eines der Flugzeuge. Zudem zeigte er Kim den Überschalljet MiG-31I ausgerüstet mit Raketen des Typs "Kinzhal", die mit nuklearen oder konventionellen Sprengköpfen bestückt werden können. Danach stattete der Nordkoreaner der russischen Pazifikflotte in Wladiwostok einen Besuch ab.
Polen lässt russische PKW nicht mehr über die Grenze
Polen will von Sonntag an die Einreise mit in Russland zugelassenen PKW verweigern. Die Maßnahme sei ein weiteres Element der Sanktionen, die gegen Russland und dessen Bürger wegen des russischen Krieges in der Ukraine verhängt würden, erklärte Innenminister Mariusz Kaminski.
Polen und Ungarn halten an Importstopp fest
Polen, Ungarn und die Slowakei werden auch nach dem Auslaufen des EU-Importverbots für ukrainisches Getreide um Mitternacht keine Einfuhren erlauben. "Wir werden dieses Verbot verlängern, obwohl die Europäische Kommission damit nicht einverstanden ist", sagte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei einer Kundgebung in Elk. Dies sei im Interesse der polnischen Landwirte.
Die ungarische Regierung veröffentlichte eine Verordnung, nach der das Importverbot für 24 Agrarprodukte aus der Ukraine bestehen bleibt. Auch die Slowakei kündigte nationale Importverbote an. Alle drei Länder wollen aber den Transit ukrainischen Getreides in andere Länder auch weiterhin erlauben. Kurz zuvor hatte die EU-Kommission entschieden, das Importverbot nicht zu verlängern. Das im Mai von der EU verhängte Embargo erlaubte es Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und der Slowakei, den Verkauf von ukrainischem Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkernen im Inland zu verbieten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die aktuelle Entscheidung der Kommission in Brüssel. Dies sei ein Beispiel für wahre Einigkeit und Vertrauen. Mit Blick auf Polen, die Slowakei und Ungarn erklärte er, dass "die Ukraine auf zivilisierte Weise reagieren wird, wenn ihre Nachbarländer gegen EU-Recht verstoßen".
Die Getreide-Exporte sind die wichtigste Einnahmequelle der Regierung in Kiew. Sie sucht nach dem Ende des Getreideabkommens mit Russland nach neuen Exportwegen. Bis dahin konnte das Getreide über das russisch kontrollierte Schwarze Meer verschifft werden. Alternativen dazu sind Landwege. Zwar hatten Anrainer-Länder ursprünglich angeboten, den Transport der ukrainischen Ernten über eigenes Territorium zuzulassen. Allerdings sanken dadurch die heimischen Getreidepreise in osteuropäischen Ländern, was Bauern-Proteste auslöste. In Folge verhängte die EU den Importstopp, der an diesem Freitag auslief.
Russland will beschlagnahmte ukrainische Immobilien verkaufen
Die von Russland eingesetzten Behörden auf der Halbinsel Krim wollen rund 100 Immobilien von Ukrainern an neue Besitzer geben. Die verstaatlichten Grundstücke sollten bald veräußert werden, schreibt Wladimir Konstantinow, Sprecher des Parlaments der Krim, auf Telegram. Eines gehöre dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die ersten acht Auktionen für die Anwesen ukrainischer Geschäftsleute hätten stattgefunden. Russland hatte die ukrainische Krim 2014 völkerrechtswidrig annektiert.
Baerbock und Blinken sichern der Ukraine weitere Unterstützung zu
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und ihr US-Kollege Antony Blinken haben Kiew zugesagt, im Verteidigungskrieg weiterhin Hilfe zu leisten. "Wir unterstützen die Menschen in der Ukraine, solange sie uns brauchen", sagte Baerbock bei einer Pressekonferenz mit Blinken in Washington. Der russische Präsident Wladimir Putin laufe "ins Leere", wenn er glaube, die Welt werde sich an den Krieg "gewöhnen, weil es andere Themen gibt". Niemand werde sich "an einen brutalen Angriffskrieg gewöhnen". Auch "Putins Brechstange aus Hass" werde den ukrainischen Überlebenswillen nicht brechen, sondern den Kampf für Freiheit stärken.
Blinken versicherte, die "starke Unterstützung" der USA und Dutzender anderer Staaten für die Ukraine werde fortgeführt - sowohl militärisch als auch wirtschaftlich und humanitär. Der US-Außenminister dankte Deutschland für dessen "Führungsrolle" bei der Unterstützung von Kiew. "Deutschland ist der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine der Welt nach den USA."
Beide Minister verteidigten die Haltung ihrer Regierungen, der Ukraine bestimmte Raketensysteme mit besonders großer Reichweite zumindest derzeit nicht zu liefern. Baerbock sagte mit Blick auf deutsche Marschflugkörper vom Typ Taurus, es gebe "sensible Fragen zu klären". Blinken erklärte, die USA würden ständig prüfen, welche zusätzlichen Waffenhilfen für die Ukraine "nützlich und effektiv" sein könnten. Bei besonders modernen Waffensystemen stelle sich die Frage nach der Ausbildung ukrainischer Soldaten und der Wartung.
Selenskyj verkündet Rückeroberung der Ortschaft Andrijiwka
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bekräftigt, seine Truppen hätten die Ortschaft Andrijiwka nahe Bachmut im Gebiet Donezk eingenommen. "Für die Ukraine ist es ein bedeutendes und dringend benötigtes Resultat", sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Auch in den anliegenden Ortschaften Klischtschijiwka und Kurdjumowka seien die eigenen Truppen aktiv.
Die Befreiung von Andrijiwka hatte der Generalstab bereits am Morgen gemeldet, nachdem ähnliche Meldungen am Vortag als verfrüht zurückgezogen worden waren. Das russische Verteidigungsministerium widersprach indes der ukrainischen Darstellung und erklärte, der "Feind" habe "vergeblich versucht, die russischen Soldaten aus den Ortschaften Klischtschijiwka und Andrijiwka zu vertreiben".
Biden wird Selenskyj am Donnerstag im Weißen Haus empfangen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird kommende Woche die US-Hauptstadt Washington besuchen. Selenskyj wird am Donnerstag von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen, wie Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte. Medienberichten zufolge will der ukrainische Präsident auch Vertreter des US-Kongresses treffen.
Selenskyj wird kommende Woche zunächst an der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York teilnehmen. Er wird dann nach Washington weiterreisen. Der ukrainische Präsident dürfte dabei um weitere Unterstützung der USA für sein Land im Verteidigungskrieg gegen Russland werben. Biden hat den Kongress um zusätzliche Ukraine-Hilfen in Höhe von 24 Milliarden Dollar (rund 22 Milliarden Euro) gebeten, es gibt aber Widerstand aus den Reihen der oppositionellen Republikaner.
Selenskyj hatte bereits im Dezember 2022 Washington besucht und dabei eine Rede vor dem Kongress gehalten. Es war seine erste Auslandsreise seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen sein Land am 24. Februar 2022. Biden wiederum reiste im vergangenen Februar kurz vor dem ersten Jahrestag des Kriegsbeginns zu einem Überraschungsbesuch in die ukrainische Hauptstadt Kiew und traf dort Selenskyj.
Proteste gegen Auftritt von Netrebko in Berlin
Kurz vor dem umstrittenen Auftritt von Anna Netrebko in der Staatsoper Unter den Linden haben nach Angaben der Polizei rund 150 Menschen gegen die österreichisch-russische Sängerin protestiert. Vor dem Opernhaus in der Mitte Berlins demonstrierten sie am Freitagabend mit ukrainischen Fahnen, Plakaten und "No Netrebko!"-Rufen. Die Polizei schirmte die Demonstranten mit Gattern vom Opernpublikum ab. Die international gefeierte Sopranistin war wegen mutmaßlicher Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Beginn des Krieges in die Kritik geraten.
Der ukrainische Botschafter Oleksij Makejew zeigte in Berlin Verständnis dafür, dass die politisch Verantwortlichen keinen direkten Einfluss auf die Oper ausübten. Er habe versucht, dem Staatsoper-Intendanten Matthias Schulz zu erklären, warum er den Auftritt für nicht angebracht halte. "Leider habe ich keine akzeptable Antwort bekommen", sagte Makejew.
Netrebko sang bei ihrem ersten Berliner Gastspiel seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Rolle der Lady Macbeth in Giuseppe Verdis Oper "Macbeth". In der Staatsoper waren alle knapp 1400 Plätze ausverkauft. Netrebkos Auftritt wurde mit minutenlangen Ovationen gefeiert. Es stehen noch drei weitere Aufführungen mit der 51-Jährigen auf dem Spielplan.
Russischer General Surowikin erstmals wieder öffentlich aufgetreten
Der russische General Sergej Surowikin, der früher für die Ukraine-Offensive verantwortlich war, ist zum ersten Mal seit Monaten in der Öffentlichkeit aufgetreten. Auf Fotos, die am Dienstag auf der Facebook-Seite der Großen Moschee in Oran in Algerien veröffentlicht, aber erst am Freitag von russischen Medien verbreitet wurden, steht Surowikin in Zivilkleidung neben russischen Offizieren in Uniform und dem Imam der Moschee. Eine "hochrangige russische Delegation" habe die Große Abdelhamid-Ben-Badis-Moschee besucht, hieß es. Warum Surowikin in Algerien war, wurde nicht mitgeteilt.
Surowikin soll der russischen Wagner-Gruppe nahe gestanden haben. Seit dem gescheiterten Aufstand der Söldnertruppe gegen die russische Militärführung im Juni war er nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wurde er im August von seinem Posten als Kommandeur der russischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte entlassen. Surowikin galt als Wagner-Sympathisant und als Vermittler zwischen der Militärführung und Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin. Während der Wagner-Revolte im Juni forderte er die Söldner per Video auf, in ihre Stützpunkte zurückzukehren, "bevor es zu spät ist". Prigoschin kam im August bei einem Flugzeugabsturz in Russland ums Leben.
fab/nob/kle/mak/jj/rb (dpa, rtr, afp)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.