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Tischtennis-Star Boll hört nach Paris 2024 international auf

28. Mai 2024

Timo Boll will nach seinen siebten Olympischen Spielen nicht mehr bei internationalen Tischtennisturnieren antreten. Die lange Karriere habe Spuren hinterlassen, sagt der 43-Jährige.

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Tischtennisspieler Timo Boll beim Aufschlag während eines Bundesliga-Spiels seines Klubs Borussia Düsseldorf.
Mit sportlichen Topleistungen hat sich Timo Boll sein siebtes Olympia-Ticket verdient Bild: Revierfoto/dpa/picture alliance

Die Zeit fordert von jedem ihren Tribut - auch vom "ewigen Boll". "Ich habe die Entscheidung lange vor mir her geschoben und auch Angst vor dem Tag gehabt, sie treffen zu müssen. Aber ich merke, dass ich ein Alter erreicht habe, das doch sehr auf mein Niveau drückt. Und das macht mich unzufrieden", sagte der 43 Jahre alte deutsche Tischtennisstar Timo Boll. "Irgendwann verlierst du den ständigen Kampf gegen die Schmerzen und den Körper."

Boll kündigte an, dass er nach den Olympischen Spielen in Paris (26. Juli bis 11. August) seine internationale Wettkampfkarriere beenden werde. Für seinen Verein Borussia Düsseldorf werde er noch eine Bundesliga-Saison weiterspielen, um seinen Vertrag zu erfüllen, so der Routinier.

In Paris wird Boll sein siebtes olympisches Tischtennisturnier spielen. Damit zieht der Tischtennisstar mit dem ehemaligen Springreiter Ludger Beerbaum und dem Ex-Sportschützen Ralf Schumann gleich, die als deutsche Rekordhalter ebenfalls auf insgesamt sieben Sommerspiele kamen. Wenn man auch die Olympischen Winterspiele mit einbezieht, steht Eisschnellläuferin Claudia Pechstein mit acht Teilnahmen an der Spitze der deutschen Rekordliste.

Nach Verletzung zurückgekämpft

Der Einsatz in Paris ist für Boll die Krönung eines kaum mehr für möglich gehaltenen Comebacks. Im vergangenen Jahr hatte der Routinier wegen einer komplizierten Schulterverletzung für mehrere Monate pausieren müssen. In der Weltrangliste war er auf Position 200 abgerutscht. Obwohl er im Februar auch die Team-Weltmeisterschaft in Südkorea wegen einer Augenentzündung verpasste, meldete Boll sich in diesem Jahr eindrucksvoll in der Weltspitze zurück. Unter anderem gewann er im Januar das internationale Turnier in Doha.

Inzwischen hat sich der Tischtennis-Oldie in der Weltrangliste wieder unter die Top 30 vorgearbeitet. Bestplatzierter Deutscher ist aktuell als Neunter Patrick Franziska, der für die Olympischen Spiele in Paris allerdings nur als Ersatzmann vorgesehen ist. Neben Boll sind Europameister Dang Qiu und Dimitrij Ovtcharov nominiert. Ovtcharov hatte bei den Spielen 2021 in Tokio die Bronzemedaille gewonnen.

Dutzende internationaler Medaillen

"Der Aufwand ist inzwischen zwar sehr hoch, aber ich spüre, dass ich wieder auf ein anderes Level gekommen bin", sagte Timo Boll vor der Olympia-Nominierung durch Bundestrainer Jörg Roßkopf. "Es ist ein gutes Gefühl, gegen die Jungen mithalten zu können."

Als Boll 1996 als Fünfzehnjähriger sein Debüt in der Tischtennis-Bundesliga gab, waren viele seiner heutigen Gegner noch gar nicht geboren. Zwei Jahre später gewann der junge Hesse den ersten seiner 13 deutschen Meistertitel im Einzel. 2002 wurde Boll erstmals Europameister, 2021 gewann er seinen achten EM-Einzeltitel, Boll ist Rekordeuropameister.

Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2016 in Rio trägt Timo Boll die deutsche Fahne ins Stadion.
Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2016 in Rio trug Timo Boll die deutsche FahneBild: Eibner/imago images

Bei Weltmeisterschaften gewann Boll zweimal Bronze: 2011 und 2021. Zudem sammelte er Dutzende internationaler Medaillen im Doppel und im Teamwettbewerb. So gewann er mit der deutschen Mannschaft je zweimal Silber (2008 und 2021)und Bronze (2012 und 2016) bei Olympischen Spielen sowie fünfmal Silber und einmal Bronze bei Weltmeisterschaften. Bei den Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro hatte Timo Boll das deutsche Olympia-Team bei der Eröffnungsfeier als Fahnenträger ins Stadion geführt.  

Superstar in China

Mit 37 Jahren war Boll 2018 vorübergehend auch wieder Weltranglisten-Erster, der älteste aller Zeiten. Bereits 2003 und 2011 war der Deutsche für einige Monate in die Phalanx der dominierenden chinesischen Spieler eingebrochen. Boll hatte schon sehr früh in seiner Karriere seine Spielweise auf die wenigen Schwächen der Superstars aus dem Reich der Mitte eingestellt. Bis heute ist er für die Chinesen ein gefürchteter Gegner geblieben.

Ex-Doppelweltmeister Steffen Fetzner nannte Boll deswegen einmal scherzweise "Staatsfeind Nummer eins in China". Im tischtennisverrückten China ist der Linkshänder aus Deutschland ein Superstar, der auf der Straße erkannt wird. 2007 wurde er in China sogar zum "attraktivsten Mann der Welt" gewählt - vor dem damaligen Fußball-Superstar David Beckham.

Dieser Artikel vom 9. April wurde nach der Rücktrittsankündigung Bolls am 28. Mai aktualisiert.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter