Ungarn: Proteste gegen Regierung
13. April 2017Erneut versammelten sich mehrere tausend Gegner der Regierung von Viktor Orban in den Straßen der Hauptstadt Budapest. Die Proteste richteten sich vor allem gegen das umstrittene neue Hochschulgesetz sowie gegen ein geplantes Gesetz mit schärferen Auflagen gegen Zivilorganisationen.
Stärkere Kontrollen für NGOs
Der Entwurf des neuen Gesetzes für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) nimmt Vereinigungen ins Visier, die Förderungen aus dem Ausland erhalten. Diese NGOs müssen sich demnach bei Gericht registrieren lassen, ihre Geldgeber offenlegen und in allen ihren Publikationen und Internet-Auftritten die Bezeichnung "ausländisch unterstützte Organisation" anführen.
"Die Macht will uns zum Verstummen bringen", sagte Stefania Kapronczay, die geschäftsführende Direktorin der Bürgerrechtsunion TASZ, in ihrer Ansprache. Aufgerufen zu der Kundgebung hatte die Facebook-Gruppe "Civilizaci" (Zivilisation). Die Demonstranten, deren Zahl ein AFP-Fotograf auf rund 10.000 schätzte, formten auf dem Heldenplatz ein riesiges Herz mit dem Wort "Civil" in der Mitte.
Existenz der Central European University in Gefahr
Der Protest richtete sich auch gegen ein am Montag beschlossenes Gesetz, das den Fortbestand der angesehenen, US-geführten Central European University (CEU) in Budapest bedroht. Dagegen waren bereits am Sonntag zehntausende Menschen auf die Straße gegangen.
Universitäten mit Hauptsitz außerhalb der EU können den neuen Vorgaben zufolge nicht mehr ohne weiteres Abschlüsse in Ungarn verleihen. Zudem müssen ausländische Universitäten künftig neben einem Standort in Budapest auch einen Campus in ihrem Heimatland haben. Die 1991 von dem aus Ungarn stammenden US-Milliardär George Soros gegründete CEU ist in den USA registriert, unterhält dort aber keine Lehranstalt. Kritiker werten das Gesetz daher als direkten Versuch der ungarischen Regierung, die Universität des Orban-Kritikers Soros aus dem Land zu vertreiben.
Ungarn unter Beobachtung der EU-Kommission
Am Mittwoch hatte die EU-Kommission über das umstrittene Hochschulgesetz und das Vorgehen gegen Nichtregierungsorganisationen in Ungarn beraten. Sie entschied, bis zum Monatsende über die Einleitung möglicher Vertragsverletzungsverfahren zu entscheiden. Nach Angaben von Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans waren auch "Bedenken" gegen Ungarns Asylgesetzgebung und Vorwürfe der Diskriminierung von schwangeren Frauen im Beruf und der Roma-Minderheit Thema.
ww/qu (afp/dpa)