Ist Trump gut für Taiwan?
28. März 2018Für Taiwan ist Amerikas Außenpolitik unter Präsident Donald Trump ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bringt sie viele Unwägbarkeiten, andererseits verspricht sie Unterstützung gegen chinesische Ansprüche mit einer Deutlichkeit, die Taiwan lange vermisst hat.
Zu den Unwägbarkeiten zählen die Wirtschaft und das Nordkorea-Problem. Unter einem Handelskrieg würde Taiwans Exportwirtschaft leiden. So erhält es aktuell keine Ausnahme von Amerikas Strafzöllen auf Stahl und Alumium. Auch an einer militärischen Eskalation des Nordkorea-Konfliktes, die Trumps künftiger Nationaler Sicherheitsberater John Bolton als Möglichkeit in den Raum stellt, hätte Taiwan kein Interesse. Zu viele Fragezeichen begleiten einen solchen Konflikt, der immer auch die Volksrepublik betrifft.
Der härtere Kurs der Trump-Administration gegen China kann Taiwan aber auch Vorteile bringen. Bolton etwa hatte immer wieder mehr militärische Kontakte mit Taiwan und weniger Rücksicht auf Chinas Reaktionen gefordert. Auch Trumps designierter neuer Außenminister Mike Pompeo hatte sich als Kongressabgeordneter wiederholt für Taiwan stark gemacht. Das Außenministerium in Taipeh nannte ihn in einer Reaktion auf seine Ernennung einen "ausgesprochenen Freund".
Taiwans Präsidentin lobt neues US-Gesetz
Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen kann die Unterstützung aus Washington gebrauchen, auch wenn sie ideologisch eigentlich Welten von Trump trennen. Taiwan steht politisch, wirtschaftlich und militärisch unter Druck, da sich Tsai weigert, Taiwan als Teil Chinas zu bezeichnen.
Wie wichtig die neuen Töne aus Washington sind, machte Tsai auf einer Veranstaltung der Amerikanischen Handelskammer vergangene Woche deutlich. Sie bedankte sich bei Trumps Regierung und dem US-Kongress insbesondere für die Verabschiedung des "Taiwan Travel Act". Das Gesetz, von Republikanern wie Demokraten einstimmig verabschiedet, fordert mehr direkte Kontakte zwischen hochrangigen Politikern und Beamten beider Seiten. Im Vorfeld hatte Chinas Botschafter in Washington vergeblich versucht, die Abgeordneten von ihrer Zustimmung abzubringen. Auch Trumps erste Genehmigung von Waffenlieferungen an Taiwan vor einem Jahr belege, so Tsai "Amerikas unerschütterliches Engagement für Taiwans Sicherheit."
Wichtiger Besuch aus Washington
Die Tinte des "Taiwan Travel Act" war kaum getrocknet, als Alex Wong, der Vizechef der Ostasien-Abteilung, in der Hierarchie drei Ebenen unter dem Außenminister, seine lang geplante Reise nach Taiwan antrat. Tsai begrüßte ihn persönlich.
"Die USA waren und sind Taiwans engster Verbündeter, und werden es auch in Zukunft bleiben", sagte Wong. Taiwans Demokratie sei ein Vorbild für die gesamte indopazifische Region. Es bleibe Ziel amerikanischer Politik, sicherzustellen, dass Taiwans Bevölkerung ihren selbst gewählten Weg frei von Zwang weiter beschreiten könne. "Wir wollen Taiwans Fähigkeit stärken, seine Demokratie zu verteidigen. Unser Bekenntnis zu diesen Zielen war nie stärker."
Das seien "ungewöhnlich klare Worte" für einen amerikanischen Diplomaten gewesen, sagte Taiwanexperte Kharis Templeman von der Stanford-Universität auf DW-Anfrage. Ein Ziel der Reise sei offenbar gewesen, Peking zu signalisieren: Amerikas Taiwanpolitik funktioniert unabhängig von anderen Aspekten der US-chinesischen Beziehungen.
Taiwans Bedeutung für die USA
Aus mehreren Gründen hätten die USA großes Interesse daran, dass Taiwan nicht von China dominiert wird. Gemeinsame Werte nannte Wong: "Demokratie, Freiheit und freie Märkte."
Aber sicher spielt auch Taiwans zentrale Stellung in der globalen Technologie-Industrie eine Rolle. Und schließlich hat die Insel durch ihre Lage eine überragende geostrategische Bedeutung. Sie bildet mit Japan im Norden und den Philippinen im Süden eine Inselkette vor der Küste der Volksrepublik, deren Marine deswegen keinen ungehinderten Zugang zum Pazifik hat. Sollte Taiwan unter die Kontrolle Pekings gelangen, würde das den Zugang zum Pazifik frei machen. Das würde Chinas geostrategische Position in Asien stärken, die der USA schwächen.
Taiwan, das "unbequeme Problem"
Unter Präsident Barack Obama spielte Taiwan zumindest in offiziellen Verlautbarungen keine Rolle. Doch bereits vor Amtsantritt von Trump zeichnete sich ein neuer Ton in den US-amerikanisch-taiwanesischen Beziehungen ab. 2016, Trump war gewählt, aber noch nicht vereidigt, nahm der künftige US-Präsident ein Glückwunsch-Anruf von Tsai entgegen. Die empörte Antwort aus Peking folgte auf dem Fuße. Die Aufregung wiederum rief John Bolton auf den Plan, der demnächst als neuer Nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus sitzen wird: "Taiwan galt in unserem Außenministerium, an Universitäten und in der Wirtschaft zu lange als unbequemes Problem. Es wird aber nicht einfach verschwinden, und es wird sich auch nicht so bald dem Festland unterordnen."
Wie lange die neue Sympathie für Taiwan vorhält, wird sich zeigen, wenn das Weiße Haus demnächst wieder über Waffenlieferungen zu entscheiden hat. In der Vergangenheit waren die USA meist nicht allen Wünschen nachgekommen, und da der Prozess nicht formalisiert ist, wurde die Entscheidung oft zur Hängepartie.
Spannend wird es auch, wenn Washingtons Quasi-Botschaft, das "American Institute in Taiwan", diesen Sommer einen neuen Komplex in Taipeh bezieht. Spekuliert wird darüber, ob das Gelände - so wie amerikanische Vertretungen anderswo auf der Welt - von US-Marines bewacht werden wird. Das wären dann die ersten amerikanischen Soldaten seit 1979, die auf Taiwan stationiert sind. 1979 waren die letzten Soldaten abgezogen, nachdem US-Präsident Jimmy Carter über Nacht die Beziehungen mit Taipeh abgebrochen und mit Peking aufgenommen hatte. Präsidentin Tsai hat bereits angekündigt, dass sie bei der Eröffnung dabei sein wird.