Ukraine aktuell: Acht Tote nach russischen Raketenangriffen
8. August 2023
Das Wichtigste in Kürze:
- Auch Rettungskräfte sterben in Pokrowsk
- Kuleba bittet um Raketen größerer Reichweite
- Berlin bietet Polen Verlängerung der Patriot-Stationierung an
- China setzt auf neue Friedensgespräche
- Neues russisches Schulbuch rechtfertigt Krieg
Bei russischen Raketenangriffen auf die Stadt Pokrowsk in der ostukrainischen Region Donezk sind nach offiziellen Angaben mindestens acht Menschen getötet worden. Opfer seien fünf Zivilisten, zwei Mitarbeiter der Rettungsdienste und ein Soldat, teilte der Leiter der Militärverwaltung der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, im Onlinedienst Telegram mit. 14 Menschen hätten Verletzungen erlitten.
Zwei Raketen hätten ein Wohnviertel in Pokrowsk getroffen, berichtete ergänzend der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko auf Telegram. Unter den Verletzten seien etliche Polizisten und Rettungskräfte. Sie seien unter Beschuss geraten, als sie gerade dabei gewesen seien, den Opfern des ersten Einschlags zu helfen.
Pokrowsk liegt etwa 70 Kilometer nordwestlich der von Russland kontrollierten ukrainischen Stadt Donezk und etwa 30 Kilometer von der Frontlinie entfernt.
Auch Staatschef Wolodymyr Selenskyj berichtete über die russische Attacke auf ein "gewöhnliches Wohnhaus". Im Onlinedienst "X", noch immer vor allem als Twitter bekannt, schrieb er: "Wir müssen den russischen Terror stoppen." In seiner Videobotschaft sagte er zudem, die Russen hätten bei ihrem Angriff auf Pokrowsk Iskander-Raketen verwendet.
Russischer Beschuss wurde am Montagabend ebenso aus dem an Donezk angrenzenden Gebiet Charkiw gemeldet. Auch hier gab es Tote und Verletze, wie die örtlichen Behörden mitteilten.
Kuleba bittet um Raketen größerer Reichweite
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die USA um die Lieferung von Raketen vom Typ ATACMS gebeten. Diesen Wunsch habe er in einem Telefongespräch mit seinem US-Kollegen Antony Blinken geäußert, gab Kuleba bekannt. "In unserem Telefonat haben Blinken und ich weitere Schritte zur Ausweitung der globalen Unterstützung für die Friedensformel und Lösungen zur Ausweitung der Getreideexporte besprochen." Er habe den USA für die geleistete Unterstützung gedankt und die Notwendigkeit betont, die Fähigkeiten der Ukraine durch die Bereitstellung von ATACMS zu verbessern.
Ukraine hofft auf "Taurus"-Lieferung
Ein hochrangiger ukrainischer Abgeordneter sieht Bewegung in der Frage, ob Deutschland dem Land "Taurus"-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometer liefert. Die wichtigsten Fraktionen des Bundestages hätten in dieser Frage einen Konsens erzielt, sagte Jehor Tschernew, der die ukrainische Delegation in der Parlamentarischen Versammlung der NATO leitet. Allerdings entscheidet nicht der Bundestag, sondern die Bundesregierung über die Lieferung.
Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums wollte Tschernews Darstellung nicht bestätigen. An der bisherigen Ablehnung habe sich nichts geändert, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.
Berlin bietet Polen Verlängerung der Patriot-Stationierung an
Das Bundesverteidigungsministerium hat Polen angeboten, die ursprünglich für maximal ein halbes Jahr geplante Stationierung der drei deutschen Patriot-Einsatzstaffeln über den Sommer hinaus weiterzuführen, voraussichtlich bis zum Jahresende. Eine Verlängerung über das Jahr 2023 hinaus sei allerdings nicht vorgesehen, teilt das Ministerium mit. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundeswehr im Januar drei weitere Systeme nach Polen verlegt. Sie sind in der Nähe von Zamosc stationiert und leisten als Teil der integrierten NATO-Luftverteidigung einen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung und des Bündnisgebietes an der Ostflanke.
China setzt auf neue Friedensgespräche
Im Bemühen um ein Ende des Ukraine-Kriegs sieht sich China weiterhin in einer unabhängigen und unparteiischen Position. Die Volksrepublik werde in allen internationalen multilateralen Foren eine "objektive und rationale Stimme" sein und "Friedensgespräche aktiv fördern", erklärte das Außenministerium in Peking nach einem Telefonat von Ressortchef Wang Yi mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow.
Es sei eine Reihe "heißer Themen" diskutiert worden, darunter auch die "ukrainische Krise", teilte das russische Außenministerium mit. Das Telefonat der beiden Chefdiplomaten folgte auf einen Ukraine-Gipfel in Saudi-Arabien am vergangenen Wochenende, zu dem Russland nicht eingeladen war, China aber schon. Bei der zweitägigen Konferenz in Dschidda hatten Vertreter aus rund 40 Staaten - darunter aus der Ukraine selbst - mögliche Friedenslösungen diskutiert. Solche Treffen ohne Beteiligung Moskaus hätten "nicht den geringsten Mehrwert", schimpfte Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums.
"Metro 2033"-Autor soll in russisches Straflager
Ein Moskauer Gericht hat den bekannten Science-Fiction-Autor Dmitri Gluchowski in Abwesenheit zu acht Jahren Haft in einem Straflager verurteilt. Wie russische Nachrichtenagenturen berichteten, wurde der Schriftsteller der Verbreitung von "Falschinformationen" über die russische Armee für schuldig befunden.
Gluchowski, der bereits seit Jahren die autoritäre Politik von Kremlchef Wladimir Putin anprangert, hatte in sozialen Netzwerken den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf kritisiert. Der 44-Jährige lebt im Exil in Spanien. Eine Rückkehr nach Russland ist für ihn in absehbarer Zeit quasi ausgeschlossen. Gluchowskis bekanntestes Werk ist der Roman "Metro 2033", der auch als Grundlage für ein beliebtes Videospiel diente.
Neues Geschichtsbuch für russische Schüler rechtfertigt Krieg
Der russische Bildungsminister Sergej Krawzow hat ein neues Geschichtsbuch vorgestellt, das die Sicht des Staates auf den Ukraine-Konflikt darlegt. Das in "knapp fünf Monaten" geschriebene Buch sei für Elftklässler und damit für Schüler, die etwa 17 Jahre alt sind, und decke die Zeit von 1945 bis zum 21. Jahrhundert ab, sagte Krawzow. Es sei wichtig, den Schülern die Ziele der im Februar 2022 begonnen russischen Militäroperation in der Ukraine zu vermitteln, sagte Krawzow weiter. Diese Operation ziele darauf ab, die ehemalige Sowjetrepublik zu "entmilitarisieren" und zu "entnazifizieren".
Das Buch lobt das russische Militär, das 2014 auf der Halbinsel Krim den "Frieden gerettet" habe. Es kritisiert zudem die vom Westen verhängten Sanktionen, die schlimmer als das Handeln Napoleons seien, der 1812 in Russland einmarschiert war. Auf dem Titel des in "allen Schulen" verfügbaren Buches ist die russische Brücke zu sehen, die die annektierte Krim mit dem Festland verbindet. Sie ist ein Symbol für die Herrschaft von Präsident Wladimir Putin und wurde während des Konflikts mehrmals angegriffen. Nach dem Ende der Offensive in der Ukraine, "nach unserem Sieg, werden wir dieses Buch weiter ergänzen", so Krawzow.
qu/sti/AR/wa/rb (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.