Tote bei Massenpanik
2. Oktober 2016Bis zu zwei Millionen Menschen hatten sich für das jährliche Irreecha-Fest der Oromo zum Ende der Regenzeit in Bishoftu, ungefähr 40 Kilometer südlich der Hauptstadt Addis Abeba, versammelt. Als einige Teilnehmer ein Symbol des regierungskritischen Protests zeigten - zwei überkreuzte Handgelenke in Kopfhöhe -, und Steine und Flaschen in Richtung der Sicherheitskräfte warfen, setzte die Polizei Tränengas ein und schoss in die Luft, um die Menge zu zerstreuen (Artikelbild).
Augenzeugen berichten, die Protestierenden hätten auch Anti-Regierungs-Slogans gerufen und sich auf eine Bühne zubewegt, auf der religiöse Führer sprachen. Die Tränengaswolke löste eine Massenpanik aus, mindestens 50 Menschen stürzten übereinander in einen Graben. Ein AFP-Fotograf sah etwa 15 bis 20 Menschen bewegungslos am Boden des Grabens liegen, darunter offensichtlich mehrere Tote. Ein Mitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur berichtete von Schätzungen zwischen 50 und 300 Toten.
Genaue Todeszahl ungewiss
Die äthiopische Regierung hat Todesfälle bestätigt, ohne eine genaue Zahl zu nennen. Viele Menschen seien ins Krankenhaus gebracht worden. In einer Erklärung des Kommunikationsbüros der Regierung heißt es, die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen. Merera Gudina, Vorsitzende der Oppositionspartei Oromo Federalist Congress, spricht von mindestens 50 Toten.
Schwelender Konflikt
Äthiopien erlebt seit Ende vergangenen Jahres die stärksten regierungskritischen Proteste seit zehn Jahren. Sie begannen im November in der Region Oromia wegen Plänen der Regierung, die Hauptstadt Addis Abeba in das Gebiet der Oromo auszubreiten. Die Oromo sind die größte Bevölkerungsgruppe des ostafrikanischen Landes, werden aber seit Jahren unterdrückt.
In den vergangenen Monaten weiteten sich die Proteste auf die Region Amhara aus. Die Protestierenden in den Regionen eint der Unmut über die Regierung, deren Mitglieder mehrheitlich der Gruppe der Tigray entstammen. Die Demonstranten werfen der Regierung gezielte Diskriminierung vor. Sicherheitskräfte schlagen die Proteste immer wieder nieder. Nach Schätzungen von Menschenrechtsaktivisten wurden bei den Protesten seit Ende 2015 hunderte Menschen getötet.
ust/hf (afp, epd, rtr, ap)