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Politik

Aktuell: Türkei ebnet Weg für NATO-Beitritt Finnlands

17. März 2023

Monatelang hatte sich der türkische Präsident Erdogan gegen den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands gesträubt. Der Internationale Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Kremlchef Putin. Nachrichten im Überblick.

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Türkei Diplomatie l Präsident Erdogan empfängt den finnischen Präsidenten Niinisto
Hindernisse überwunden: der finnische Präsident Niinistö (l.) und der türkische Präsident Erdogan in AnkaraBild: Murat Cetinmuhurdar/Presidential Press Office via REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Grünes Licht für NATO-Beitritt Finnlands
  • Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Putin
  • Xi Jinping reist nächste Woche nach Moskau
  • Auch Slowakei kündigt Lieferung von Kampfjets an
  • Wieder russische Weizenlieferungen aus der Ukraine

 

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach monatelanger Blockade seine Zustimmung zum NATO-Beitritt Finnlands ohne Schweden gegeben. Bei einem Besuch des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö gab er grünes Licht für den Schritt. Man werde den Ratifizierungsprozess im Parlament einleiten, sagte Erdogan in Ankara. 

Die Aufnahme Finnlands könnte damit noch vor der Wahl in der Türkei am 14. Mai vom Parlament ratifiziert werden. Finnland und Schweden hatten vor rund zehn Monaten unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Mitgliedschaft in der NATO beantragt. 28 der 30 Mitglieder der westlichen Militärallianz haben die Beitrittsprotokolle ratifiziert, nur Ungarn und die Türkei noch nicht.

Ankara blockierte die Beitritte unter anderem mit Verweis auf einen unzureichenden Kampf gegen "Terrororganisationen" bei den Anwärtern. Damit ist vor allem die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK gemeint. Die Einwände richten sich aber in erster Linie gegen Schweden.

Dass Erdogan Finnland den Vortritt und Schweden warten lässt, damit hatte man im Norden Europas zuletzt immer stärker gerechnet. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson bekräftigte am Mittwoch bei einem Besuch bei Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin, dass sein Land auch auf diese Möglichkeit vorbereitet sei - auch wenn ihm ein gemeinsamer Beitritt mit Finnland weiterhin lieber wäre.

Haftbefehl gegen Putin erlassen

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehl gegen Russlands Präsident Wladimir Putin erlassen. Das Gericht wirft ihm vor, verantwortlich für Kriegsverbrechen in der Ukraine zu sein, wie die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland. Es bestünden "vernünftige Gründe" für die Annahme, dass Putin für die als Kriegsverbrechen einzustufende Verschleppung von Kindern "persönlich verantwortlich" sei, erklärte der Strafgerichtshof. Auch gegen die Kinderrechtsbeauftragte des Präsidenten, Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, sei Haftbefehl ergangen.

Der IStGH hatte bereits unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ermittlungen aufgenommen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bis Februar dieses Jahres mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete verschleppt.

Russland bekräftigte umgehend, Entscheidungen des Strafgerichtshofs in Den Haag seien bedeutungslos, auch in rechtlicher Hinsicht.

China Peking | Wladimir Putin und Xi Jinping Februar 2022
Wladimir Putin (l.) und Xi Jinping wollen sich nächste Woche in Moskau über den Ukraine-Krieg austauschen (Archivbild)Bild: Alexei Druzhinin/AP/picture alliance

Xi Jinping reist nächste Woche nach Moskau

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine reist Chinas Präsident Xi Jinping in der kommenden Woche zu Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau. Der Staatsbesuch dauert von Montag bis Mittwoch, wie beide Seiten mitteilten. Das chinesische Außenministerium bezeichnete die Moskau-Reise Xis als "Besuch für den Frieden". Es gehe darum, "wahren Multilateralismus zu praktizieren, das globale Regieren zu verbessern und Beiträge zur Entwicklung und zum Fortschritt der Welt zu leisten".

Xi und Putin würden ihre Ansichten über bilaterale Beziehungen und wichtige internationale und regionale Themen austauschen, sagte Ministeriumssprecher Wang Wenbin. China werde seine Haltung in der Ukraine-Krise beibehalten und eine konstruktive Rolle bei der Förderung von Friedensgesprächen spielen, fügte er hinzu. Laut Kreml geht es bei dem Treffen vor allem um einen Ausbau der Beziehungen. Im Mittelpunkt der Gespräche sollten "die Vertiefung der umfassenden Partnerschaft und der strategischen Zusammenarbeit zwischen Russland und China", insbesondere "auf der internationalen Bühne" stehen. 

Auch Slowakei kündigt Lieferung von Kampfjets an

Nach Polen will auch die Slowakei Kampfjets des Typs MiG-29 in die Ukraine schicken. Das habe seine Regierung entschieden, teilte Ministerpräsident Eduard Heger mit. Er bestätigte damit eine Ankündigung von Verteidigungsminister Jaroslav Nad in der vergangenen Woche.

Die Flotte von insgesamt elf Maschinen war im Sommer außer Dienst gestellt worden. Die meisten Flugzeuge sind nicht in einem betriebsfähigen Zustand. Neben den einsatzfähigen Jets sollen die anderen für die Versorgung mit Ersatzteilen an die Ukraine übergeben werden.

Slovakischer Mig-29
Slowakische MiG-29 (Archivbild)Bild: Yorick Jansens/BELGA/dpa/picture alliance

Polen hatte am Donnerstag angekündigt, der Ukraine in den kommenden Tagen vier voll einsatzfähige MiG-29 zu überstellen. Weitere dieser in der Sowjetunion entwickelten Kampfjets sollen folgen. Die Slowakei und Polen sind Teil der NATO-Ostflanke. Beide Staaten haben sich wiederholt für entschiedenere Militärhilfen an Kiew ausgesprochen. Andere Bündnispartner wie etwa die USA und Deutschland unterstützen die Ukraine mit Waffen, lehnen eine Lieferung von Kampfflugzeugen aber bisher ab.

Belgien hat unterdessen angekündigt, der Ukraine ab der kommenden Woche insgesamt 230 Militärfahrzeuge zur Verfügung zu stellen. So sollen nach Angaben des belgischen Verteidigungsministeriums 150 Militärlastwagen und 80 gepanzerte Mehrzweckfahrzeuge geliefert werden. Die Entscheidung habe die Regierung bereits Ende Januar getroffen. Die Fahrzeuge seien nun technisch inspiziert und überholt worden. 

Selenskyj verspricht Befreiung von Mariupol

Am Jahrestag der Bombardierung des Theaters von Mariupol hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Rückeroberung der Stadt und ein Kriegsverbrechertribunal gegen Russen angekündigt. "Der Tag wird kommen und wir werden Mariupol befreien", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Zugleich erinnerte der 45-Jährige an den russischen Luftangriff vor einem Jahr auf das Theater in der damals schwer umkämpften Hafenstadt, in dem zu der Zeit viele Zivilisten Unterschlupf gefunden hatten.

"Russische Bomben zerstörten das Theater in Mariupol", sagte der ukrainische Staatschef. Bis heute sei nicht klar, wie viele Menschen ums Leben gekommen seien. "Hunderte? Eintausend?", so Selenskyj. Moskau bestreitet die Verantwortung für den Angriff und behauptet, das Theater sei vom nationalistischen ukrainischen Regiment Asow in die Luft gesprengt worden.

Standbild aus DW TV-Bericht "Zelenskyy says ceasefire is vital for Mariupol evacuation"
Man sieht dem ukrainischen Präsidenten die Anstrengungen der vergangenen Monate anBild: Ukrainian Presidency/AFP

Selenskyj bezeichnete die Bombardierung des Theaters als eines von vielen Kriegsverbrechen Russlands. "Der Tag wird kommen, an dem ein Tribunal eingerichtet wird, um die Gerechtigkeit für unser Volk wiederherzustellen", versprach er. Die ukrainische Justiz arbeite an der Aufklärung der Fälle. Die Diplomaten des Landes schmiedeten Partnerschaften mit dem Ausland, um die Verbrechen vor einen internationalen Strafgerichtshof zu bringen.

Neuer Appell aus China

China hat die Ukraine und Russland aufgefordert, möglichst schnell Friedensverhandlungen aufzunehmen. China hoffe, dass alle Parteien die Friedensgespräche so bald wie möglich wieder aufnähmen und zu einer politischen Lösung zurückkehrten, sagte Außenminister Qin Gang bei einem Telefonat mit seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba.

Peking sei besorgt, dass die Krise eskalieren und außer Kontrolle geraten könnte, und werde weiterhin eine konstruktive Rolle bei der Beendigung der Feindseligkeiten spielen. China gibt Russlands Präsident Wladimir Putin in dem Konflikt Rückendeckung. Moskau wird in der Volksrepublik niemals als Aggressor dargestellt.

Chinas Außenminister Qin Gang
Chinas Außenminister Qin Gang (Archivbild)Bild: Mark Schiefelbein/AP Photo/picture alliance

Im Februar hatte Peking ein Positionspapier zum Ukraine-Krieg vorgelegt, in dem die Achtung der Souveränität, das Ende einer "Mentalität des Kalten Krieges", eine Waffenruhe und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen gefordert wird. Der Appell war international auf Enttäuschung gestoßen - auch weil er nicht einmal den Rückzug russischer Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine vorsah. Zuletzt hatte Peking verärgert auf Warnungen der USA reagiert, das Land könnte im Ukraine-Krieg womöglich Waffen an Russland liefern. 

Russland verzeichnet Geländegewinne in Bachmut

Beim Kampf um die ostukrainische Stadt Bachmut haben russische Kräfte nach Einschätzung britischer Geheimdienste Fortschritte machen können. In den vergangenen Tagen hätten einige Einheiten der russischen Armee sowie Söldner der Wagner-Gruppe westlich des Flusses Bachmutka Fuß gefasst, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Zuletzt habe der Fluss die Front markiert. Ukrainische Kräfte verteidigten den Westen der Stadt weiter.

Im Gegensatz zur Lage in Bachmut führe Russland aber am Rest der Front so wenige Angriffe aus wie lange nicht mehr. Nach britischen Informationen ist das auf die vorübergehend stark dezimierte Kampfkraft der dort eingesetzten Formationen zurückzuführen. Es wird vermutet, dass die Vorstöße wieder aufgenommen werden, sobald mehr Personal vor Ort ist und die Munitionsvorräte aufgefüllt sind. 

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlich seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine täglich Updates zum Kriegsverlauf und beruft sich dabei auf Informationen der Geheimdienste. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

Russland holt Weizen aus der Ukraine

Russland hat erneut Getreide aus den besetzten ukrainischen Gebieten per Schiff exportiert. Über die Hafenstadt Berdjansk am Asowschen Meer sei Weizen ausgeführt worden, teilte der ukrainische Generalstab mit. Ein beladener russischer Lastkahn sei von mehreren Schleppern aus dem Hafen geleitet worden.

Der von Moskau eingesetzte Chef des Gebietes Saporischschja, Jewgeni Balizki, hatte zuvor auf Telegram geschrieben, der Hafen werde für die Getreideausfuhr vorbereitet. Insgesamt sei geplant, zwei Millionen Tonnen Getreide per Schiff und Eisenbahn aus dem russisch kontrollierten Teil des Gebiets zu exportieren. Eine halbe Million Tonnen seien für den Eigenbedarf vorgesehen.

Ukraine | Weizenernte
Über die Hafenstadt Berdjansk will Russland zwei Millionen Tonnen Weizen aus der Ukraine holen (Archivbild)Bild: Ionut Iordachescu/AFP/Getty Images

Große Teile der Ackerflächen in den Gebieten Saporischschja und Cherson in der Südukraine sind von Russland vor gut einem Jahr erobert worden. Kiew prangerte wiederholt die russische Praxis an, Getreide aus den besetzten Gebieten auszuführen und zu verkaufen. Der Ukraine entgehen so wichtige Exporteinnahmen. Der Streit um ukrainisches Getreide hat noch eine andere Komponente. Monatelang blockierte Russland die ukrainischen Schwarzmeerhäfen und damit die Getreideexporte des Landes.

Erst im Sommer wurde unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei ein Abkommen zur Freigabe der Häfen geschlossen. Nun wurde das zuvor schon einmal verlängerte Abkommen um 60 Tage gestreckt. Russland hat sein Einverständnis an die Forderung geknüpft, westliche Sanktionen zu lockern. Diese behinderten den Export russischer Lebens- und Düngemittel, hieß es.

Bundeswehr mit neuem Generalinspekteur

Der neue Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, tritt an diesem Freitag sein Amt an. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius empfängt den 58-jährigen Generalleutnant im Bendlerblock seines Ministeriums in Berlin mit militärischen Ehren. Breuer ist Nachfolger von Eberhard Zorn, der nach fünf Jahren aus dem Amt geschieden war.

Generalleutnant Carsten Breuer
Als Generalinspekteur ranghöchster Soldat der Bundeswehr: Carsten Breuer (Archivbild)Bild: Annette Riedl/dpa/picture alliance

Der Generalinspekteur ist als Vier-Sterne-General der ranghöchster Soldat der Bundeswehr und Vorgesetzter der gesamten Truppe. Außerdem wirkt er an den verteidigungspolitischen Planungen der Bundesregierung mit. Breuer war bisher Leiter des in der Folge des Ukraine-Kriegs eingerichteten territorialen Führungskommandos der Bundeswehr. Zuvor hatte er den Corona-Krisenstab im Bundeskanzleramt geleitet.

Schweizer mit mehr Sympathie für die NATO

In der neutralen Schweiz hat sich seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine die Meinung zur Verteidigungspolitik gedreht. Laut einer Umfrage im Auftrag des Verteidigungsministeriums ist erstmals mehr als die Hälfte der Bevölkerung für eine Annäherung ihres Landes an das transatlantische Militärbündnis NATO. Demnach stimmten im Januar 55 Prozent solch einer Strategie zu, ein Jahr zuvor lag die Zustimmung noch zehn Prozentpunkte niedriger. 53 Prozent vertraten die Meinung, dass die Neutralität es zulasse, die militärische Verteidigung der Schweiz zusammen mit der NATO zu planen.

Schweiz | Weltgrößte Schweizer Flagge in Schwaegalp
Seit Beginn des Ukraine-Krieges wächst das Interesse der Schweizer an der NATOBild: Ennio Leanza/dpa/picture-alliance

Jedoch sprachen sich weiterhin zwei Drittel der Befragten gegen einen Beitritt zur NATO aus. Die Zustimmung zur Neutralität der Schweiz ist laut der Umfrage mit 91 Prozent zwar weiterhin sehr hoch, dennoch ist dieser Wert um sechs Prozentpunkte gesunken. Das Parlament und die Regierung der Schweiz vertreten die Position, dass Käufer von Schweizer Kriegsmaterial dies weiterhin nicht an Drittstaaten liefern dürfen, die sich im Krieg befinden. Mit Verweis auf die Neutralität verhindert Bern so unter anderem deutsche Lieferungen von Schweizer Panzermunition an die Ukraine.

haz/mak/djo/jj/uh/qu (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.