Twitter testet doppelt so lange Tweets
27. September 2017Der Kurzbotschaftendienst Twitter erkundet die mögliche Verdoppelung der bisher zulässigen Textlänge von 140 auf 280 Zeichen. Diese Veränderung werde im Rahmen eines Testprojekts geprüft, kündigte das Unternehmen in San Francisco an. Durch die anvisierte Reform könne eine "größere Quelle der Frustration" für viele Nutzer beseitigt werden.
Man sei zuversichtlich, dass die Aufstockung einen positiven Effekt haben werde, hieß es. Dennoch wolle Twitter die Änderung "mit einer kleinen Gruppe" von Leuten testen, "bevor wir die Entscheidung treffen, sie für alle verfügbar zu machen".
Der Test soll in allen Sprachen außer Japanisch, Chinesisch und Koreanisch laufen - weil in diesen Sprachen ohnehin mehr Inhalt mit weniger Schriftzeichen vermittelt werden kann. Nur 0,4 Prozent der Tweets auf Japanisch erreichten die Länge von 140 Zeichen, rechnete Twitter vor. Von den Twitter-Beiträgen in englischer Sprache seien es neun Prozent - und viele Nutzer seien über die Begrenzung frustriert. Dabei betrage die durchschnittliche Länge 15 Zeichen in japanischen Tweets und 34 Zeichen in englischen. Twitter machte zunächst keine Angaben dazu, wie viele Nutzer genau in den Test einbezogen werden und wie sie ausgewählt werden sollen.
Relikt aus der SMS-Ära
Die Beschränkung auf 140 Text-Zeichen ging ursprünglich darauf zurück, dass Twitter beim Start im Jahr 2006 zunächst noch auf Basis von SMS-Nachrichten aufgebaut war. Nach kurzer Zeit war sie dann technisch nicht mehr erforderlich - blieb aber als Markenzeichen. Twitter-Chef Jack Dorsey hatte vor zwei Wochen betont, dass die Plattform grundsätzlich auf kurze Beiträge ausgerichtet bleiben solle. "Wir glauben, dass es wirklich wichtig ist, diese Kürze beizubehalten", sagte er. Nach der Rückkehr an die Twitter-Spitze vor zwei Jahren hatte er noch mit dem Gedanken gespielt, die Einschränkung aufzuheben.
Einige Twitter-Nutzer unterstützten in ersten Reaktionen die Aufstockung. Andere wiederum kritisierten, dass Twitter mit dem Schritt ein Stück seiner Identität aufgebe oder erklärten, dass das Unternehmen erst einmal konsequenter gegen andere Probleme wie das Publizieren von Tweets mit Hassreden vorgehen sollte.
Twitter erklärte in einem Blogeintrag, man hoffe, dass mit den Änderungen weniger Tweets an die Text-Obergrenze stoßen, "was es für alle einfacher machen sollte, zu twittern". Viele Nutzer umgehen allerdings inzwischen die Begrenzung, indem sie Serien von Tweets aneinanderhängen oder längere Texte als Foto in ihre Botschaften einbauen.
Twitter durchlebt wirtschaftlich schwierige Zeiten, trotz seiner weltweiten intensiven Nutzung durch Politiker, Entertainment- und Sportstars. Seit seiner Gründung hat das Unternehmen noch nie Gewinn gemacht. Die Nutzerzahlen steigen inzwischen nur noch langsam. Daher steigt der Druck der Aktionäre, diese Zahlen rascher zu erhöhen.
kle/qu (dpa, afp, ape)