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Politik

Macron schließt Lieferung von Kampfpanzern nicht aus

22. Januar 2023

Die französische Regierung prüft, ob sie Leclerc-Panzer an die Ukraine liefern kann und in Deutschland gibt es angeblich eine Liste zu möglichen Leopard-Lieferungen. Ein Überblick.

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Leclerc-Panzer zur Unterstützung von Nato-Kampfgruppe
Französische Leclerc-Panzer waren im Herbst zur Verstärkung der NATO-Ostflanke nach Rumänien transportiert wordenBild: Sgt Jerome Salles/Armee de Terre/Defense/EMACOM/AP/dpa/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • Frankreich hält Panzerlieferung für möglich
  • Pistorius will rasch in die Ukraine
  • Italien kündigt Lieferung von Flugabwehrsystem an
  • Liegt eine Liste zu möglichen Leopard-Lieferungen längst vor?
  • Selenskyj mit emotionaler Abschiedsbotschaft 

 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schließt eine Lieferung der französischen Kampfpanzer Leclerc in die Ukraine nicht aus. "Was die Leclerc angeht, ist nichts ausgeschlossen", sagte Macron bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Paris.

Eine Bereitstellung dieser Kampfpanzer dürfe aber den Konflikt nicht eskalieren, die eigene Verteidigungsfähigkeit nicht schwächen und müsse eine realistische und effiziente Unterstützung der Ukraine darstellen. Dabei müsse die Frist bis zur Ausbildung der ukrainischen Besatzungen und der Lieferung der Panzer berücksichtigt werden, sagte Macron.

Die Frage werde in den nächsten Tagen und Wochen mit den Verbündeten wie Deutschland erörtert. Bisher sind noch keine Kampfpanzer westlicher Bauart in die Ukraine für den Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer geliefert worden.

Großbritannien hat aber 14 Challenger-Panzer zugesagt. Scholz hat sich noch nicht entschieden, ob er den Weg für die Lieferung deutscher Leopard-2-Panzer frei machen will. Die ukrainische Führung fordert seit langem Kampfpanzer westlicher Bauart zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg.

Pistorius will bald in die Ukraine

Der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat unterdessen angekündigt, möglichst bald in die Ukraine zu fahren. "Sicher ist, dass ich schnell in die Ukraine reisen werde", sagte Pistorius der "Bild am Sonntag". Dies werde "vermutlich sogar schon innerhalb der nächsten vier Wochen" geschehen, fügte er hinzu. Unter ihm als Minister solle die Bundeswehr den Spitzenplatz in Europa einnehmen, sagte Pistorius weiter. "Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa, deswegen sollte es auch unser Ziel sein, die stärkste und am besten ausgestattete Armee in der EU zu haben."

Ramstein-Treffen zum Krieg in der Ukraine | Verteidigungsminister Pistorius
Boris Pistorius ist seit Donnerstag BundesverteidigungsministerBild: dpa

Das sei allerdings nicht in drei Jahren bis zur nächsten Bundestagswahl zu erledigen, dafür brauche es noch ein paar Jahre länger, betonte Pistorius. "Mein Job ist es, jetzt die Weichen dafür zu stellen, dass die Zeitenwende gelingt." Eine solche hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vor knapp einem Jahr ausgerufen.

Italien kündigt Lieferung von Flugabwehrsystem Samp/T an

Rom und Paris werden der Ukraine nach Auskunft des italienischen Außenministers Antonio Tajani das Flugabwehrsystem Samp/T zur Verfügung stellen. "In Zusammenarbeit mit Frankreich sind wir dabei, die Lieferung von Samp/T zu finalisieren", sagte Tajani der Zeitung "Corriere della Sera". Einen Zeitplan nannte er nicht.

Samp/T ist ein von Frankreich und Italien gemeinsam entwickeltes Luftabwehrsystem. Es gilt als flexibel einsetzbar und effektiv für die Verteidigung gegen Flugzeuge und Raketen. Das System inklusive Abschussvorrichtung für die Raketen ist auf Lastwagen montiert. Vor einer Inbetriebnahme durch Kiew müssten die ukrainischen Soldaten wohl noch an dem System ausgebildet werden. 

SAMP/T Luftabwehrsystem
Flexibel einsatzbar: das Luftabwehrsystem Samp/T (Archivbild)Bild: Alexandra Wey/KEYSTONE/picture alliance

Gibt es eine Liste in Sachen Leopard schon lange?

Die Bundesregierung könnte einem Medienbericht zufolge in der Frage einer möglichen Lieferung moderner Leopard-Panzer in die Ukraine in weitere Erklärungsnot geraten. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vorab berichtete, gibt es im Verteidigungsministerium bereits seit dem Frühsommer 2022 eine detaillierte Liste mit verschiedenen Leopard-Modellen, die bei der Truppe verfügbar sind und für eine Lieferung an die Ukraine infrage kämen.

Die Tabelle sei als Verschlusssache eingestuft und liege dem "Spiegel" vor, hieß es. Der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte am Freitag beim Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe auf der US-Militärbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz angekündigt, er habe die Erstellung einer Liste in Auftrag gegeben, welche und wie viele Leopard-Panzer überhaupt für eine mögliche Lieferung an Kiew in Frage kämen.

Gefahren im stockdunklen Kiew

Laut der dem "Spiegel" vorliegenden Liste verfügt die Bundeswehr insgesamt über 312 verschiedene Leopard-2-Panzer verschiedener Baureihen, davon seien im Mai vergangenen Jahres allerdings 99 für Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten bei der Rüstungsindustrie gewesen, einer bereits in der Aussonderung. Aus der Liste gehe auch hervor, welche Modelle sich für eine Lieferung in die Ukraine eignen würden, schreibt der "Spiegel" unter Berufung auf Bundeswehr-Insider. Demnach sei denkbar, dass die Bundeswehr die 19 Leopard 2A5-Modelle abgeben könne, da sie nur zu Übungen eingesetzt würden.

Das Bundesverteidigungsministerium lehnt eine Stellungnahme zu dem "Spiegel"-Bericht ab. "Die Berichterstattung kommentieren wir nicht", sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP.

Polen und baltische Staaten machen weiter Druck, Russland warnt 

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat das anhaltende Zögern von Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine hart kritisiert. Die Haltung Deutschlands in dieser Frage sei "inakzeptabel", sagte Morawiecki in einem Interview der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Falls die Bundesregierung bei ihrer Weigerung bleibe, werde Polen "eine kleine Koalition" von Ländern zustande bringen, welche die Ukraine mit "moderner Ausrüstung" und "modernen Panzern" aus ihren eigenen Beständen versorgten. 

Der polnische Regierungschef Mateusz Morawieck
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki will "eine kleine Koalition" zur Panzerlieferung bereiter Länder zustande bringenBild: John Thys/AFP

Auch die baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen riefen die Bundesrepublik in einer gemeinsamen Erklärung zur Lieferung von Kampfpanzern auf. "Wir, die Außenminister Estlands, Lettlands und Litauens, fordern Deutschland auf, der Ukraine jetzt Leopard-Panzer zur Verfügung zu stellen", erklärte der estnische Außenminister Urmas Reinsalu auf Twitter. Das sei notwendig, um die russische Aggression zu stoppen, der Ukraine zu helfen und den Frieden in Europa schnell wiederherzustellen. Deutschland als führende europäische Macht habe in dieser Hinsicht eine besondere Verantwortung.

Der Vorsitzende des russischen Unterhauses, Wjatscheslaw Wolodin
Der Vorsitzende des russischen Unterhauses, Wjatscheslaw Wolodin, warnt vor einem "schrecklicher Krieg"Bild: Alexei Danichev/ITAR-TASS/IMAGO

Der Vorsitzende des russischen Unterhauses, Wjatscheslaw Wolodin, warnte dagegen eindringlich davor, der Ukraine schwere Waffen zur Verfügung zu stellen. "Die Lieferung von Offensivwaffen an das Regime in Kiew wird zu einer globalen Katastrophe führen", erklärt der Duma-Sprecher und enge Vertraute von Präsident Wladimir Putin auf dem Onlinedienst Telegram. Es drohe "ein schrecklicher Krieg". Sollten die USA und NATO Waffen liefern, mit denen zivile Städte angegriffen würden, und sollte es Eroberungsversuche geben, so werde das zu "Vergeltungsmaßnahmen mit stärkeren Waffen" führen.

Abschiedsbotschaft an toten Minister

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich mit bewegenden Worten von seinem bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommenen Innenminister Denys Monastyrskyj verabschiedet. "Wir verlieren jeden Tag Menschen, an die wir uns immer erinnern werden und wo wir bedauern, dass wir sie nicht zurückbringen können", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Er war zusammen mit seiner Frau auch bei der Trauerfeier für die Opfer des Absturzes gewesen.

Ukraine, Kiew: Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Der ukrainische Präsident Selenskyj und seine Frau Olena SelenskaBild: Efrem Lukatsky/AP/dpa/picture alliance

"... fühlen, wie viele Leben der Krieg kostet"

Im Gegensatz zu den meisten anderen Videobotschaften, die er seit Beginn des russischen Angriffskriegs verbreitet hatte, nahm Selenskyj diesmal weder Bezug auf das aktuelle Geschehen an der Front noch auf die Forderungen an den Westen, während speziell in Deutschland eine scharfe Debatte um Panzerlieferungen an die Ukraine läuft.

Stattdessen erinnerte Selenskyj an die vielen Opfer, die der Krieg bisher schon gefordert hat, und er richtete eine emotionale Botschaft an seine Landsleute. Er wünsche sich, dass alle Ukrainer den Verlust empfinden. Er wünsche, "dass wir fühlen, wie viele Leben, wie viele kluge Menschen der Krieg kostet. Ich möchte, dass wir alle heute ihr Andenken ehren", sagte der Präsident.

Festnahme wegen Bestechlichkeit

In der Ukraine ist ein stellvertretender Minister laut Medienberichten wegen der Annahme einer sechsstelligen Bestechungssumme festgenommen worden. "Das Nationale Antikorruptionsbüro hat beim Vizeminister für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und Infrastruktur, Wassyl Losynskyj, eine Hausdurchsuchung durchgeführt und ihn festgenommen", berichtete die Internetzeitung "Ukrajinska Prawda". Das Ministerium hat bereits auf den Bericht reagiert und den Spitzenbeamten entlassen.

Ukraine | Wassyl Losynskyj
Vizeminister Wassyl Losynskyj soll mit einem sechsstelligen Betrag bestochen worden seinBild: loda.gov.ua

Losynskyj wird vorgeworfen, beim Ankauf von Stromgeneratoren Bestechungsgeld in Höhe von 400.000 Euro kassiert zu haben. Die Ermittlungen liefen seit September, hieß es. Losynskyj war Anfang November nach einem Wechsel an der Spitze der Behörde sogar kurzfristig amtierender Minister, ehe er wieder ins zweite Glied zurücktreten musste. Das Ministerium teilte auf seiner Facebook-Seite mit, dass es die Untersuchungen voll und ganz unterstütze. Losynskyj werde seines Amtes enthoben.

uh/kle/sti/nob/haz/gri (dpa, rtr, afp, ap)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.