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Politik

Neue griechisch-türkische Gespräche

22. September 2020

Entspannung im Streit über die Ausbeutung von Erdgasvorkommen: Die Türkei und Griechenland haben sich erstmals seit vier Jahren zu Sondierungsgesprächen bereit erklärt. Das erste Treffen ist in Istanbul geplant.

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Türkisches Forschungsschiff «Oruc Reis»
Das türkische Forschungsschiff "Oruc Reis" erkundete die ErdgaslagerstättenBild: picture-alliance/dpa/DHA/I. Laleli

Als erste gab die türkische Präsidentschaft bekannt, dass beide Seiten demnächst wieder über die Erdgaslagerstätten im östlichen Mittelmeer sprechen wollen. Der Verlauf der Gespräche hänge von den nächsten Schritten Griechenlands ab, erklärte Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Angaben seines Büros. "Der Impuls, Spannungen abzubauen und Kanäle für den Dialog zu schaffen, muss auf gegenseitigen Schritten beruhen." Zuvor hatten er, Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Charles Michel in einer Videokonferenz über das Thema beraten.

Der türkische Staatschef hoffe, dass der EU-Gipfel Anfang Oktober "neues Leben" in die Beziehungen zwischen der EU und Ankara bringen werde, hieß es weiter. Bei dem Gipfel soll auch über mögliche neue EU-Sanktionen gegen die Türkei gesprochen werden.

Das griechische Außenministerium bestätigte die Fortsetzung der seit 2016 auf Eis liegenden Gespräche mit Ankara. Ein Treffen soll demnach zeitnah in Istanbul stattfinden. Bilaterale Sondierungsgespräche dieser Art gibt es zwischen den beiden Nachbarländern seit 1999, allerdings immer wieder mit Unterbrechungen. Die neue Runde werde die 61. sein, hieß es in Athen.

Insel mitten im Konflikt

Erdogan will türkische Zyprer einbeziehen

Erdogan schlug zudem vor, eine regionale Konferenz mit allen an dem Streit beteiligten Parteien abzuhalten, einschließlich der türkischen Zyprer. Eine solche Konferenz könne sich "positiv und konstruktiv" auf die Situation im östlichen Mittelmeer auswirken, sagte Erdogan.

Der Präsident ging auch in seiner Rede bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung auf die Spannungen zwischen Ankara und Athen ein. In einer Videoansprache forderte der türkische Präsident einen "aufrichtigen" Dialog zur Beilegung des Streits. Zugleich prangerte er "Schikanen" des Westens an.

Im östlichen Mittelmeer war in den vergangenen Monaten der Streit zwischen Griechenland und der Türkei sowie zwischen der Türkei und Zypern um die Erkundung und Ausbeutung des Erdgases eskaliert. Griechenland bezichtigt die Türkei, vor griechischen Inseln illegal Erdgasvorkommen zu erkunden. Die Regierung in Ankara weist die Vorwürfe zurück und vertritt den Standpunkt, dass die Gewässer dem Internationalen Seerecht zufolge zum türkischen Festlandsockel gehören. Die Konfliktparteien untermauern ihre Ansprüche auch durch die Entsendung von Kriegsschiffen.

Macron mahnt

Der Streit war am Dienstag auch Thema eines Telefongesprächs zwischen Erdogan und seinem französischen Kollegen Emmanuel Macron. "Präsident Erdogan sagte, er erwarte von Frankreich in diesem Prozess gesunden Menschenverstand und eine konstruktive Haltung", erklärte die türkische Präsidentschaft. Der französische Staatschef wiederum verlangte nach Angaben des Elysée-Palasts von Erdogan, "die Souveränität der EU-Mitgliedstaaten und das Völkerrecht voll und ganz zu respektieren".

Demnach rief Macron seinen türkischen Kollegen dazu auf, von "weiteren einseitigen Maßnahmen abzusehen, die Spannungen hervorrufen könnten". Die Türkei müsse sich "eindeutig für den Aufbau eines Raums des Friedens und der Zusammenarbeit im Mittelmeerraum einsetzen". Im Zuge der Spannungen zwischen Ankara und Athen hatte Frankreich zur Unterstützung Griechenlands seine Marinepräsenz im östlichen Mittelmeer verstärkt. Vor rund zwei Wochen rief Macron die Türkei dazu auf, in dem Konflikt "rote Linien" nicht zu überschreiten. 

Zypern blockiert in der Belarus-Frage

Zypern fordert derweil, dass die EU Sanktionen gegen die Türkei wegen des Streits um Gasbohrungen verhängt. Um Druck auf die EU-Partner auszuüben, blockiert es Sanktionen gegen Belarus. Die EU plant wegen Betrugsvorwürfen bei der Präsidentenwahl vom 9. August und Gewalt gegen friedliche Demonstranten schon seit Wochen Sanktionen gegen Verantwortliche in Minsk. Diese scheiterten jedoch bislang an Zyperns Blockadehaltung.

Washington Ukraine-Affäre US-Diplomat George Kent
Mehr Druck auf Zypern: Der Vize-Staatssekretär im US-Außenministerium, George KentBild: AFP/Getty Images/A. Wong

Nun haben sich auch die USA in den Konflikt eingeschaltet und Zypern gedrängt, Sanktionen gegen Belarus zuzustimmen. "Wir haben sie ermutigt, sich dem Konsens anzuschließen, damit die EU vorankommt und es einen stimmigen gemeinsamen Ansatz zwischen gleichgesinnten Ländern geben kann", sagte der stellvertretende Staatssekretär im US-Außenministerium, George Kent, während eines Besuchs in Brüssel. Washington ist bereit zu Sanktionen gegen Belarus, hofft jedoch auf ein mit der EU abgestimmtes Vorgehen.

kle/AL (afp, dpa)