Trotz Niederlage: Das EM-Gefühl ist zurück
16. Juni 2021FRANKREICH - DEUTSCHLAND 1:0 (1:0)
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1:0 Mats Hummels (20./Eigentor)
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In den ersten Reihen direkt vor den beiden großen Leinwänden stehen zahlreiche Liegestühle. Dahinter sind mit entsprechendem Abstand Bierzeltgarnituren und weitere Sitzmöglichkeiten aufgebaut. "Das ist das erste Mal, dass ich wieder mit meinen Freunden zusammen in einem Biergarten Fußball schaue", sagt Tanja, die gemeinsam mit ihren WG-Mitbewohnern zum "Sommergarten" an den Nürnberger Flughafen gekommen ist. "Es ist ein ganz anderes Gefühl, nach so langer Zeit wieder unter Menschen zu sein." Aufgrund der Coronavirus-Pandemie hat der Veranstalter die Besucherzahlen begrenzt. Rund 500 Menschen durften aber trotzdem kommen. "Sehr geil", sagt Christian. "Es sind sehr viele Leute hier und das tut auch mal wieder gut. Das hat echt gefehlt."
"Ich bin eine deutsche Kartoffel"
Viele haben ihr Deutschland-Trikot aus dem Schrank geholt, Fahnen mitgebracht oder Hüte im Deutschland-Design auf dem Kopf. Es ist so etwas wie EM-Euphorie zu spüren, auch wenn es anders ist als sonst. Denn große Fanmeilen oder Public Viewings mit tausenden Menschen sind in Deutschland noch nicht erlaubt. Viele Menschen bleiben lieber zu Hause, als die Europameisterschaft in der Kneipe nebenan zu verfolgen. "Man merkt, dass in Deutschland noch nicht so ein großes EM-Feeling da ist", sagt Jan-Ole. "Doch wenn man jetzt hier sitzt, dann kommt die Lust langsam zurück auch wieder Deutschland-Spiele zu gucken."
Bei Anpfiff klatschen Tanja und Kathrin laut Beifall. Sie hoffen auf einen Sieg der DFB-Elf, wissen aber auch, dass es sehr schwer werden wird. "Ich bin eine deutsche Kartoffel und bin natürlich für Deutschland. Ich glaube, dass wir gewinnen", sagt die 23-Jährige. Immer wieder kochen die Emotionen hoch. Deutschland ist zu Beginn die aktivere Mannschaft, kann sich aber keine Torchancen erarbeiten. Beide Teams zeigen Respekt voreinander, und das Spiel findet überwiegend im Mittelfeld statt. Bis zur 20. Spielminute, als Mats Hummels die Flanke von Hernandez mit dem Schienbein ins eigene Tor lenkt - das erste Eigentor eines DFB-Spielers bei einer EM.
Angefeuert von den Fans im Nürnberger Biergarten, kämpft sich die Löw-Elf zurück ins Spiel und erzielt beinahe den Ausgleich. Doch Gündogans Versuch landet neben dem Tor. "Die erste Halbzeit hat mich noch nicht überzeugt. Das Eigentor von Hummels hat mich ein bisschen runtergezogen", sagt Tanja. "Aber ich glaube an die Mannschaft und hoffe, dass wir in der zweiten Halbzeit zurückkommen."
Spannung bis zum Schluss
Doch nicht das DFB-Team, sondern die Gäste aus Frankreich kommen besser aus der Kabine. Rabiot trifft den Pfosten, aber auch Deutschland erspielt sich gute Chancen. Nach einem Pass von Robin Gosens auf Gnabry kann der Offensivspieler den Ball nur auf das Tor-Netz bringen. "Ich dachte, dass wir noch schlechter sind gegen Frankreich", berichtet Christian. "Die Leistung macht mir ein bisschen Hoffnung auf die Spiele gegen Portugal und Ungarn. Wenn wir so spielen, können wir als Gruppenzweiter oder -dritter sogar weiterkommen."
Die Schlussphase hat es dann in sich. Knapp sieben Minuten werden nachgespielt. Immer wieder branden Anfeuerungs-Rufe auf, Deutschland-Rufe hallen durch die Nacht in Nürnberg. "Es hat das Tor gefehlt", analysiert Rudi nach dem Schusspfiff. "Das ist leider unsere Schwäche. Es fehlt einer der knippst." Die Gruppe ordert noch eine letzte Runde Getränke, denn die Stimmung ist trotz der 0:1 (0:1)-Niederlage gegen den Weltmeister gut. In einer Sache sind sich die Fans im Nürnberger Biergarten einig: Das Ergebnis ist enttäuschend, aber eine leichte EM-Euphorie ist geweckt worden.
Und wenn es nach den Fans geht, dann darf Löw bei seinem Abschiedsturnier gerne auch den Titel gewinnen. Auch der Bundestrainer gibt sich nach der Auftaktniederlage kämpferisch. "Wir haben verloren und sind alle enttäuscht, aber es ist nichts passiert", sagt Löw. "Wir haben noch zwei Spiele, da können wir das alles geradebiegen."