Tourismus boomt
4. März 2014Etwas von der Welt sehen, in fremde Länder reisen - weltweit setzen immer mehr Menschen diesen Wunsch in die Wirklichkeit um. Dank der Dynamik der neuen Märkte in China, Indien und Russland legten die internationalen Touristenzahlen im vergangenen Jahr um fünf Prozent auf knapp 1,1 Milliarden zu. Die Welttourismusorganisation UNWTO geht davon aus, dass es bereits in wenigen Jahren sogar 1,4 bis 1,5 Milliarden Touristen sein könnten.
Die Deutschen tragen zu dieser Steigerung einen deutlichen Anteil bei. "Deutschland ist und bleibt Reiseweltmeister, je nachdem wie man die Zahlen liest", sagt Michael Frenzel, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft. "Was die Auslandsreisen betrifft, sind wir auf jeden Fall mit Abstand eine der führenden Nationen weltweit." 65 Milliarden Euro gaben die Deutschen im vergangenen Jahr allein für einen Auslands-Urlaub aus. Das freut nicht nur Frenzel, sondern auch den Präsidenten des Deutschen Reiseverbands, Jürgen Büchy. "2013 war wieder ein Rekordjahr, denn der Umsatz der deutschen Reiseveranstalter kletterte um 3,5 Prozent auf eine neue Bestmarke von 25,3 Milliarden Euro. Damit wurde fast eine Milliarde Euro mehr umgesetzt als im Jahr 2012."
Rund-um-Betreuung ist gefragt
Noch besser könnte es in diesem Jahr laufen. Die Umsatzzuwächse für die Sommersaison liegen nach Büchys Angaben im oberen einstelligen Prozentbereich. Im gesamten Jahr könnte der Branchenumsatz um bis zu fünf Prozent wachsen. Dazu trägt auch eine hohe Nachfrage nach Pauschalreisen bei. 40 Millionen Stück wurden im vergangenen Jahr verkauft, von denen auch im Zeitalter des Internets 85 Prozent ganz klassisch im stationären Reisebüro gebucht wurden.
Die Reiseform der organisierten Reise habe sich aller Unkenrufe zum Trotz bewährt und wachse auch weiterhin, erklärt Büchy. "Unsere Gäste setzen vermehrt auf die Kalkulierbarkeit der Kosten, die rund-um-Betreuung vor allem bei unerwarteten Ereignissen und ein höchstes Maß an Sicherheit."
Für die Deutschen werden die klassischen Reiseziele des vergangenen Jahres auch die Klassiker für 2014 werden. Knapp ein Drittel der Urlauber wählt für die schönsten Wochen des Jahres das eigene Land aus. 70 Prozent reisen ins Ausland, die Hälfte davon in die Länder rund um das Mittelmeer. Nur sieben Prozent aller Urlaubsreisen waren im vergangenen Jahr Fernreisen. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala steht auch für dieses Jahr unangefochten Spanien, gefolgt von Italien und der Türkei.
Deutsche lassen sich ihre Reiselust viel kosten
Während Griechenland mit einem zweistelligen Buchungsplus positiv hervorsticht, und auch Tunesien wieder mehr Urlauber anzieht, würden Ziele in Ägypten und Thailand deutlich weniger nachgefragt als im vergangenen Jahr, sagt DRV-Präsident Büchy. "Die Bundesbürger buchen ihren Sommerurlaub sehr frühzeitig und - was für uns erfreulich ist - sie fragen zunehmend besonders hochwertige Reisesegmente im oberen Preissegment nach. Die Leute wollen individuellere und besondere Reisen haben."
Bei aller Euphorie versäumt es die deutsche Tourismuswirtschaft auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) aber nicht, warnend den Finger in Richtung der Politik zu heben. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sei zwar in einigen Punkten weniger dramatisch ausgefallen, als für die Branche zu befürchten gewesen sei, sagt Michael Frenzel, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft. Dennoch seien die Aussichten auf eine PKW-Maut für Ausländer, die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und die Beibehaltung der Luftverkehrssteuer für den wirtschaftlichen Erfolg seiner Branche wenig förderlich.
ITB auch politische Plattform
Geradezu dramatische Auswirkungen habe jedoch die Reform der Gewerbesteuer. "Hier geht es nicht nur um die Großen, sondern vor allem um den Mittelstand", sagt Frenzel. Ein Busunternehmer aus dem bayerischen Wald beispielsweise, der eine zwei- oder dreitägige Reise veranstalte und Hotels anmiete, müsse nach der neuen Auslegung der Finanzverwaltung auf diese Anmietung Gewerbesteuer bezahlen. "Oder ein anderes extremes Beispiel: ein Veranstalter organisiert eine Motorrad-Reise in die USA, bei der er nicht nur Harley-Davidson, sondern auch Räume vermietet. Auch hier fällt nun Gewerbesteuer an."
Jährlich würden 240 Millionen Euro gefordert. Und da die Steuer auch rückwirkend erhoben werden soll, drohten zudem Nachzahlungen von 1,4 Milliarden Euro. Das sei bedrohlich und existenzgefährdend, so Frenzel.
Die ITB in Berlin zählt zu den wichtigsten Treffpunkten der Reisebranche. In den Hallen am Funkturm werden touristische Trends gesetzt und Verträge in Milliardenhöhe geschlossen. Zur 48. ITB, die bis zum kommenden Sonntag läuft, haben sich mehr als 10.000 Aussteller aus 189 Ländern und Regionen angemeldet. Erwartet werden etwa 170.000 Gäste, darunter 110.000 Fachbesucher. Partnerland ist in diesem Jahr Mexiko.