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Tsipras wirbt um Vertrauen

Barbara Wesel 13. März 2015

Der griechische Premier Alexis Tsipras sucht weiterhin Unterstützung in Brüssel. Dabei strapaziert seine Regierung inzwischen auch die Geduld derer, die als "Freunde Griechenlands" in der EU gelten.

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Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras bei Martin Schulz in Brüssel (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/E. Vidal

Bedauern hat er in Brüssel am Freitag jedenfalls nicht gezeigt. Sollte Alexis Tsipras dennoch die Absicht gehabt haben, nebenbei die Wogen zu glätten wegen der schweren atmosphärischen Verstimmungen zwischen Griechenland und einigen EU-Partnern, vor allem Deutschland, dann ist ihm das nicht richtig gelungen. Kaum stand er mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz vor den Kameras der Presse, sagte er mit Blick auf die Einigung in der Eurogruppe vom Februar: "Griechenland hat bereits begonnen, seinen Teil der eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, wir erwarten, dass auch unsere Partner das tun."

Das haben die Finanzminister am Montag hier noch anders gesehen. Da wurden die Gespräche nach einer halben Stunde beendet, weil keine konkreten Vorschläge für Reformen auf den Tisch kamen. Eine Verpflichtung aus dem verlängerten Hilfsprogamm hat Athen allerdings erfüllt, nämlich die Gespräche mit den Experten der Institutionen (früher "Troika") wieder aufzunehmen. Wobei der Arbeitsgruppe in Athen bisher der Zugang zu den Ministerien verweigert wurde: Man macht ihnen das Leben und ihren Prüfauftrag schwer.

Griechenland braucht "Zeichen der Hoffnung"

Tsipras aber sucht in Brüssel erneut Geld, um die drückende Finanznot zu lindern. "Die EU muss ein Zeichen der Hoffnung nach Griechenland senden", erklärte er, "nicht nur immer Umsetzung, Umsetzung und Verpflichtung, Verpflichtung". Doch davon kann ihn auch der EU-Parlamentspräsident nicht erlösen. Martin Schulz sagte zu der gegenwärtigen Kommunikationsform nur: "Innerhalb der Eurozone gibt es Spannungen, mit einigen Ländern mehr als mit anderen. Ich habe dem Ministerpräsidenten den Rat gegeben, diese Spannungen zu überwinden." Abgesehen davon wolle das Parlament gerne helfen. Er verwies dabei auf das laufende EU-Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit, das mit 6 Milliarden Euro ausgestattet ist. Das sei ein Topf, in dem noch viel Geld liegt. Griechenlands Anteil aus diesem Fonds beträgt 350 Millionen. Wenn Athen schnell genug Beschäftigungsprogramme für junge Menschen auf die Beine stellen könnte, wären diese Mittel bald abrufbar. Der Parlamentspräsident mahnte dabei erneut zur Eile: "So schnell wie möglich brauchen wir in Griechenland einen Plan, um die soziale Depression im Land zu bekämpfen."

Ministerpräsident Tsipras aber will nicht nur über Griechenland sprechen, sondern lieber über das große Ganze: "Es gibt kein griechisches Problem, es gibt ein europäisches Problem, und da wir Pro-Europäer sind und zusammen in eine gemeinsame Zukunft gehen wollen, denke ich, dass wir am Ende des Tages all diese Probleme lösen werden." Zunächst müssen aber die Probleme der nächsten Monate bis zum Sommer bewältigt werden, wenn erneut Milliardenrückzahlungen fällig werden. Dabei kann nur die Eurogruppe Tsipras helfen. Das Geld aus Brüsseler Fördertöpfen darf nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet werden. Abgesehen davon empfängt Griechenland sowieso regelmäßig große Summen aus Brüssel: Es gehört zu den Netto-Empfängern und hat zuletzt pro Jahr über 4 Milliarden Euro aus dem europäischen Haushalt erhalten.

Alexis Tsipras mit Jean-Claude Juncker in Brüssel (Foto: Reuters)
Nach dem Treffen: Tsipras und JunckerBild: Reuters/Y. Herman

Juncker will helfen und stößt an seine Grenzen

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist derzeit in Brüssel sicherlich einer des besten Freunde Griechenlands. Aber auch seine Sympathie ist inzwischen strapaziert. Hinter verschlossenen Türen soll er Alexis Tsipras ernsthaft ins Gewissen geredet haben, was den Umgangston zwischen Athen und Berlin angeht. Er wiederholte dabei, dass er ein völliges Scheitern der Verhandlungen nicht wolle, fügte aber auch hinzu, dass die Griechen bei den Reformbemühungen nicht genug Fortschritte machten. Sie müssten bis Ende April ein belastbares Programm vorlegen. Deshalb will Juncker technischen Beistand leisten, und mit einer eigenen Taskforce und einem Sonderbeauftragten den Griechen etwa beim Abrufen von nicht ausgeschöpften Fördermitteln aus dem EU-Haushalt helfen. Da liegen schätzungsweise sechs bis sieben Milliarden Euro, die die Vorgängerregierung nicht in Anspruch genommen hat, weil sie keine geeigneten Projekte vorweisen konnte. Und Tsipras und seinem Kabinett scheint bislang noch jeder Einblick zu fehlen, wie man an solche Mittel gelangen kann.

EU Jeroen Dijsselbloem Eurogruppenchef (Foto: Reuters)
Dijsselbloem: Probleme nicht im Ausland suchenBild: Reuters/F. Lenoir

Jean-Claude Juncker vermeidet es bisher strikt, öffentlich über die Möglichkeit eines Grexit - oder wie inzwischen von Ökonomen für wahrscheinlicher gehalten - eines "Greccident" nachzudenken. Viele Beobachter glauben, Griechenland könne durchaus zufällig (durch einen Unfall, Englisch: "accident") aus der Eurozone fallen, zum Beispiel, weil das Land plötzlich seine Raten an den Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht mehr zahlen kann. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der in den letzten Tagen die meisten Attacken aus Athen erdulden musste, hält das inzwischen auch für eine Möglichkeit: Die Verantwortung und Entscheidungsmacht liege bei Griechenland, sagte er im ORF, und "da wir nicht so genau wissen, was die Verantwortlichen in Griechenland tun, können wir es nicht ausschließen". Damit erhöht er seinerseits den Druck auf Athen. Unterdessen nahm Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem ihn und die Bundesregierung in Schutz. Griechenland suche zu sehr die Schuld für seine Probleme im Ausland, sagt er in Den Haag - und "Deutschland ist das bevorzugte Opfer".