Trump droht: Keine Hilfe für säumige NATO-Partner
Veröffentlicht 11. Februar 2024Zuletzt aktualisiert 11. Februar 2024Donald Trump will in einem Jahr unbedingt zurück ins Weiße Haus in Washington. Im Wahlkampf um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner in den USA geht der Ex-Präsident schon jetzt in die Vollen, verhöhnt seine parteiinterne Konkurrentin Nikki Haley und stachelt die Republikaner im US-Kongress zu einer Blockadepolitik an. Nun hat er auch die NATO zum Thema gemacht.
Bei einer Kundgebung in South Carolina drohte Trump am Sonnabend säumigen Mitgliedern des Verteidigungsbündnisses damit, ihnen als US-Präsident nicht militärisch beizustehen, sollten sie angegriffen werden. Der "Präsident eines großen Landes" habe ihn einmal gefragt, ob die USA dieses Land auch dann noch vor Russland beschützen würden, wenn es die Verteidigungsausgaben nicht zahle, sagte Trump. Er habe geantwortet: "Nein, ich würde Euch nicht beschützen." Vielmehr noch: Er würde Russland "sogar dazu ermutigen zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen".
Bei Trumps Schilderung dieses Dialogs blieb unklar, ob es jemals so ein Gespräch zwischen ihm und einem anderen Staatschef gegeben hat. Denn der Republikaner sagte auch: "Nehmen wir an, das ist passiert."
Alles nur Wahlkampfmunition und Säbelrasseln für seine Anhänger? Klar ist: Trump steht der NATO seit Langem skeptisch gegenüber. Wiederholt hatte er betont, wie unfair es sei, dass die USA zur Verteidigung der 30 anderen Mitgliedstaaten aufkommen müssten.
Sofortige Reaktion aus dem Weißen Haus
Das Weiße Haus konterte Trumps Äußerungen und verwies auf die Bemühungen der US-Regierung, weltweite Allianzen zu stärken. "Die Ermutigung zu Invasionen unserer engsten Verbündeten durch mörderische Regime ist entsetzlich und verrückt", so Sprecher Andrew Bates am Samstagabend. Anstatt zu Kriegen aufzurufen und "geistesgestörtes Chaos" zu fördern, werde US-Präsident Joe Biden "weiterhin die amerikanische Führungsrolle stärken".
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Äußerungen Trumps, im Falle einer Wiederwahl säumige Bündnispartner nicht zu verteidigen, scharf kritisiert. "Jede Andeutung, dass Verbündete sich nicht verteidigen werden, untergräbt unsere gesamte Sicherheit, einschließlich der der Vereinigten Staaten", betonte Stoltenberg in Brüssel.
Solche Aussagen setzten amerikanische und europäische Soldaten einem erhöhten Risiko aus. Stoltenberg betonte zugleich: "Die NATO bleibt bereit und fähig, alle Verbündeten zu verteidigen. Jedem Angriff auf die NATO wird mit einer gemeinsamen und kraftvollen Antwort begegnet." Er fügte hinzu: "Ich erwarte, dass unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahl die USA ein starker und engagierter Verbündeter der NATO bleiben werden."
EU-Ratspräsident Charles Michel ließ verlauten, die "rücksichtlosen" Äußerungen Trumps spielten allein dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände. Sie unterstrichen "erneut die Notwendigkeit für die EU, ihre strategische Autonomie dringend weiterzuentwickeln und in ihre Verteidigung zu investieren", so Michel.
Kritik aus Polen und Deutschland
Auch in Deutschland und Polen stießen die Worte des Ex-Präsidenten auf Kritik. Der polnische Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz schrieb auf seinem Social-Media-Kanal, kein Wahlkampf könne als Entschuldigung herhalten, mit der Sicherheit des Bündnisses zu spielen. Die sicherheitspolitische Sprecherin der deutschen Partei Bündnis 90/Die Grünen, Sara Nanni, sagte dem "Handelsblatt", Trump sei erratisch. "Das machte ihn schon während seiner Präsidentschaft für das Bündnis zur Belastung."
Der FDP-Verteidigungsexperte Marcus Faber sagte der Zeitung, Trump werde zunehmend zu einem Risiko für die Sicherheit Deutschlands. "Wir müssen uns schon jetzt auf jeden Wahlausgang im November vorbereiten", forderte Faber. "Das heißt konkret, unsere Unabhängigkeit in der Rüstungsindustrie zu vergrößern."
Zuletzt war NATO-Generalsekretär Stoltenberg bei einem Besuch in Washington Befürchtungen entgegengetreten, dass der Ausgang der US-Wahl die Zukunft des Verteidigungsbündnisses gefährden könnte. Er habe in dessen Präsidentschaft vier Jahre lang mit Trump zusammengearbeitet und ihm aufmerksam zugehört, sagte Stoltenberg Ende Januar dem US-Sender CNN. Trumps Hauptkritik, dass die Bündnispartner zu wenig für die NATO ausgäben, sei angekommen. So hätten sie in den vergangenen Jahren ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöht.
Nach der russischen Annexion der Krim vor zehn Jahren hatten sich die Mitglieder der NATO darauf verständigt, bis 2024 jeweils zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Auch Deutschland erfüllte diese Verpflichtung lange nicht.
Trump, der von 2017 bis 2021 im Weißen Haus regierte, drohte immer wieder mit dem Rückzug der USA aus dem Verteidigungsbündnis. Wie die "Washington Post" berichtete, erwähnte er bereits bei einer Veranstaltung im Jahr 2022 ein NATO-Treffen, bei dem es um das Thema Beistand nur bei Bezahlung gegangen sein soll. Demnach habe er NATO-Partnern gesagt, er werde sich nicht an die Bündnisverpflichtung zur Verteidigung halten, wenn die Länder nicht mehr für ihren Verteidigungshaushalt ausgäben. Trumps Worte vom Samstag sind laut "Washington Post" eine Eskalation dieser Drohung.
NATO und Migration als Wahlkampfthemen
Der Republikaner will im November dieses Jahres wieder zum Präsidenten gewählt werden und kämpft bei den Vorwahlen seiner Partei um die Kandidatur. Er wirbt unter anderem damit, eine grundlegende Neubewertung der NATO weiterführen zu wollen. Bei der Wahlkampfveranstaltung in South Carolina kündigte Trump außerdem erneut an, Menschen im großen Stil abzuschieben.
Die illegale Einwanderung ist eines der dominierenden Themen im US-Wahlkampf. Ein oft genutztes Argument auf republikanischer Seite lautet, Steuergelder sollten nicht zum Schutz anderer Länder - etwa der Ukraine - ausgegeben werden, sondern für den Schutz der eigenen Grenze.
Trumps Republikaner blockieren schon seit Monaten eine Freigabe weiterer Milliardenhilfen für die von Russland angegriffene Ukraine. Am Mittwoch scheiterte im Senat ein Gesetzespaket, das neben einer Unterstützung für Israel und Taiwan sowie Milliarden für die US-Grenzsicherung auch rund 60 Milliarden Dollar (56 Milliarden Euro) an neuen Hilfen für die Regierung in Kiew umfasste.
AR/se/kle (dpa, afp, rtr)