Tödliche Hitze in Griechenland fordert Opfer
26. Juni 2024Die Leiche eines 67-jährigen deutschen Wanderers wurde am Montag (24.06.2024) auf der Mittelmeerinsel Kreta gefunden. In einem unzugänglichen Gebiet in einer Schlucht in der Nähe des Strandes Sentoni an der Südküste von Chania. Der Mann verbrachte den Urlaub mit seiner Frau auf der größten Insel Griechenlands und wollte eine Wanderung von der Hochebene Omalos nach Sougia am Libyschen Meer unternehmen. Dieser Weg hat eine Gesamtlänge von 24,5 Kilometern und dauert etwa acht Stunden. Er ist nicht besonders schwierig, wenn man gut darauf vorbereitet ist und das Wetter mitspielt.
In diesem Fall traf wahrscheinlich beides nicht zu. Es wird vermutet, dass der Wanderer wegen der Hitze die Orientierung verlor und den falschen Weg zur schwer zugänglichen Tripiti-Schlucht nahm. Wahrscheinlich hatte er auch nicht genug Wasser dabei. Als seine Frau am Sonntag (23.06.2024) nichts mehr von ihm hörte, meldete sie ihn als vermisst. Sofort wurde eine Such- und Rettungsaktion unter Beteiligung von Feuerwehrleuten und Rettungskräften gestartet. Nach mehreren Stunden fanden sie über das Handysignal des Mannes seine Leiche.
Der deutsche Tourist ist der sechste Wanderer, der im Juni 2024 in Griechenland ums Leben kam. Und mindestens noch drei weitere Touristen, ein 59-jähriger pensionierter US-Polizist auf der Insel Amorgos und zwei Französinnen im Alter von 64 und 73 Jahren auf der Insel Sikinos, werden vermisst.
Rekordverdächtige Temperaturen
So was ist noch nie in einem Juni in Griechenland passiert. Normalerweise ist dieser Sommermonat der mit den niedrigsten Temperaturen. Genau darum wählen ihn ältere Touristen aus dem Ausland für ihren Urlaub. Im Juni kann man sogar in den kahlen Kykladen wandern, im Hochsommer geht das nicht.
In diesem Juni aber ist die Hitze rekordverdächtig, was die Wanderer gern ignorieren und manche mit ihrem Leben bezahlen. Und die Hitzewelle hält an. In einigen Gebieten, wie auf Samos, wo eines der Opfer sein Leben verlor, stiegen die Temperaturen über 40 Grad. In Chania auf Kreta wurden sogar 44,5 Grad gemessen.
Christos Giannaros, Hauptkoordinator des Forschungsprojekts "Hitzealarm" in der griechischen Hauptstadt Athen, erklärt, dass die Opfer unter Hitzestress gelitten hätten, ausgelöst durch die außergewöhnlich hohen Temperaturen der ersten Junitage und der körperlichen Anstrengung beim Wandern. Dabei habe die Tatsache, dass sie nicht mehr die Jüngsten waren, eine entscheidende Rolle gespielt: "Ältere Menschen speichern leichter Wärme in ihrem Körper, und es ist schwieriger, sie abzuleiten, deshalb sind sie auch anfälliger für Hitzschlag-Symptome”, so Giannaros. Bei einem Hitzschlag kann man schnell das Zeitgefühl und die Orientierung verlieren und sich in Gefahr begeben.
Dazu kommt, dass die meisten Touristen aus Ländern mit kälterem Klima kommen und nach ihrer Ankunft direkt den hohen Temperaturen der Mittelmeerregion ausgesetzt sind, ohne Zeit zur Akklimatisierung zu haben. Dieser Prozess ist selbst für die Einheimischen notwendig, warnen Mediziner. Normalerweise hat der menschliche Körper genug Zeit, sich zwischen Frühling und Sommer allmählich an die höheren Temperaturen zu gewöhnen. Aber wenn eine Hitzewelle so früh und so gewaltig kommt, ist sie gefährlich für die menschliche Gesundheit.
Tödliche Nachlässigkeit
Aus unerklärlichen Gründen schlagen viele erwachsene Touristen die Warnungen in den Wind und wagen es, der Hitze zu trotzen. Viele beschwerten sich sogar, als die Behörden vor kurzem die Akropolis in Athen für ein paar Tage über die Mittagsstunden schlossen, damit die Besucher nicht in der Hitze umkippen.
In diesem heißen Juni waren einige Touristen unvorbereitet für ihre Wanderungen - und unvorsichtig. Laut mehreren griechischen Medienberichten wussten einige gar nicht, wie lang und wie steil der Weg war, den sie genommen hatten. Andere begannen ihre Wanderung direkt nach dem Mittagessen, mit vollem Magen, Alkohol im Blut und unter der beißenden Sonne. Einige hatten kein Mobiltelefon dabei, als sie allein losmarschierten. Andere dachten, dass es überall Empfang gibt, verließen sich für den Weg auf Google Maps - und verliefen sich.
Tod eines Journalisten
Besonders tragisch war der Fall des prominenten britischen Arztes und Journalisten Michael Mosley. Der 67-jährige BBC-Moderator verbrachte seinen Urlaub auf der ostägäischen Insel Symi. Am 5.06.2024 machte er sich alleine zu Fuß auf den Weg von Agios Nikolaos zu dem Dorf Pedi. Er hatte nur eine kleine Flasche Wasser dabei und war ohne sein Mobiltelefon unterwegs, als er verschwand. Die Behörden erklärten später, er habe beim Wandern "die falsche Route genommen" und sei an einem schwer zugänglichen Ort zusammengebrochen.
Vier Tage lang hatten Polizei, Feuerwehr, Zivilschutz und freiwillige Helfer nach dem Journalisten gesucht. Sogar Spürhunde, Drohnen und ein Hubschrauber wurden eingesetzt. Am Ende wurde er nur ein paar Meter entfernt von einem belebten und bewirtschafteten Badestrand tot aufgefunden - unglücklich versteckt hinter einer hohen Mauer.
Mehr Glück hatten zwei israelische Wanderer, die sich auf dem Berg Mainalo in Arkadien (Peloponnes) verlaufen hatten. Sie wurden nach einer Suchaktion weit weg von ihrem ursprünglichen Ziel Vytina gefunden - lebendig und in guter Verfassung.