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"Türkei ist Verbündeter im Antiterrorkampf"

Bernd Gräßler12. Januar 2015

Bei ihrem Treffen mit dem türkischen Premierminister Davutoglu betont Kanzlerin Merkel auch, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Davutoglu weist Kritik am Engagement Ankaras gegen den Terrorismus zurück.

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Türkischer Premier Davutoglu mit Merkel in Berlin
Bild: AFP/Getty Images/T- Schwarz

Die Begegnung von Angela Merkel mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu in Berlin dauerte länger als geplant. "Wir konnten die Gespräche intensiver führen als in Paris", sagte die Bundeskanzlerin. Trotzdem sei die Zeit noch zu knapp gewesen. In der französischen Hauptstadt hatte die Kanzlerin am Rande der Großkundgebung gegen Terrorismus mit Davutoglu gesprochen.

Bei den Gesprächen in Berlin habe die Integration der etwa drei Millionen Türkischstämmigen in Deutschland die zentrale Rolle gespielt, sagte sie. Merkel zitierte den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff, der gesagt hatte, der Islam gehöre ebenso wie das Christentum und das Judentum zu Deutschland, und fügte an: "Dieser Meinung bin ich auch."

Anwesend war auch die zuständige Staatsministerin Aydan Özoguz. Sie ist in Hamburg geboren, ihre Eltern kamen als Gastarbeiter nach Deutschland. Ihre Ernennung gilt als Signal an die innerhalb und außerhalb Deutschlands lebenden Türken. In dem Gespräch ging es auch um heikle Themen. Doch Merkel beließ es bei Andeutungen: Man habe über Presse- und Meinungsfreiheit gesprochen. Davutoglu warf am Abend in einer Rede vor der Körber-Stiftung in Berlin westlichen Medien vor, eine von Vorurteilen gespeiste Kampagne zu führen, ohne die Türkei zu kennen. Kanzlerin Merkel sagte nach ihrem Treffen mit dem türkischen Premier, sie freue sich, dass es in seiner gerade begonnenen Regierungszeit Fortschritte in religiösen Dingen gebe. Damit bezog sie sich offensichtlich auf die Tatsache, dass erstmals in der modernen Türkei ein christliches Gotteshaus gebaut werden soll.

Merkel: "Unterschiede nur in Nuancen"

Ein weiterer möglicher Konfliktpunkt: Kurz vor der Ankunft Davutoglus in Deutschland hatte der Chef des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, in einem Fernsehinterview die Türkei kritisiert. Diese könne mehr tun, um Islamisten an der Ausreise in die syrischen und irakischen Kampfgebiete zu hindern. Die Behörden in Ankara bemühten sich zwar, aber es seien bisher mindestens 550 junge Menschen aus Deutschland in Richtung Syrien und Irak ausgereist, der überwiegende Teil über die Türkei, sagte der deutsche Geheimdienstchef. Auch Hayat Boumeddiene, die gesuchte Freundin eines der Attentäter von Paris, war nach Angaben der türkischen Regierung am 2. Januar von Madrid nach Istanbul und von dort am Tag nach dem Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" nach Syrien ausgereist.

Kanzlerin Merkel sagte zu diesem Thema auf eine Journalistenfrage lediglich, es gebe einen regelmäßigen Datenaustausch mit der Türkei. Diese sei ein Verbündeter im Antiterrorkampf, Unterschiede gebe es lediglich "in Nuancen".

Ministerpräsident Davutoglu bestätigte die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste und wies "unberechtigte Beschuldigungen" zurück. Die Türkei zahle in der Syrien-Krise den höchsten Preis für den Terrorismus der Terrogruppe "Islamischer Staat". Sie habe eine mehr als 900 Kilometer lange Grenze zum Bürgerkriegsland und 35 Millionen Touristen im Jahr, diese seien schwer zu kontrollieren. Die Türkei habe 7000 Einreiseverbote verhängt und 1500 Personen zurückgeschickt.

Davutoglu: EU-Mitgliedschaft wäre Friedensprojekt

Davutoglu wiederholte in Berlin nicht seinen Vorwurf, die Widerstände in Europa gegen das Streben der Türkei nach EU-Mitgliedschaft seien ein Grund für das Ausmaß der derzeitigen "kulturellen Spannungen". Er betonte aber, eine EU-Mitgliedschaft seines Landes wäre ein "sehr starkes Signal" für die Muslime: "Die EU-Mitgliedschaft ist für uns ein Projekt des friedlichen Zusammenlebens von Christen, Muslimen und Juden." Merkel, die wie ihre Partei einen EU-Beitritt der Türkei eher skeptisch sieht, sagte lediglich, in Kürze würde bei den laufenden Beitrittsverhandlungen das Kapitel "Rechtsstaatlichkeit" aufgerufen.

Fahnen der Türkei und der EU
Schwierige Annäherung: EU und TürkeiBild: picture-alliance/dpa

Ihr türkischer Amtskollege verlangte, man solle den Begriff Terrorismus nicht mit religiösen Adjektiven versehen. Man habe auch bei den NSU-Morden nicht von christlichem Terrorismus gesprochen. Er lobte die türkischstämmigen Menschen in Deutschland, die nicht in "kriminelle Machenschaften" verwickelt seien. Die Türken in Deutschland - das sei eine Erfolgsgeschichte. Kanzlerin Merkel betonte, es sei wichtig, dass die Muslime eine klare Trennlinie zur Gewalt zögen.

Am Abend trat Davutoglu im Berliner Tempodrom vor Tausenden Landsleuten auf. Sein Amtsvorgänger, der heutige Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, hatte 2008 an gleicher Stelle Türken und türkischstämmige Deutsche vor "Assimilierung" gewarnt. In Deutschland leben annähernd drei Millionen Menschen türkischer Herkunft. Mehr als die Hälfte von ihnen hat die deutsche Staatsbürgerschaft.